Maria Loley engagierte sich Zeit ihres Lebens für benachteiligte Menschen.
Maria Loley engagierte sich Zeit ihres Lebens für benachteiligte Menschen.
Die in der Flüchtlingshilfe engagierte niederösterreichische Katholikin starb im 92. Lebensjahr.
Die Gründerin der „Bewegung Mitmensch – Hilfe für notleidende Menschen im Weinviertel“, Maria Loley, ist tot. Die 1924 in Poysdorf geborene Flüchtlingshelferin ist am Donnerstag, 4. Februar 2016 im St. Vitusheim im niederösterreichischen Laa an der Thaya im 92. Lebensjahr friedlich eingeschlafen, bestätigte die Heimverwaltung.
Die Totenandacht für Maria Loley findet am Donnerstag, den 11. Februar 2016, um 18 Uhr in der Stadtpfarrkirche Poysdorf statt. Die Aufbahrung erfolgt am Freitag, dem 12. Februar 2016 ab 11Uhr in der Stadtpfarrkirche Poysdorf. Um 14 Uhr findet das Requiem in der Stadtpfarrkirche von Poysdorf statt, das Kardinal Christoph Schönborn halten wird. Im Anschluss an die Begräbnismesse leitet Weihbischof und Bischofsvikar Stephan Turnovszky die Beisetzung auf dem Stadtfriedhof Poysdorf.
Kardinal Christoph Schönborn würdigte Loley in einer Stellungnahme als einen "Menschen, der für mich das Evangelium inkarniert hat - auch in seinem unerbittlichen Anspruch an die Menschlichkeit, mit dem sie ja bei manchen angeeckt ist, bis hin zum Briefbombenattentat durch Franz Fuchs". Loley engagierte sich seit 1945 in der Flüchtlingshilfe und votierte bis zuletzt dafür, Menschen auf der Flucht eine besondere Zuwendung zukommen zu lassen.
"Christus war die Mitte ihres Lebens. Ihm ist sie äußerst konsequent nachgefolgt", so der Wiener Erzbischof. Für ihn und viele andere Menschen - besonders auch solche, die der Kirche wenig verbunden waren - sei Maria Loley "ein starker Bezugspunkt" gewesen.
Kennengelernt habe er Maria Loley Anfang der 1990er-Jahre, als ihre Flüchtlingsarbeit schon weithin bekannt war, sagte der Kardinal: "Ich durfte ihr einen diözesanen Orden verleihen und wusste noch nicht viel von ihr, außer dass sie in Poysdorf unter ziemlichem Widerstand ihr Flüchtlingswerk aufgebaut hatte. Ihre Dankesworte bei der Ordensverleihung haben mich aber tief berührt, so dass ich damals spontan sagte: Diese Frau trägt das Evangelium in sich."
Kardinal Schönborn erinnert sich auch dankbar "an die für uns so segensreichen Jahre, als Maria Loley nach ihrer ,Flucht' aus Poysdorf im Priesterseminar der Erzdiözese Schutz gesucht und gefunden hatte - sie ist dort vielen Seminaristen wie eine Mutter geworden". In diesen Jahren gelang auch die große Entfaltung ihrer "Bewegung Mitmensch".
Wörtlich sagte der Wiener Erzbischof: "Ich konnte so ganz intensiv ihre Flüchtlingsarbeit miterleben. Einer der Höhepunkte war für mich, als mehrere hundert Christen aus dem Iran in Wien strandeten und wir mit dem damaligen Innenminister einen Aufenthaltstitel für die ganze Gruppe verhandeln konnten. Ich erinnere mich mit Bewunderung, mit wie viel Kraft, Kompetenz und Inbrunst sie für Menschen in Not eingetreten ist, an ihre schier unerschöpflichen Kräfte, wenn es galt, für andere, nicht nur Flüchtlinge, da zu sein."
Beeindruckt war Kardinal Schönborn auch davon, "wie Maria trotz des Alters und der Krankheit bis zum Schluss unermüdlich in ihrem Einsatz für die Menschen war". Ununterbrochen habe bei ihr das Telefon geläutet, ständig sei sie im Austausch mit ihren Schützlingen, aber auch den vielen Helferinnen und Helfern gewesen, die sich ihr angeschlossen und "ihr Werk weitergeführt haben und weiterführen werden". Dieses Hilfswerk sei in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise "voll gefordert und hochaktiv". So sei Maria Loley "durch ihre Menschlichkeit und die vielen guten Früchte ihres großen Engagements zum Segen für unzählige Menschen und zur mitreißenden Zeugin der frohen Botschaft geworden".
Die gebürtige Poysdorferin Maria Loley war ausgebildete Fürsorgerin und bis 1975 in St. Johann im Pongau und Mistelbach tätig. Schon damals engagierte sie sich in der Flüchtlingshilfe. 1994 erhielt Loley den erstmals vergebenen Preis des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR). Ein Jahr später wurde sie mit dem Bruno-Kreisky-Anerkennungspreis für Menschenrechte ausgezeichnet und vom ORF-Landesstudio Niederösterreich zur "Frau des Jahres 1994" gewählt.
Die Frau, die in einzigartiger Weise auf ihren Nächsten eingegangen ist, wurde am 16. Oktober 1995 Opfer einer Briefbombe des Extremisten Franz Fuchs. Der Zeigefinger, den sie damals verloren hatte, gehe ihr manchmal ab, dem Attentäter habe sie aber verziehen, sagte sie: "Jesus sagt sinngemäß, dass keiner sein Jünger sein kann, der nicht von Herzen seinem Bruder verzeiht." Anlässlich von Loleys 80. Geburtstags überreichte ihr Kardinal Christoph Schönborn im Jahr 2004 den "Stephanusorden in Gold".
