Pater Karl Wallner OCist möchte als Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke das Bewusstsein für die Anliegen der Weltkirche stärken und zeigen, dass sie keine Einbahnstraße ist.
Pater Karl Wallner OCist möchte als Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke das Bewusstsein für die Anliegen der Weltkirche stärken und zeigen, dass sie keine Einbahnstraße ist.
Der neue Missio-Nationaldirektor im SONNTAG-Sommergespräch: eine Ohrfeige als Ministrant, dennoch frühe Berufung zum Priester und Mönch und Motivation durch Arnold Schwarzenegger. Das alles prägt den Zisterzienserpater Karl Wallner.
DER SONNTAG: Pater Karl Wallner, man kann Sie als Tausendsassa im christlichen Einsatz bezeichnen. Wie gehen sich Ihre Aufgaben aus?
P. KARL WALLNER: Viele Tätigkeiten kommen aus einem einzigen Anliegen, das ich habe: die Verkündigung des Glaubens im 21. Jahrhundert.
Ich habe festgestellt, dass mir der liebe Gott ein gewisses Talent gegeben hat. Ich habe in Wien „sub auspiciis“ promoviert, dann die Professur in Heiligenkreuz für Dogmatik und Sakramententheologie übernommen.
Ich habe bald gesehen, dass heute das Problem nicht in der Intellektualität der Weitergabe des Glaubens besteht, sondern überhaupt in der Frage: Wie kommen wir bei den Menschen an?
Wie finden wir eine Sprache für die jungen Leute, für die Suchenden? Damit der Glaube wieder attraktiv wird, wie die Jugendlichen sagen würden: cool.
Ich glaube, alle meine Tätigkeiten haben die Grundlinie des Apostolates, des missionarischen „Hinaus!“.
Ich habe sehr viele Vorträge gehalten über das „Ite, missa est“ am Ende der Messe, das bei uns im Deutschen katastrophal übersetzt wird. Es heißt nicht „Gehet hin in Frieden“ mit der Konnotation „Gehet hin, jetzt habt’s endlich einen Frieden vom Gottesdienst und der Kirche“, sondern „Raus mit euch, ihr habt eine Sendung“.
Alles, was die Kirche tut, hat keinen anderen Sinn und Zweck, als das Evangelium zu allen Menschen zu bringen.
Wir sind nicht von Christus gegründet als ein selbstgenügsamer Verein einer religiösen Elite.
Der Tag in Heiligenkreuz beginnt früh, damit Sie Ihre Tätigkeiten bewältigen?
P. KARL WALLNER: Ich muss ja fast alles abgeben. Ich kann nicht auf zehn Kirtagen tanzen. Der Hauptbereich ist natürlich das Mönchsein. Wenn man um 5 Uhr 15 beim Chor ist und dann über den Tag verteilt dreieinhalb Stunden gemeinsames Gebet hat, für die Öffentlichkeitsarbeit eines boomenden Klosters verantwortlich ist, das kostet Zeit. Da muss ich reduzieren.
Ab 1. September sind Sie Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke (Missio) in Österreich. Haben Sie sich schon eine Ausrichtung Ihrer Mission zurechtgelegt?
P. KARL WALLNER: Auf die neue Aufgabe habe ich mich intensiv vorbereitet. Ich bin in Österreich herumgefahren und habe mir angehört, was die Leute denken.
Viele kennen die Päpstlichen Missionswerke gar nicht. Ich war bei der Sitzung der Nationaldirektoren aller Länder der Welt in Rom.
Das war die sinnvollste Sitzungsperiode, die ich je in meinem Leben hatte. Dabei habe ich Weltkirche erlebt. Plötzlich redimensioniert sich das, was wir bei uns in Österreich an Problemen haben, auf Problemchen im Vergleich mit dem, was Weltkirche auszustehen hat. Wo es Armut, Krankheit, Leiden, Christenverfolgung gibt.
Da merkt man, wie gut es uns noch geht. Meine erste Aufgabe ist, „Missio“ noch bekannter zu machen, und ich hoffe, dass das auch gelingt.
Mission hat historisch betrachtet keinen guten Ruf...
P. KARL WALLNER: Katastrophal, was da im Laufe der Geschichte geschehen ist, wo Mission mit Kolonisation und mit einer Verbreitung von europäischen politischen Formen verbunden wurde.
Heute bringt das Christentum wirklich in alle Länder eine Kultur der Liebe und der Hingabe. Das ist ein Qualitätsplus im Christentum.
Wir sehen das gerade jetzt auch in der Konfrontation mit anderen Religionen, wie tolerant im Laufe der Geschichte das Christentum geworden ist und wie intolerant andere Religionen noch sind.
Deshalb müssen wir Christentum verbreiten, um Liebe und Toleranz zu verbreiten.
Sind wir in Europa nicht auch zum Missionsgebiet geworden?
P. KARL WALLNER: Das ist absolut richtig. Das ist auch ein großes Thema innerhalb der Päpstlichen Missionswerke. Es wird sich hier aber in der nächsten Zeit nichts bewegen, weil es auch um den ökonomischen Unterschied geht.
