Hospiz- und Palliativversorgung müsse in Österreich künftig so selbstverständlich werden wie die reguläre medizinische und pflegerische Betreuung, sagteCaritaspräsident Landau.
Hospiz- und Palliativversorgung müsse in Österreich künftig so selbstverständlich werden wie die reguläre medizinische und pflegerische Betreuung, sagteCaritaspräsident Landau.
Präsident Landau bei Pressetermin mit neuen staatlichen Koordinatorinnen für den Hospiz- und Palliativausbau, Klasnic und Pittermann: "Menschen am Ende ihres Lebens haben keine Zeit mehr zu verlieren".
51 Empfehlungen für den Hospiz- und Palliativbereich hat die parlamentarische Enquete-Kommission "Würde am Ende des Lebens" vor einem Jahr beschlossen. Nun mahnen Caritas-Präsident Michael Landau und die Hospiz-Expertinnen Waltraud Klasnic und Elisabeth Pittermann-Höcker die rasche Umsetzung der ausstehenden Reformschritte ein.
Hospiz- und Palliativversorgung müsse in Österreich künftig so selbstverständlich werden wie die reguläre medizinische und pflegerische Betreuung, sagte Landau am Karfreitag, 25. März 2016 bei einem Pressetermin in Wien. "Dachverband Hospiz"-Chefin Klasnic und die Medizinerin Pittermann-Höcker absolvierten dabei ihren ersten öffentlichen Auftritt als designierte Präsidentinnen des neuen Hospiz- und Palliativ-Koordinierungsforums. Ihr gemeinsames Ziel: Die Umsetzung des staatlichen Plans zur Schaffung einer flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung bis 2020.
Die Gründung des Forums ist Teil der Enquete-Empfehlungen und auch im Regierungsprogramm der SPÖ-ÖVP-Koalition enthalten. Erst am Donnerstag hatte die Regierung die Ernennung von Klasnic und Pittermann als Forumspräsidentinnen bekannt gegeben. Als Palliativkoordinatorinnen sollen sie die Umsetzungen der Enquete-Beschlüsse vorantreiben. Klasnic gab am Freitag dazu bekannt, dass dem Forum Vertreter von Ministerien, Bundesländern, dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger sowie der Palliativgesellschaft, des Seniorenrats und des "Dachverband Hospiz" angehören werden.
"Hospiz- und Palliativversorgung muss leistbar, erreichbar und flächendeckend angeboten werden", sagte Klasnic. Wesentliche Punkte auf diesem Weg seien u.a. die Sicherstellung der Rahmenbedingungen für die Ausbildung von ehrenamtlichen wie hauptamtlichen Mitarbeitern im Palliativwesen wie überhaupt die Finanzierung des gesamten Hospizausbaus. Im Endausbau 2020 seien dafür jährlich 72 Millionen Euro mehr - und damit rund doppelt so viel wie bisher - notwendig. Die Klärung der Finanzierung sei der "größten Brocken", den das Palliativforum vor sich habe, sagte Pittermann. Man wolle aber die verschiedenen Player zusammenbringen, um einen gemeinsamen Finanzierungstopf zu schaffen. Die Palliativbetreuung dürfe Betroffenen nicht mehr als ein Spitalstag kosten, so Pittermann.
"Noch immer erhalten viele Betroffene am Ende ihres Lebens nicht jene Behandlung, die sie dringend benötigen würden", betonte Caritas-Präsident Landau. Der Bedarf an Hospiz- und Palliativversorgung sei derzeit nur etwa zur Hälfte gedeckt und hänge maßgeblich von Spenden ab. Es gebe zu wenig Palliativbetten, und auch die Zahl an stationären Hospizbetten und den Angeboten in der mobilen Versorgung reiche nicht aus.
Zum Vergleich zog Landau die Situation in Deutschland heran. Im Nachbarland gebe es knapp 200 stationäre Hospize, hierzulande nur zwei stationäre Hospize und sieben Hospizstationen in Pflegewohnheimen. Während allein Berlin über 13 stationäre Hospize für Erwachsene und zwei für Kinder und Jugendliche verfüge, gebe es in Wien kein einziges. In ganz Österreich gibt es zudem kein stationäres Kinderhospiz, obwohl Experten mindestens zwei bis drei solcher Einrichtungen für nötig erachten.
Landaus Schlussfolgerung: Den Enquete-Empfehlungen und politischen Absichtserklärungen müssten "endlich Taten folgen". "Menschen am Ende ihres Lebens haben keine Zeit mehr zu verlieren", erinnerte der Caritas-Präsident. Das "Ping-Pong" zwischen den Verantwortungsträgern müsse ein Ende haben. Landau begrüßte bei dem gemeinsamen Pressegespräch die Bestellung der beiden Palliativkoordinatorinnen und legte einen Plan mit jenen drei Punkten vor, die aus Sicht der Caritas am dringlichsten umgesetzt werden müssen.
Neben der Schließung der Lücken in der flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung zählt für die Caritas dazu die Schaffung einer österreichweiten Regelfinanzierung für alle Hospiz- und Palliativangebote bis zum Jahr 2020. "Die Begleitung Sterbender darf in Zukunft nicht mehr von Spenden abhängen", machte Landau klar. "Niemand würde auf die Idee kommen, um Spenden zu bitten, damit jemand mit einer gebrochenen Hand im Spital behandelt werden kann. Umso unverständlicher ist es, dass dies bei schwer kranken Menschen am Ende ihres Lebens nach wie vor der Fall ist", sagte der Caritas-Präsident und appellierte an Finanzminister Hans Jörg Schelling, sich den Hospizbereich auf seiner Liste für die aktuellen Verhandlungen um den Finanzausgleich mit den Ländern "mit Leuchtfarben" zu markieren. Neben dem Ausbau müsse die Politik auch für eine ausreichende Finanzierung bereits bestehender Angebote sorgen.
Zentral ist für die Caritas außerdem die Verankerung eines Rechtsanspruchs auf Hospiz- und Palliativversorgung im mobilen Bereich bzw. außerhalb des Krankenhauses im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG). Nur so könne sichergestellt werden, dass jeder Mensch am Ende seines Lebens die notwendige Begleitung und Versorgung erhält, ist Landau überzeugt: "Wenn wir das nicht im ASVG verankern, dann wird es vielfach nicht geschehen."
Der Caritas-Präsident verwies auf die Pionierarbeit, die auch die Caritas im Hospizbereich seit einem Vierteljahrhundert leistet. Allein das Mobile Hospiz der Wiener Caritas habe mittlerweile rund 25.000 Menschen auf dem letzten Lebensweg begleitet. Im Vorjahr hätten freiwillige und hauptamtliche Caritas-Mitarbeiter insgesamt 2.343 Menschen in Wien und Niederösterreich betreut. Diese Arbeit sei nur möglich, weil sie auch von vielen Freiwilligen und Spender getragen werde, machte Landau klar.