Als "Pionierin der Nächstenliebe" hat Caritas-Präsident Michael Landau Maria Loley gewürdigt. Sie sei "ihren Weg in Treue und aus dem Glauben heraus gegangen, auch wenn es gesellschaftlichen Gegenwind gab, wie etwa bei der Hilfe für Menschen auf der Flucht", betonte Landau in einer Stellungnahme gegenüber "Kathpress". Er habe die Niederösterreicherin in all ihrer Zerbrechlichkeit "als eine starke, mutige und engagierte Frau kennengelernt".
Loley habe "das Evangelium verkündigt ohne viele Worte zu machen" und dabei ihr Leben "in den Dienst an den Armen im umfassenden Sinn" gestellt. Landau: "Ich bin froh, dass ihre Arbeit von ihren Nachfolgern so gut und in ihrem Sinn weitergeführt wird. Wir werden sie nicht vergessen.
Franz Schneider, Obmann von „Bewegung Mitmensch – Hilfe für notleidende Menschen im Weinviertel“: „Der Tod von Maria Loley ist ein schwerer Verlust für alle, die sie gekannt haben. Wir sind sehr betroffen. Sie war ein großartiger Mensch, der sich bis zur letzten Minute aufgeopfert hat für andere. Selbst als sie schon im Altersheim war, hat sie noch ihre wenigen Kräfte dafür eingesetzt, anderen zu helfen. Im Stillen, keiner wusste davon, hat sie sich persönlich um Mitmenschen in Not gekümmert, alleinerziehenden Frauen, Familien, Einheimischen wie Zugewanderten, mit allem, was sie hatte, selbst mit ihren Ersparnissen. Bei Dingen, die sie selbst nicht mehr konnte, etwa beim Verfassen von Schriftstücken oder Behördenwegen, hat sie uns gebeten, ihr zu helfen. Aber Hilfe organisiert und Kontakte gepflegt hat sie stets selbst.“
Auch bei der jetzigen Flüchtlingswelle habe Maria Loley immer wissen wollen, „was für die Menschen in Not getan wird, wie es mit Quartieren aussieht, und sich über unseren Mistelbacher Integrationsmarkt MIM gefreut“, so Schneider. „Sie hat uns immer ermutigt und uns ihre ganze Wertschätzung entgegengebracht. Dabei hat sie selbst damals bei der Bosnienkrise weit Größeres geleistet, trotz Anfeindungen. Sie musste bei Null anfangen, Strukturen aufbauen, die wir jetzt nützen können, hat Bewusstsein und Verständnis in der Bevölkerung geschaffen, was uns jetzt enorm hilft, die momentane Situation zu meistern. Trotzdem schätzt sie die jetzige Situation weit schwieriger ein als die damalige.“
Obmann Franz Schneider: „Noch im November, an ihrem 91. Geburtstag, als wir das 20. Jubiläum von Bewegung Mitmensch mit einem ,Abend der Kulturen‘ gefeiert haben, hat sie uns ihren Segen durchs Telefon geschickt und uns Mut gemacht. Sie hinterlässt eine große Lücke in unseren Reihen, aber wir werden ihr Werk in ihrem Sinne mit aller Kraft weiterführen.“
"Bewegung Mitmensch - Flüchtlingshilfe Poysdorf":
Interview des SONNTAGs mit Maria Loley zu ihrem 90. Geburtstag 2014:
Maria Loley: "Nächstenliebe als Gottesdienst"
Lebenslauf von Maria Loley:
Am 22. November 1924 wird Maria Loley als ältestes von fünf Kindern in Poysdorf im Weinviertel geboren. Maria beteiligt sich 1945 in ihrer Heimatstadt an der Betreuung der Flüchtlinge und Überlebenden des "Brünner Todesmarsches" und infiziert sich selbst mit Ruhr, Typhus und Tuberkulose. 1949: Abschluss der Ausbildung zur Fürsorgerin in Wien mit dem Staatsexamen, Arbeit in einem Flüchtlingslager in der Steiermark. 1956 bis 1959: Fürsorgerin in St. Johann im Pongau. 1959 bis 1975: Fürsorgerin im Jugendamt von Mistelbach.
1976 bis 1979: Aufbau des Psychosozialen Dienstes im Weinviertel, Gründung der Familienberatung und der Sozialstation Poysdorf. 1981 bis 1989: Ehrenamtliches Engagement in der Polenhilfe; z. B. Hilfstransporte nach Polen. Adoption des 18-jährigen Thaddäus. 1992: Beginn des Engagements für Flüchtlinge aus den Jugoslawienkriegen. 1994: Im September erhält Loley den erstmals ausgeschriebenen und mit 100.000 Schilling dotierten Preis des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlingshilfe UNHCR. Am 16. Oktober 1995: Briefbombenattentat wegen ihres Engagements für Flüchtlinge. Gründung der "Bewegung Mitmensch – Flüchtlingshilfe Poysdorf".
Viele Auszeichnungen und Ehrungen verdeutlichen Loleys Engagement, u. a. : Ehrenring der Stadtgemeinde Poysdorf, Anerkennungspreis der Bruno-Kreisky-Stiftung für Verdienste um die Menschenrechte, "Frau des Jahres" des Fernsehsenders ARD, Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich, "Stephanusorden in Gold", Liese-Prokop-Frauenpreis, Auszeichnung der Islamischen Föderation, Wien, "Gustl 58 - Initiative für Herzensbildung"...