Die Päpstlichen Missionswerke sorgen für die über tausend armen Diözesen in der Welt, die von den Spenden des Weltmissionssonntags abhängen, die wir hier sammeln.
Von der Sache und der geistigen Einstellung sind wir in Europa Missionsgebiet geworden. Die Menschen im Süden haben den Glauben, wir haben das Geld. Deshalb muss man schauen, dass ein Austausch stattfindet.
Eines ist sicher: Großzügigkeit hat eine geistige Umwegrentabilität. Wenn du gibst, wird dir gegeben. Aber das darf man nicht als Strategie einsetzen. Wir müssen selbstlos sein gegenüber den bedürftigen Kirchen des Südens, damit uns geholfen wird in der Stärkung des Glaubens.
Sie sind mit sehr jungen Jahren ins Zisterzienserkloster Heiligenkreuz eingetreten. Was hat Sie bereits in jungen Jahren für den Dienst in der Kirche geprägt?
P. KARL WALLNER: Zunächst einmal meine Eltern, die in einer normalen Weise gläubig waren. Wo auch versucht wurde, liebevoll über die Kirche zu reden.
Ein Erlebnis hat mich sehr geprägt. Ich war Ministrant in Wampersdorf und sehr frech und habe vom Pfarrer in der Sakristei eine Ohrfeige eingefangen, obwohl der sonst die Liebenswürdigkeit in Person war.
Ich bin beleidigt nach Hause gelaufen. Das wäre heute ein Kirchenskandal. Zu Hause habe ich gesagt, ich gehe nie wieder in die Kirche.
Dann kamen meine Eltern und die Oma und haben gesagt: „Heast, du gehst nicht wegen dem Pfarrer in die Kirche.“
Das ist sakramententheologisch auch ganz richtig. Wir gehen wegen Jesus Christus in die Kirche.
Mit 16 habe ich Beten gelernt bei einer Jugendgruppe der Legion Mariens. Aber ich wollte immer heiraten. Das hat sich ganz geändert.
Ich sehe diese Kirche mit ihren vielen Fehlern und Schwächen als ein ganz großes Wunder Gottes, das er in die Zeit gesetzt hat, um seine Liebe durch schwache Instrumente und Werkzeuge – und das sind wir in der Kirche – zu den Menschen zu bringen.
Stift Heiligenkreuz boomt. Sie haben so viele Novizen wie kein anderer Orden im deutschsprachigen Raum. Andererseits gibt es gesellschaftliche Säkularisierung?
P. KARL WALLNER: Wir machen es so, wie es im Text des Konzils steht: neue Liturgie, aber in lateinischer Sprache. Nicht irgendwelche Experimente.
Dass wir jetzt das größte Kloster in Europa sind, ist ein Witz der Geschichte. Aber vielleicht aus dem Grund, weil hier ein heiliges Bemühen um Kontinuität da ist.
Wir gehen insgesamt sehr liebevoll miteinander um. Die jungen Leute, die zu uns kommen, spüren, dass eine große Harmonie da ist.
Neben der Frömmigkeit, der Spiritualität und Gemeinschaft gehört auch eine große Offenheit für Jugend und Gäste dazu. Bei unserer Jugendvigil kommen monatlich 300 Teilnehmer.
Die Stimmung stimmt dabei. Eine geordnete Offenheit, kein Anbiedern nach außen, das zieht die jungen Leute an.
Gibt es für Sie noch persönliche Ziele?
P. KARL WALLNER: Ich habe keine Zeit, über die Zukunft nachzudenken. Als ich 1999 die Hochschule übernommen habe, war das Ziel, sie so gut wie möglich weiter zu führen.
Dann haben sich Türen geöffnet und wir sind durchgegangen.
Irgendwelche Zukunftsvisionen für die Päpstlichen Missionswerke oder für mich selber zu haben – um Gottes Willen warum?
Da werde ich unglücklich. Ich gehe durch die Tür, die Gott öffnet.
Und ich trete auch an, so wie Arnold Schwarzenegger, ein nicht unerfolgreicher Österreicher, in seinen Motivationsregeln sagt: „Hab nie Angst zu scheitern!“
Ich sehe darin eine Herausforderung, die Gott mir stellt.
zur Person:
Pater Karl Wallner OCist wurde 1963 im niederösterreichischen Wampersdorf geboren und ist mit 19 Jahren ins Zisterzienserstift Heiligenkreuz eingetreten.
Der mit „sub auspiciis“ promovierte Dogmatikprofessor ist Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz.
P. Wallner zeichnet für die Öffentlichkeitsarbeit des Stiftes verantwortlich und ist Jugendseelsorger.
Im Frühjahr 2016 wurde er zum neuen Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke berufen, dieses Amt tritt er mit Anfang September an.
P. Karl Wallner im Sommergespräch mit Stefan Hauser. Montag, 29. August, 17.30 Uhr auf radio klassik Stephansdom.
Sommergespräche 2016
Dominikanerprovinzial Brogl: „Wir sind ein sehr individueller Haufen“
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Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien