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19.10.2016

Alles nur ein Zufall?

Mag. Michael Ausserer und Dr. Martin Riedlinger: Der jüngste Chefredakteur der Kirchenzeitung mit dem Ältesten.

 Anlässlich des Amtsantritts des jüngsten SONNTAG-Chefredakteurs Michael Ausserer haben wir mit dem ältesten noch lebenden Schriftleiter der Wiener Kirchenzeitung gesprochen.

 

Der Besuch bei Dr. Riedlinger, von 1962 bis 1965 Schriftleiter der Wiener KirchenZeitung (so nannte man damals den Chefredakteur) ist sowohl eine zeitliche wie örtliche Reise in die Vergangenheit. Nach vielen Jahren in Deutschland wohnt er mit seiner Frau Rosemarie wieder in der ehemaligen Wiener Wohnung im Schuberthaus auf der Seilerstätte, in dem die Päpstlichen Missionswerke ihre Büros haben. Schräg gegenüber und später im selben Haus war einst die Redaktion der Kirchenzeitung, bevor sie zur Druckerei Herold in die Strozzigasse in Wien 8 übersiedelte.

 

„Heute kann ich auf ein sehr wechselvolles Leben zurückblicken und sagen, ich habe oft Glück gehabt“, meint Riedlinger lächelnd. „Aber vielleicht hat der liebe Gott auch etwas Bestimmtes mit mir vorgehabt“.

 

Ein Ungar bei den Redemptoristen

Riedlinger ist Donauschwabe – die Vorfahren kommen väterlicherseits aus Niedereschach im Schwarzwald und mütterlicherseits aus der Fuldauer Gegend. In Nagyvejke in Ungarn geboren absolvierte er dort die Volksschule und besuchte ab 1934 in Österreich das Gymnasium der Redemptoristen in Katzelsdorf bei Wiener Neustadt. „Doch nach der Unterstufe kam der Führer, alle kirchlichen Institutionen und Schulen wurden geschlossen. Meine Situation war schwierig, denn meine Eltern konnten mir einen weiteren Schulbesuch in Ungarn nicht bezahlen“, erzählt Riedlinger. Statt nach Ungarn fuhr er nach Wien, wurde von den Redemptoristen in der Marienpfarre Hernals „versteckt“ und besuchte zuerst das Gymnasium in der Maroltingergasse.

 

"Ich habe mich dort recht wohl gefühlt – aber dann kam der 8. Oktober 1938 … Am nächsten Tag stand an der Tafel: Wir wollen unseren Bischof sehen – in Dachau! Ich bin rausgegangen und habe das weggelöscht – aber mir war klar, hier kann ich nicht bleiben“. So wechselte er ins G1, das damals in der Schellinggasse untergebracht war und maturierte dort 1942.

 

Zur Wehrmacht wurde er danach nicht eingezogen, weil er als ungarischer Staatsbürger in Österreich nirgendwo aufschien. Er begann an der Universität Wien das Lehramtsstudium in Geschichte, Geografie und Deutsch. Nach drei Semester verweigerte man dem Ungarn allerdings das weitere Studium – außer, er hätte sich freiwillig zur SS gemeldet. „Ein Bruder ist ein Jahr zuvor in Ungarn gestorben, mein zweiter Bruder war gerade mit der ungarischen Armee in der Ukraine – da kann ich mich doch nicht zur SS melden, was hätte ich meinen Eltern sagen sollen“, erzählt er nachdenklich.

 

Stattdessen arbeitete er einige Monate in der  Eterna-Schuhfabrik  – ein Job, den er bekam, weil er dem Sohn  des Generaldirektors  Nachhilfe gegeben hatte. Doch er wollte weiter studieren. Ein ungarischstämmiger Kommilitonen, den er bei der Studentenverbindung Silesia kennengelernt hatte, vermittelte ihm ein Stipendium für weitere drei Semester an der Universität in Berlin.

 

Nach Kriegsende kehrte er großteils zu Fuß und auf abenteuerliche Weise nach Wien zurück, wo er erneut Aufnahme bei den Redemtoristen fand und sein Studium 1948 abschloss. „Damals hatte ich über den Orden bereits Prälat Fried, den damaligen Chef  der KirchenZeitung, kennengelernt und für ihn auch schon den einen oder anderen Beitrag geschrieben. Mit dessen Hilfe erhielt er eine Anstellung im Handelsministerium. Aber als ich den Bürobetrieb dort erlebt habe, war ich enttäuscht. Ich habe immer gern geschrieben und so blieb ich der KirchenZeitung weiter treu“.

