Tagungsort war die Orthodoxe Akademie auf Kreta.
Tagungsort war die Orthodoxe Akademie auf Kreta.
Kontroverse Diskussion über Beziehungen der orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt.
Das orthodoxe Konzil auf der griechischen Insel Kreta hat seine Arbeit beendet. Seit Montag hatten 166 Delegierte aus zehn eigenständigen orthodoxen Kirchen in der Orthodoxen Akademie von Kolymvari sechs Dokumente beraten und im Konsens verabschiedet. Besonders kontrovers und langwierig war die Diskussion über das zuletzt behandelte Papier zu den Beziehungen der orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt. Dabei ging es vor allem darum, ob die nichtorthodoxen Kirchen auch als "Kirche" bezeichnet werden sollten.
An der Schlussversammlung am Samstagabend, 25. Juni 2016 durften auch die 15 eingeladenen "Beobachter" aus anderen Kirchen wieder teilnehmen. Unter ihnen waren der vatikanische "Ökumeneminister", Kardinal Kurt Koch, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel bezeichnete in der Abschlusssitzung das Konzil als "großes Ereignis im Leben der orthodoxen Kirche". An die ökumenischen Gäste gewandt, betonte der Patriarch auf Englisch seine Dankbarkeit über ihre Anwesenheit und dafür, dass sie und ihre Kirchen für den Erfolg des Konzils gebetet hätte. "Wir alle bestätigen den Wert des Dialogs mit allen christlichen Kirchen". Außerdem hob Bartholomaios I. hervor, das Patriarchat von Konstantinopel sei schon seit 100 Jahren ein "Vorreiter der ökumenischen Bewegung" gewesen und habe zu den Gründungsmitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen und der Konferenz Europäischer Kirchen gehört.
Weder die Texte der sechs Beschlüsse noch die abschließende "Enzyklika" und die kürzere "Botschaft" des Konzils sind bisher in der Endfassung veröffentlicht. Das liegt nach Angaben des Konzilssekretariats vor allem an der Schwierigkeit, die jeweiligen Texte in den vier offiziellen Konzilssprachen Griechisch, Russisch, Englisch und Französisch vorzulegen. Die Dokumente müssten zudem von allen offiziellen Delegierten in allen vier Sprachen unterzeichnet werden. Die "Botschaft" soll am Sonntag im Abschlussgottesdienst des Konzils in der Sankt-Peter-und-Paul-Kirche in Chania verlesen werden.
Bei den beschlossenen Dokumenten geht es zum einen um innerorthodoxe Fragen wie die Ordnung der weltweiten orthodoxen Diaspora und die Regelung der Erklärung des Autonomiestatus einer Landeskirche; festgeschrieben werden auch die Fastenregeln und Bestimmungen zum Sakrament der Ehe und seiner Hindernisse. Zum anderen geht es um die Weltverantwortung der orthodoxen Kirche in der Gegenwart und um das "Ökumenismus"-Papier.
Überschattet wurde das seit mehr als fünf Jahrzehnten vorbereitete Konzil durch die kurzfristige Absage von vier Kirchen, darunter die russisch-orthodoxe Kirche, der mehr als die Hälfte aller orthodoxen Gläubigen weltweit angehören. Die Teilnehmer in Kolymvari hoben hervor, dass dies nach ihrem Verständnis den Charakter eines "allorthodoxen" Konzils nicht beeinträchtige. Auch die fehlenden Kirchen hätten an allen Texten in der kompletten Vorbereitungsphase mitgearbeitet und die vorliegenden Entwürfe mitgetragen.
