"Viele Muslime meinen, wir würden an drei Götter glauben", so Beck mit dem Hinweis, auch Flüchtlinge mit Interesse am Christentum seien eine Zielgruppe des Buches.
"Viele Muslime meinen, wir würden an drei Götter glauben", so Beck mit dem Hinweis, auch Flüchtlinge mit Interesse am Christentum seien eine Zielgruppe des Buches.
Wertschätzung und Entfaltung des Einzelnen ist wichtiges Wesensmerkmal des Christentums, sagt Matthias Beck anlässlich der Präsentation seines neuen Buches.
Eine Kürzest-Erklärung des Christentums umfasst nach der Ansicht des Theologen und Medizinethikers Matthias Beck "einen Satz über die Dreifaltigkeit sowie einen weiteren über die Bedeutung des Individuums und der Menschenwürde". Das geht aus dem Buch "Christ sein - was ist das? Glauben auf den Punkt gebracht" hervor, das am Donnerstag, 6. Oktober 2016, in Wien präsentiert wurde. Durch Globalisierung und Säkularisierung stelle sich Christen heute vermehrt die Aufgabe, in wenigen Sätzen ihren Glauben zu formulieren. Da es jedoch an Reflexion fehle, stünden hier viele "auf schwachen Füßen", mahnte der Moraltheologe und Mediziner.
"Viele Muslime meinen, wir würden an drei Götter glauben", so Beck mit dem Hinweis, auch Flüchtlinge mit Interesse am Christentum seien eine Zielgruppe des Buches. Dass es sich um nur einen Gott in drei Personen handle, könne man so beschreiben, "dass Gott in der Welt auf unterschiedliche Weise in Erscheinung tritt: Als Schöpfer und Grund allen Seins, als mein Seelengrund und als zwischenmenschliche Beziehung, da Jesus gesagt hat: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen."
Auch andere sperrige Begriffe wie etwa die Zwei-Naturen-Lehre - sie besagt, dass Jesus Christus zugleich "wahrer Gott und wahrer Mensch" ist - scheut Beck in seinem Buch über die Grundfesten des Christentums nicht, und das trotz durchgängigem Bemühen um verständliche Alltagssprache. Wovon man in seinem "lesbaren Katechismus" nichts liest, ist die katholische Kirche: "Alle Inhalte sind katholisch im ursprünglichen Sinn - also allumfassend", so der Theologe. Bei ihm gehe es um die Grundlagen, die alle drei christlichen Konfessionen teilen.
Kirche werde von außen immer als Verbotsinstanz wahrgenommen, so Beck, der hier von einem umgekehrten Ansatz ausging: "Ich wollte endlich das Positive herausstreichen und aufzeigen, wie das Christentum dem Menschen dabei hilft, möglichst gut mit seinem Leben zurechtzukommen." Der "große Schatz" des Christentums sei, "dass es den Menschen nicht durch ein 'Über-Ich' zerdrückt. Vielmehr will Gott den Menschen von innen her zu seiner eigenen Größe befreien und zur Entfaltung führen." Das sei mit "Auferstehung" gemeint.
Es sei im Vergleich mit anderen Religionen außergewöhnlich, dass das Christentum dem Individuum besondere Hochachtung entgegenbringt, so Becks Urteil. "Jeder Einzelne muss seine Sonderberufung finden und ist wertgeschätzt in seiner Individualität." Mehr als andere Traditionen steuere das Christentum darauf hin, dass jeder einen anderen Lebensauftrag habe, indem er seine je eigenen Talente vermehrt und im Dienst an anderen entfaltet. "Jeder ist Tempel des Heiligen Geistes. Daher gibt es Petrus, den Fels, Paulus, der zu den Griechen ging, und Mutter Teresa, die den Armen in Kalkutta diente", so Beck.
Die Vaterunser-Bitte "Dein Wille geschehe" sei somit kein Hinweis auf Fremdbestimmung, sondern ein "Loslösen von Fremdbestimmung durch Eltern, Schule oder auch Kirche und das Finden meiner von Gott zugemessenen Berufung", so Beck. Jeder Christ sei dazu beauftragt, "in einem lebenslangen Prozess immer mehr hineinzuwachsen in das, was Gott von mir will." Das geschehe durch einen Lernprozess im Alltag, wofür der Theologe tägliche Momente von Stille, Gebet und Bibellektüre sowie den Empfang der Sakramente empfahl, zumal sich diese "mit den wesentlichen Fragen des Menschseins" beschäftigten.
Eine vom Christentum geprägte Gesellschaft versuche stets, bestmöglich zur Entfaltung des Einzelnen beizutragen, so der Buchautor. Europa habe auf diese Weise bereits "ein hohes Maß an guter Ethik und Spiritualität, die dem Menschen guttun", entwickelt. Die Entwicklung der Menschenrechte oder die Einführung der Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gehörten dazu, sowie Formen der sozialen Abfederung des Kapitalismus, wobei Beck die Soziale Marktwirtschaft als die wohl christlichste Variante bezeichnete.
Die Christen sollten ihr eigenes Wertesystem vertiefen, um sie zum Maßstab neuer Entscheidungen zu machen und sich damit in die Gesellschaft einbringen, so Becks Appell. Bei der Medizinethik sei dies schon gelungen, nicht aber beim Ausbau der Wirtschaftsethik oder der politischen Ethik. Grundfragen zu Anthropologie, Spiritualität und Ethik sollten daher vermehrt in der Schule behandelt werden, so der Theologe und Mediziner, der der Bioethik-Kommission im Bundeskanzleramt angehört. Dass sich viele Kinder und Jugendliche ersatzlos vom Religionsunterricht abmeldeten, sehe er deshalb als "katastrophal".
Matthias Beck
"Christ sein - was ist das?
Glauben auf den Punkt gebracht"
160 Seiten
Verlag: Styria
Im Buchhandel um 19,90 Euro erhältlich