 

Gern erinnert er sich etwa eine große Reportage über die Kaisergruft bei den Kapuzinern, die damals auf großes Interesse stieß. Die Arbeit im Ministerium machte ihm aber keine Freude. „Ich war Journalist, ich wollte berichten und nicht nur im Büro sitzen“, erzählt Riedlinger. Als er das einmal Prälat Fried erzählte, meinte der: So komm halt zur KirchenZeitung. „Am 14. Februar 1949 habe ich im Ministerium aufgehört und am nächsten Tag in der Redaktion angefangen“, erzählt er stolz.

 

Arbeit gab es ja genug

„Am Anfang war ich für Reportagen, aber eigentlich für alles und jedes zuständig. Einen Sommer lang habe ich sogar kathpress-Meldungen geschrieben. Zusammen mit Jaro Kaspar haben wir 20 Seiten im Kleinformat gestaltete. Die ersten zehn Jahre noch unter der Leitung von Prälat Jakob Fried, der 1959 in den Ruhestand geschickt wurde“.


Ihm folgte der Geistl. Assistent der Kath. Aktion und der Männerbewegung, Dr. Franz Gstaltmeyr. Als dieser jedoch 1961 von Kardinal König zum Pfarrer von Rudolfsheim ernannt wurde, war die Zeit reif für den ersten „weltlichen“ Schriftleiter der Kirchenzeitung, „weil sonst war ja niemand da“, ergänzt Riedlinger.

 

In dieser Zeit wurde aus dem „Kirchenblatt“ im Kleinformat eine großformatige Zeitung. „Damit soll die Kirchenzeitung das Gespräch mit der Welt in moderner Form eröffnen – angepasst an die Erneuerungsbestrebungen in der Kirche“, schrieb Kardinal König dazu 1964 in der ersten großformatigen Ausgabe.

 

Auf die Frage, wie er als junger Redakteur die Kirchenführung erlebt hat, meint Riedlinger lächelnd: „Damals haben sich die Kardinäle, sowohl Innitzer wie später König, kaum für die Zeitung interessiert“.  

 

Von Wien zur Neuen Bildpost

Doch Riedlinger schaute sich bereits nach „Alternativen“ um. „Ich war ohne mein Zutun bei einigen Amtsträgern in Ungnade gefallen, was die Arbeit erschwert hat. Als Journalist hat man ja Gelegenheit, mitunter auch hinter die Kulissen blicken zu können, was dem Gegenüber oft gar nicht recht ist. Man interviewt Persönlichkeiten, von denen man zuerst bestimmte Vorstellungen hat und ist dann enttäuscht, wenn man doch nur auf einen Menschen gestoßen ist“, sagt Riedlinger rückblickend.

 

Eine Persönlichkeit, die den gebürtigen Ungar aber sehr beeindruckt hat, war Kardinal Jozsef Mindszenty, mit dem er 1956 in Budapest persönlich sprechen konnte. „Beinahe wäre ich 1965 bei der amtlichen Wiener Zeitung gelandet“, erzählt er. Da kam überraschend das Angebot, die mit 370.000 Exemplaren auflagenstärkste kirchliche Zeitung in Deutschland zu leiten. Im Vergleich dazu wurden von der Wiener Kirchenzeitung jede Woche nur etwas über 100.000 Stück gedruckt. So übersiedelte er nach Lippstadt und holte zwei Jahre später, nachdem sein Sohn in Wien die Volksschule abgeschlossen hatte, seine Familie nach. "Mein Sohn ist heute Arzt in der Rudolfsstiftung in Wien und auch seine Tochter arbeitete im medizinischen Bereich." Bei der „Neuen Bildpost“ in Lippstadt in Ostwestfahlen ist er bis zu seiner Pension 1995 geblieben – und er arbeitet heute noch dafür.

 

17 Mal war er bereits in Rom, wie einige Fotos in seinem Arbeitszimmer beweisen. „Immer im Rahmen von Leserreisen – erstmals 1962, um direkt von der Eröffnung des Konzils zu berichten, später dann mit der Bildpost“, meint er schmunzelnd. Weitere Berichte vom Konzil hätten sie von den Kollegen aus Rom und der kathpress übernommen“.