Am Ende seiner einwöchigen Tagung auf Kreta hat das orthodoxe Konzil eine "Botschaft" an die orthodoxe Christenheit und "alle Menschen guten Willens" verkündet. In dem während des Abschluss-Gottesdienstes am Sonntag in der Sankt-Peter-und-Paul-Kathedrale in Chania verlesenen Text drückt das Konzil seine Sorge über die Lage der Christen und aller verfolgten Minderheiten im Nahen Osten aus. Im Blick auf die Flüchtlingskrise appellieren die orthodoxen Kirchenführer an die Länder, in denen Flüchtlinge Schutz suchten, "bis zur Grenze oder sogar über die Grenze ihrer Möglichkeiten hinaus" Hilfe zu leisten. Weiter hebt die zwölf Punkte umfassende Erklärung das "fundamentale Menschenrecht auf den Schutz der Religionsfreiheit" hervor.
Die von den Vorstehern der am Konzil teilnehmenden Kirchen und allen weiteren Delegationsmitgliedern unterzeichnete "Botschaft" fasst die zentralen Themen und Beschlüsse des "Heiligen und Großen Konzils" zusammen. Dessen oberstes Ziel sei es gewesen, die Einheit der Orthodoxen Kirche zu proklamieren. Diese sei "keine Föderation von Kirchen", sondern die "Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche" des Glaubensbekenntnisses. Zugleich wird die "große Wichtigkeit" des Dialogs vor allem mit nicht-orthodoxen Christen unterstrichen. Dabei dürfe es aber niemals "Kompromisse in Glaubensangelegenheiten" geben. Angesichts der "Explosionen des Fundamentalismus" in unterschiedlichen Religionen setzt sich das Konzil ferner für einen "nüchternen interreligiösen Dialog" ein.
Ohne Homosexualität ausdrücklich zu verurteilen, wird die Ehe als die "unauflösliche liebende Verbindung von Mann und Frau" bekräftigt. Im Blick auf das Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft würdigt das Konzil zunächst deren Leistungen und erklärt, in diesen Fragen keine "Vormundschaft" anzustreben. Die Kirche wolle auch nicht zu allen wissenschaftlichen Fragen Position beziehen. Zugleich wird an die "negativen Konsequenzen" mancher Errungenschaften wie die Manipulation der Freiheit, den Verlust kostbarer Traditionen und die Zerstörung der natürlichen Umwelt erinnert. Dies seien "Fragen der moralischen Werte". Die ökologische Krise, heißt es weiter, habe "geistliche und moralische Ursachen". Die christliche Antwort darauf sei die Forderung nach "Buße" und einer asketischen Grundhaltung.
Das wichtigste Ergebnis des orthodoxen Konzils von Kreta ist nach Einschätzung des Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, "dass das Heilige und Große Konzil zu einer ständigen Einrichtung unserer Kirche erklärt wurde". Auch wenn der Sieben-Jahres-Rhythmus, der auf dem Konzil anvisiert wurde, im abschließenden Hirtenbrief nicht ausdrücklich erwähnt werde, sei entscheidend, dass die Orthodoxen "nicht wieder Jahrzehnte oder Jahrhunderte warten müssen", sagte Augoustinos am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Kolymvari. Der 78-Jährige war Mitglied der Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel.
Als positiv wertete der Metropolit die kontroverse Debatte zum Thema Ökumene. Die Diskussion hänge nicht zuletzt damit zusammen, "dass auch die Orthodoxe Kirche eine Weltkirche ist, die in ganz unterschiedlichen Kontexten lebt". Bischöfe aus allen fünf Kontinenten hätten von ihren unterschiedlichen Erfahrungen mit der Ökumene berichtet; diese Berichte seien in das Ökumenepapier eingeflossen, "das den Dialog und Suche nach der verlorenen Einheit als bleibende Aufgabe unserer Kirche festschreibt".
Im Blick auf die nicht nach Kreta gekommenen vier Kirchen meinte Augoustinos, die Geschäftsordnung des Konzils ermögliche auch eine nachträgliche Unterzeichnung der Beschlüsse von Kreta. Bei den verabschiedeten Dokumenten seien auch die Korrekturvorschläge einiger dieser Patriarchate berücksichtigt worden. Deshalb sei "die Tür gar nicht zugeschlagen".