Bischof Stefan Osters Motto: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“. Dazu passen auch seine Hobbys: jonglieren und Fußball spielen.
Bischof Stefan Osters Motto: „Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“. Dazu passen auch seine Hobbys: jonglieren und Fußball spielen.
Er legte die Dire Straits im Radio auf und hatte eine Freundin. Heute ist Stefan Oster Bischof von Passau. Wie es zur geistlichen Berufung kam, welchen Herausforderungen er sich stellen muss und wie katholisch Bayern ist, schildert er im SONNTAG-Interview.
Zwei Zugstunden sind es von Wien in die bayrische Grenzstadt Passau. Die Dreiflüssestadt an Donau, Inn und Ilz, ist morgens oft nebelverhangen, gegen Mittag wird dann der barocke Glanz mit italienischem Flair sichtbar. Für viele gehört Passau zu den schönsten Städten Europas. Wie in Wien gibt es einen Stephansdom.
Bis zum 15. Jahrhundert gehörte Wien in den kirchlichen Einflussbereich Passaus. Seit Mai 2014 ist Stefan Oster, 85. Bischof des Bistums. Der 51-jährige Oberhirte ist unkonventionell, betreibt einen Blog im Internet und kann Bälle jonglieren, wie sein Vorbild Don Bosco. Der Lebensweg des aus der bayrischen Oberpfalz Stammenden ist für einen Geistlichen ungewöhnlich.
„Wir haben tolles privates Radio gemacht“, erinnert sich Stefan Oster an die Zeit Mitte der 1980er Jahre als Moderator bei „Radio Charivari“ in Regensburg. Zur Kirche hatte er Distanz. Doch „aufgehört zu beten“ hat er nie.
DER SONNTAG: Herr Bischof, waren Sie als Jugendlicher auf Sinnsuche?
Bischof Stefan Oster: Ich war Gruppenleiter der Messdiener, später bei einem Schnuppertag im Priesterseminar und bin nach Taizé gefahren. Dann kam die Zeit, wo ich distanziert und weit weg war und mir gedacht habe: „Die Kirche, was ist das für ein komischer Laden?“ Ich bin nach Indien gefahren und habe mich für Buddhismus interessiert. Ich habe mich trotzdem immer gefragt, was der Sinn von allem ist und mir die ganz großen Fragen gestellt: Was ist Wahrheit, Liebe, Freiheit? Was ist das Gute schlechthin? Wie ist ein Mensch, der wirklich wahrhaftig ist?
Sie hatten eine wunderbare Beziehung, waren beruflich erfolgreich, doch es kam alles anders?
Bischof Stefan Oster: Thomas von Aquin sagt: „Reichtum, Vergnügen, Macht und Anerkennung, das ist wonach das Menschenherz irgendwie strebt“. Ich habe ganz viel von dem gehabt, doch mir immer gedacht, es muss mehr als das geben. Im Philosophiestudium habe ich gemerkt, dass ich an den Wurzeln wieder anknüpfen kann, von denen ich herkomme. Dann habe ich tiefer eingesehen, wer das ist, an den wir glauben. Dass da alle meine Fragen eine Antwort finden. Irgendwann war es so klar, dass ich gedacht habe: „Für wen außer Christus sollte ich sonst leben? Ich habe keine andere Option.“
Gab es da auch Schmerzen?
Bischof Stefan Oster: Das hat damals sowohl meiner Freundin als auch mir wehgetan. Ich habe lange gedacht, diese Beziehung, dieses Glück, diese Liebe, die wir miteinander teilen konnten und wirklich auch füreinander empfunden haben, das ist es. Und ich habe immer mehr gespürt, nein, das ist es auch noch nicht. Das ist nichts gegen sie, aber ich habe einfach erkannt, sie und die Beziehung sind kein Ersatz für Gott.
Man darf da auch nicht einen Götzen kreieren und sagen: Meine Beziehung und meine Freundin dürfen die Stelle Gottes in meinem Herzen einnehmen. Das geht nicht. Sondern es ist eher umgekehrt: Wenn ich Gott gefunden habe, lerne ich die anderen Menschen neu und anders lieben, richtig lieben, weniger besitzergreifend.
Wie sind Sie zu den Salesianern Don Boscos gekommen?
Bischof Stefan Oster: Lange habe ich gedacht, dass ich Jesuit werde, wegen meiner Neigung zur Philosophie. Ich habe aber immer schon Kinder und junge Menschen gerne gehabt und meine Zeit mit jungen Leuten verbracht. Don Bosco kannte ich lange gar nicht. Ich habe dann eine Biographie über ihn gelesen und eine Entsprechung von Herz zu Herz gefunden. Sein pädagogisches Anliegen und sein Charisma haben mich zu den Salesianern gebracht.
Sie waren 14 Jahre Priester, dann erfolgt die Bischofsernennung. Wie ging es Ihnen?
