Papst Franziskus fordert die Diözesen zu Initiativen auf, die das am Sonntag, 20. November 2016 zu Ende gegangene "Jahr der Barmherzigkeit" fortführen.
Papst Franziskus fordert die Diözesen zu Initiativen auf, die das am Sonntag, 20. November 2016 zu Ende gegangene "Jahr der Barmherzigkeit" fortführen.
Apostolisches Schreiben "Misericordia et misera" zum Abschluss des Heiligen Jahres dehnt Beichtvollmacht bei Abtreibung aus. Und neuer "Welttag der Armen" soll jährlich im November begangen werden.
Papst Franziskus fordert die Diözesen zu Initiativen auf, die das am Sonntag, 20. November 2016 zu Ende gegangene "Jahr der Barmherzigkeit" fortführen. Barmherzigkeit dürfe im Leben der Kirche "nicht ein bloßer Einschub" sein, sondern müsse vielmehr "ihr eigentliches Leben" sein, legt er in einem am Montag, 21. November veröffentlichten Apostolischen Schreiben dar. Dessen Titel, "Misericordia et misera" ("Die Barmherzigkeit und die Erbärmliche"), gibt die Worte wieder, mit denen der heilige Augustinus die Begegnung von Jesus ("Die Barmherzigkeit") mit der Ehebrecherin ("Die Erbärmliche") umschrieb. Die hier gezeigte Haltung Jesu stehe für das, "was wir im Heiligen Jahr gefeiert haben", und müsse in den kirchlichen Gemeinschaften weiter gefeiert und gelebt werden, so der Papst.
Obwohl die "Heiligen Pforten" nun wieder geschlossen sind, solle doch "die Pforte der Barmherzigkeit unseres Herzens immer weit geöffnet" bleiben, betont der Papst. Die Kirche müsse "immer wachsam und bereit sein, neue Werke der Barmherzigkeit auszumachen und sie großzügig und begeistert in die Tat umsetzen". Viel Erfindungsreichtum sei dazu erforderlich.
Zudem lädt Franziskus die Gläubigen dazu ein, "die Ärmel hochzukrempeln" und Werke der Barmherzigkeit zu tun - etwa an Hungernden, Häftlingen, Flüchtlingen oder Arbeitslosen. Sie sollten Wege suchen, "um Millionen von Menschen, unseren Brüdern und Schwestern, die Würde zurückzugeben". Es gehe darum, den biblischen "Werken der Barmherzigkeit" ein neues Gesicht zu verleihen.
Die Vertiefung der Erfahrung des Jubiläumsjahres soll nach den Worten des Papstes zudem vor allem in der verstärkten Betonung des Beichtsakraments geschehen. Die Priester sollten "weitherzig" in der Vergebung von Sünden sein. Statt allein nach dem Kirchenrecht zu urteilen, sollten sie sich daran erinnern, dass sie selbst "Sünder, aber Diener der Barmherzigkeit" seien, betont der Papst. "Selbst in den kompliziertesten Fällen, in denen man versucht ist, einer Gerechtigkeit den Vorrang zu geben, die allein aus den Normen hervorgeht, muss man an die Kraft glauben, die aus der göttlichen Gnade entspringt", heißt es in "Misericordia et misera".
Franziskus mahnt die Seelsorger, "Zeugen der väterlichen Zärtlichkeit zu sein trotz der Schwere der Sünde" und zugleich "unmissverständlich die moralischen Prinzipien darzulegen". Bei der Begleitung der Gläubigen auf ihrem Weg der Buße sollten Priester Geduld üben.
Weiter bittet er die Geistlichen, "weitsichtig zu sein in der Unterscheidung jedes einzelnen Falles und großherzig in der Gewährung der Vergebung Gottes". Konkrete Situationen, etwa diejenige von wiederverheirateten Geschiedenen, nennt der Papst nicht.
Jedem solle die Möglichkeit offen stehen, "die befreiende Kraft der Vergebung zu erfahren", so Franziskus. Statt eine solche Erfahrung der Barmherzigkeit zu vereiteln, sollten Priester sich bemühen, "den Raum des persönlichen Gewissens mit der unendlichen Liebe Gottes zu erleuchten". Niemandem, der ernsthaft bereut, dürfe der Zugang zur Liebe Gottes verwehrt werden, schreibt der Papst.
Genauer geht der Papst auf die Abtreibung ein, die nach seinem Willen wie schon im Heiligen Jahr weiterhin von allen katholischen Priester vergeben werden darf. Franziskus dehnt damit eine Sonderregelung aus, die er 2015 erlassen hatte - "ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen", wie es im Schreiben heißt.
Abtreibung sei "eine schwere Sünde, da sie einem unschuldigen Leben ein Ende setzt", betont der Papst eindringlich. Es gebe jedoch "keine Sünde, die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden kann, wenn diese ein reuevolles Herz findet, das um Versöhnung mit dem Vater bittet", heißt es weiter wörtlich. Jeder Priester soll daher den Reumütigen bei der Begleitung auf diesem Weg der besonderen Versöhnung "Führer, Halt und Trost" sein.
Den im Heiligen Jahr eingeführten Dienst der "Missionare der Barmherzigkeit" auch nach der Schließung der Heiligen Pforte verlängert der Papst - "bis auf weiteres". Verantwortlich dafür ist der Päpstliche Rat für Neuevangelisierung, der auch das Jubeljahr gemanagt hat.
Mit dem Schreiben "Misericordia et misera" gewährt der Papst zudem weiterhin Gläubigen, "gültig und erlaubt" bei Priestern der traditionalistischen, von Rom getrennten Piusbruderschaft zu beichten. Dies geschehe mit Blick auf das "pastorale Wohl der Gläubigen und im Vertrauen auf den guten Willen ihrer Priester, dass mit der Hilfe Gottes die volle Gemeinschaft in der katholischen Kirche wiedererlangt werden kann".
Auf die soziale Dimension der Barmherzigkeit geht der Papst durch die Einführung eines katholischen "Welttags der Armen" ein. Es könne weder Gerechtigkeit noch sozialen Frieden geben, solange noch Arme vor den Türen der Christen lägen, begründet er seine Initiative. Der Welttag soll künftig jeweils im November am zweiten Sonntag vor dem Advent begangen werden.
Der "Welttag der Armen" soll auf den eine Woche später gefeierten Christkönigssonntag vorbereiten: "Jesus Christus hat sich mit den Geringen une den Armen identifiziert und wird uns nach den Werken der Barmherzigkeit richten", schreibt Franziskus.
Der Armutssonntag solle das Thema Armut als "Herzensanliegen des Evangeliums" in den Blick rücken und zu einer Glaubenserneuerung in den Pfarren und Gemeinden beitragen. "Es wird ein Tag sein, der den Gemeinden und jedem Getauften hilft, darüber nachzudenken, wie die Armut ein Herzensanliegen des Evangeliums ist und dass es keine Gerechtigkeit noch sozialen Frieden geben kann, solange Lazarus vor der Tür unseres Hauses liegt", so der Papst.
Weiter regt der Papst die Einrichtung von Bibelsonntagen an. Jede Gemeinde solle einmal im Jahr "ihr Engagement für die Verbreitung, die Kenntnis und die Vertiefung der Heiligen Schrift erneuern". Gläubigen empfahl er eine regelmäßige Bibellektüre. Sie sollten angeregt werden, "lebendige Werkzeuge für die Vermittlung des Wort Gottes" zu sein.