Benedikt XVI. und Papst Franziskus zeigen immer wieder ihre gegenseitige Wertschätzung.
Benedikt XVI. und Papst Franziskus zeigen immer wieder ihre gegenseitige Wertschätzung.
"Papa emeritus" äußert sich in "Repubblica".
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. bezeichnet seinen freiwilligen Amtsverzicht im Jahr 2013 als eine "Pflicht". Es habe damals viele Verpflichtungen gegeben, die zu Ende zu bringen er sich nicht in der Lage gesehen habe, heißt es in einem Interview des emeritierten Papstes (2005-2013), das die italienische Tageszeitung "Repubblica" am Mittwoch, 24. August 2016 veröffentlichte und das laut der Zeitung zuvor autorisiert wurde.
Er habe sich nach den Erfahrungen seiner Mexiko- und Kuba-Reise im Frühjahr 2012 nicht in der Lage gefühlt, eine weitere so anstrengende Reise zu machen, doch dies wäre erforderlich gewesen. Denn eine persönliche Anwesenheit beim Weltjugendtag in Rio de Janeiro im Juli 2013 sei unumgänglich gewesen; eine bloße Video-Zuschaltung wäre keine Alternative gewesen.
"Ein Weltjugendtag ohne die physische Präsenz des Papstes ist undenkbar", so Benedikt XVI.: "Dies war ein weiterer Umstand, weshalb ich den Rücktritt als meine Pflicht gesehen habe."
Am 11. Februar 2013 hatte Benedikt XVI. vor den versammelten Kardinälen überraschend seinen Amtsverzicht angekündigt. Es war der erste freiwillige Rücktritt eines Papstes seit dem Mittelalter. Seither lebt der Emeritus zurückgezogen im früheren Kloster "Mater Ecclesiae" in den vatikanischen Gärten.
Interviews gibt Benedikt XVI. nur selten. Weltweit wird deshalb mit Spannung das neue Interviewbuch des deutschen Religionsjournalisten Peter Seewald mit dem emeritierten Papst erwartet, das im Herbst in mehreren Sprachen erscheint. Seewald und Kurienerzbischof Georg Gänswein präsentieren die deutsche Originalausgabe - sie erscheint unter dem Titel "Benedikt XVI. - Letzte Gespräche" im Verlag Droemer - am 12. September in München.
Wie das römische katholische Nachrichtenportal "www.aleteia.org" berichtete, geht es im Buch auch um die "Regensburger Rede", die der deutsche Papst vor zehn Jahren in seiner Heimat gehalten hatte. Der Vortrag an der Universität der Donaustadt hatte 2006 in der islamischen Welt einen Sturm der Entrüstung und Gewaltausbrüche ausgelöst.
Auf einer persönlichen Ebene äußert sich Benedikt den Angaben zufolge in dem Buch mit großer Wärme über seinen Nachfolger Franziskus, der - wie er zugibt -, einen volkstümlichen Touch habe, der eine Qualität sei, die ihm gefehlt habe. Beim Konklave 2013 habe er "einige Namen im Kopf" gehabt; definitiv nicht darunter gewesen sei aber jener von Jorge Bergoglio.
Zu den kontroversen Urteilen über Benedikts Pontifikat soll sich der "Emeritus" teils auch mit Selbstkritik äußern. Er habe einsehen müssen, dass die gewaltige Aufgabe, das Papsttum zu reformieren - und insbesondere den Vatikan -, seine Kräfte bei weitem überstieg.
"Papa-Emeritus" Benedikt hat im April seinen 89. Geburtstag und im Juni den 65. Jahrestag seiner Priesterweihe gefeiert. Zuletzt äußerte er sich bei der Feier ihm zu Ehren am 28. Juni in der vatikanischen Sala Clementina, in Gegenwart von Papst Franziskus, in einer frei gesprochenen Dankesrede.
Das "Repubblica"-Interview von Dienstag ist eine Vorabveröffentlichung aus einer italienischen Ratzinger-Biographie. Sie kommt am 30. August in die italienischen Buchhandlungen; das Seewald-Buch folgt dann am 9. September. Verfasser der Biografie ist der italienische Theologe Elio Guerriero.
Guerriero fragte den emeritierten Papst nach dem genauen Zeitpunkt, wann er sich entschieden habe, das Amt aufzugeben, schließlich habe er ja schon zu Beginn seiner Amtszeit sein Pallium in l'Aquila auf den Sarkophag von Papst Coelestin V. nieder gelegt, einem ebenfalls zurück getretenen Papst. Benedikt XVI. präzisierte mit der schon angesprochenen Reise. In den Tagen von Mexiko und Kuba "habe ich sehr stark die Grenzen meiner physischen Kraft erfahren". Darüber habe er mit seinem Arzt gesprochen und sei schließlich zur Überzeugung gekommen, dass er nicht mehr am Weltjugendtag in Rio teilnehmen werde können. "Von dort an musste ich in relativ kurzer Zeit über das Datum meines Rückzugs entscheiden."
Guerriero gegenüber sagte Benedikt XVI. auch, dass sein Gehorsam gegenüber seinem Nachfolger nie zur Diskussion gestanden sei. Für Franziskus empfinde er "ein Gefühl tiefer Gemeinschaft und Freundschaft". Seit dem Tag der Wahl von Franziskus verbinde beide eine "wunderbar väterlich-brüderliche" Beziehung.
Dass er sich nach seinem Rücktritt einem zurückgezogenen und dem Gebet verschriebenen Leben im früheren Kloster "Mater Ecclesiae" widmen wolle, sei ihm schnell klar gewesen, so Benedikt XVI. Er habe das Kloster öfter besucht. "Da öffnete sich mir fast natürlich die Gewissheit, dass dies der Ort sein würde, an den ich mich zurückziehen konnte, um auf meine Weise den Gebetsdienst, zu dem Papst Johannes Paul II. dieses Haus bestimmt hatte, fortzusetzen."