Was über all die Jahre geblieben ist, ist seine Arbeit für das ,Hilfswerk der Neuen Bildpost‘. „Das haben wir 1972 aus steuerlichen Gründen eingerichtet, weil die Leser immer wieder für soziale Projekte Geld geschickt haben. Bis heute bin ich mit meinen 95 Jahren der Kassier des Hilfsfonds und seit 1972 sind so 70 – 80 Mio. Mark (heute wären das ca. 42 Mio. Euro) mit meiner Unterschrift verteilt worden“, erzählt er.  


Warum er nach seiner Zeit bei der Bildpost wieder nach Wien zurückgekehrt ist? „Wien hat für mich immer eine spezielle Rolle gebildet – denn Wien hat mir die Welt eröffnet“, meint Riedlinger lächelnd.     

erstellt von: Der SONNTAG / Wolfgang Linhart
19.10.2016
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Fotos
Mag. Michael Ausserer und Dr. Martin Riedlinger
Dr. Martin Riedlinger
Kirchenzeitung im Großformat 1965, feierlicher Einzug der Konzilsväter zur Eröffnung des II. Vatikanums
KirchenZeitung 1962, Die Ausgaben vom Missions-sonntag 1962

Dr. Martin Riedlinger ist mit seinen knapp 96 Jahren immer noch sehr aktiv. Am Computer schreibt er weiterhin fallweise kurze Beiträge, beantwortet E-Mails oder verwaltete seit 1972 den „Hilfsfond der Neuen Bildpost“. Er war ab 1949 Redakteur der Wiener Kirchenzeitung und von 1962 bis 1965 auch ihr Schriftleiter.

Weitere Informationen

Redemtoristen

redemptoristen.com

 

 

Neue Bildpost Hilfswerk e.V.
Kolpingstr. 7,

59555 Lippstadt Kernstadt
02941 78296

 

 

 

 

weitere Informationen zu

Der Sonntag

Der SONNTAG
Die Zeitung der ED. Wien

T +43 (1) 512 60 63

E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at

Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien

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Elisabeth Birnbaums Evangeliumsauslegung zum 13. Sonntag im Jahreskreis (28.6.2020)

Wen soll, was muss ich fürchten? (Mt 10,26-33)

Br. Günter Mayer SDB: Evangeliumsauslegung zum 12. Sonntag im Jahreskreis (21.6.2020)

Ausgesandt (Mt 9,36-10,8)

Barbara Ruml: Evangeliumsauslegung zum 11. Sonntag im Jahreskreis (14.6.2020)

Beim Vater geborgen sein (Joh 3,16-18)

Markus Beranek: Evangeliumsauslegung zum Dreifaltigkeitssonntag (7.6.2020)

Die Gabe des Friedens vertreibt die Angst (Joh 20,19-23)

Sr. Franziska Madl OP schreibt ihre Gedanken zum Evangelium zum Pfingstsonntag (31.5.2020)

Vom anderen her, auf andere hin (Joh 17,1-11)

Markus Muth und Boris Porsch schreiben ihre Gedanken zum Evangelium zum 7. Sonntag der Osterzeit  (24.5.2020)

Ich mag Liebesfilme (Joh 14,15-21)

Elisabeth Birnbaums Evangeliumsauslegung zum 6. Sonntag der Osterzeit (17.5.2020)

Im Mai durch das ganze Nordvikariat

Bischofsvikar Stephan Turnovszky: Bitte um Mariens Schutz und Hilfe

Wer fragt, bekommt eine Antwort (Joh 14,1-12)

Br. Günter Mayer SDB: Evangeliumsauslegung zum 5. Sonntag der Osterzeit (10.5.2020)

Hilfe für Mütter in Not

Muttertag ist trotzdem

Öffnet die Türen (Joh 10,1-10)

Barbara Ruml: Evangeliumsauslegung zum 4. Sonntag der Osterzeit (3.5.2020)

Begegnung am Tiefpunkt (Joh 21,1-14)

Markus Beranek: Evangeliumsauslegung zum 3. Sonntag der Osterzeit (26.4.2020)

Durch verschlossene Türen (Joh 20,19-31)

Sr. Franziska Madl OP schreibt ihre Gedanken zum Evangelium zum Sonntag der Barmherzigkeit (19.4.2020)

Vorurteil oder nicht? Die Kirche ist mächtig

Die eigentliche Macht der Kirche sind aber das Wort und die Tat.

Vorurteil oder nicht? Wasser predigen und Wein trinken

Was meint die Rede von der „glücklichen Schuld“ in der Osternacht?     

„Die Diagnose war der Anfang, nicht das Ende“

Diagnose Brustkrebs: Über ein Jahr lang  kämpft die zweifache Mutter mit der Erkrankung, erfolgreich.

Keine Sympathie für Pilatus (Mt 27,1-26)

Elisabeth Birnbaums Evangeliumsauslegung zum Palmsonntag (5.4.2020)

Vorurteil oder nicht? Die Kirche ist konservativ.

Ist die Kirche zu konservativ?

Durchkreuzt: Keine Antwort auf das Warum?

Ein Gott, bei dem uns alles klar wäre, ist nicht der Gott Jesu Christi.

Auferweckung ist nicht gleich Auferstehung (Joh 11, 3-7.17.20-27.33b-45 )

Br. Günter Mayer SDB: Evangeliumsauslegung zum 7. Fastensonntag (29.3.2020)

Vorurteil oder nicht? Ignoranz und Vertuschung

Der Skandal des Vertuschens

Weihbischof Turnovszky: Unser aller Leben hat sich schlagartig verändert

Corona und die Folgen, Weihbischof Turnovszky zur aktuellen Lage und wie sich auch sein Tagesablauf verändert hat.

Fürchtet euch nicht

Vom Umgang mit der Angst

Jetzt ist die Zeit der anderen Backe

Darauf müssen wir uns einfach einstellen. Lassen wir die Unduldsamkeit an der Liebe zerschellen!

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Freude einüben, Leben schöpfen (Joh 9,1)

Barbara Ruml: Evangeliumsauslegung zum 4. Fastensonntag (22.3.2020)

Christus, Heil der Kranken...

Es ist nicht mangelndes Gottvertrauen wenn wir medizinisch vorsichtig sind

Lebendig (Joh 4,5-26. 39a. 40-42)

Markus Beranek: Evangeliumsauslegung zum 3. Fastensonntag ( 15. März 2020)

Vorurteil oder nicht? Die Kirche ist: Verstaubt oder zeitgemäß?

Ist der Glaube und die Kirche überhaupt (noch) zeitgemäß.

Nach 66 Tagen.

Ein Kind, das lebensverkürzend erkrankt, verändert eine ganze Familie und die Hospizarbeit in Österreich.

Vorurteil oder nicht?: Nur Kinder, Küche und Kirche?

Welche Rolle spielen die Frauen in der Kirche? Sind Frauen generell spiritueller als Männer?

Hoffnung und Trost aus Stein und Glas?

Es macht nachdenklich, wenn Kirchen in Zeiten von Angst und Verunsicherung gesperrt werden.

Es ist gut, dass wir hier sind! (Mt 17, 1-9)

Sr. Franziska Madl OP: Evangeliumsauslegung zum 2. Fastensonntag (8.3.2020)

„Passionswege“ durch die Fastenzeit: Völlig allein gelassen

Die Geschichte eines Missbrauchs: Mit einem Mal ist die Zeit wieder präsent. Die Ereignisse liegen 40 Jahre zurück.

Genau hinschauen (Mt 4, 1-11)

Markus Muth und Michael Haller schreiben ihre Gedanken zum Evangelium zum 1. Fastensonntag, (1. März 2020)

Vorurteil oder nicht?: Zwischen Glaube und Geld

Den gängigsten Vorurteilen gegen die katholische Kirche auf den Grund gegangen.

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Neuer Online-Auftritt und wöchentliches Digital-Abo

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Auf 153 Kilometern führt der „Jakobsweg Weinviertel“ von Drasenhofen nach Krems.

„Wir wollen nicht nationale Not gegen andere ausspielen“

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„In der Bibel ist immer Fasching“

Auch wenn der Fasching keine explizit kirchliche Erfindung ist, offensichtlich gibt es durchaus biblische Anleihen für ausgelassenes Feiern.

Genussvoll glauben: Immer der Nase nach

In dieser Ausgabe widme ich mich den Freuden, die wir uns durch Gerüche und Düfte bereiten können.

Nicht schon wieder! (Mt 5,38-48)

Elisabeth Birnbaums Evangeliumsauslegung zum 7. Sonntag im Jahreskreis (23.2.2020)

Neue Lektüre für Klein und Groß

Warum auch Erwachsene das eine oder andere Kinder- und Jugendbuch unbedingt zur Hand nehmen sollten, haben wir uns für Sie angeschaut.

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