Bischof Stefan Oster: Das erste Mal, als ich gehört habe, dass ich irgendwo auf einer Liste stehe und in den Fokus gerate, hat es mich in einem negativen Sinne überwältigt, weil ich mich total überfordert gefühlt habe. Ich habe zwar Jugendgruppen und Gesprächsgruppen geführt. Aber Menschen in größerem Stil zu führen war nie mein Thema. Auf einmal bin ich damit konfrontiert, dass ich Leiter eines Bistums werden soll. Wir haben 10.000 Mitarbeiter im Bistum Passau. Da habe ich mir gedacht: „Wie kommen die auf dich?“ Das war ein Überforderungsthema. Ich war heilfroh, dass ich mich nicht mehr um Geld kümmern musste, weil ich Ordensmann geworden bin. Ich durfte einfach für den Herrn und für die Leute arbeiten und kam mit meinem Armutsgelübde gut zurecht. Auf einmal muss ich einem Diözesansteuerausschuss vorsitzen, der ein dreistelliges Millionenvermögen verwaltet. Das sind Dinge, die mich richtig herausfordern.
Wie lässt sich das Glaubensleben im Bistum Passau beschreiben?
Bischof Stefan Oster: Wir sind ein Bistum, wo die überwiegende Mehrzahl der Menschen – 80 Prozent – katholisch getauft ist. Das ist in Deutschland der höchste Prozentsatz der Bistümer. Wir erleben aber auch den Traditionsabbruch. Auch bei uns kommen fast 90 Prozent der Menschen, die katholisch sind, nicht mehr zum Sonntagsgottesdienst.
Welchen Stellenwert hat Neuevangelisierung bzw. zeitgemäße Mission in Passau?
Bischof Stefan Oster: Das habe ich als eines der Hauptthemen ausgegeben. Was heißt es, heute den Menschen zeitgemäß den einen Glauben zu verkünden und sie wieder mit dem in Berührung zu bringen, was uns aus der Tiefe trägt? Ja, wir suchen nach Wegen. Ich weiß, dass Kardinal Christoph Schönborn da schon lange unterwegs und auf der Suche ist und vieles auch mit Gelingen in der Erzdiözese Wien ausprobiert hat. Da schauen wir hin. Es gibt viele Initiativen und viel Bewegung. Aber Neuevangelisierung hat natürlich auch immer mit Bekehrung zu tun – und diese kann man nicht verordnen oder „machen“.
Gibt es Kontakte zwischen dem Bistum Passau und der Erzdiözese Wien?
Bischof Stefan Oster: Kardinal Christoph Schönborn kommt immer wieder mit seinen Dechanten in unser Bildungshaus, wo sie sich bei einer Klausur Gedanken über den Weg der Erzdiözese machen. Beim letzten Treffen hat er zu mir gesagt: „Die Tochter kommt zur Mutter“. Dann habe ich schmunzelnd geantwortet: „Wie schön, dass du das so siehst.“ Es ist schön, dass es diese Verbundenheit gibt.
Gab es bereits einen Besuch der „Mutter“ bei der „Tochter“?
Bischof Stefan Oster: Seit ich Bischof bin, war ich noch nicht in Wien, im Herbst aber im Stift Göttweig. Dort ist der heilige Altmann beerdigt, ein ehemaliger Passauer Bischof.
Sie sind der erste katholische Bischof Deutschlands ,der einen Blog im Internet führt. Was ist Ihnen wichtig?
Bischof Stefan Oster: Mir geht es zuerst um Inhalte. Wie kriegen wir diese unter die Menschen. Es geht auch um persönliche Christusbegegnung: Wie helfen wir Leuten da hineinzufinden und sie zu deuten?. Auf Facebook sind es eher bunte, kurze Sachen. Auch das mögen die Leute. Schon Papst Benedikt XVI. hat gesagt, wir sollen den digitalen Kontinent mit dem Evangelium erobern.
Sie wirken immer gut aufgelegt. Wie ist Ihr Wesen?
Bischof Stefan Oster: Ich bin ein froher Mensch und sehr dankbar, dass ich glauben darf, und fühle mich da sehr getragen.
Bier ist bayrisches Nationalgetränk. Trinken Sie Bier gerne?
Bischof Stefan Oster: Ja, das Bistum hat auch eine Brauerei, namens Hacklberg. Insofern bin ich auch „Brauereichef“. Mit deren Erträgen wurde früher die Priesterausbildung des Bistums finanziert. Heute geben wir einen Teil des Gewinns für die Priesterausbildung ins Ausland. Und ja: Unser Weißbier ist richtig gut! Aber ich trinke natürlich nicht zu viel.
Zur Person
Mit Stefan Oster kam 2014 ein Spätberufener an die Spitze der an der Grenze zu Oberösterreich gelegenen bayerischen Diözese Passau.
Der 1965 Geborene wurde 2001 zum Priester geweiht. Zuvor absolvierte der Oberpfälzer eine Journalistenausbildung und studierte Philosophie, Geschichte und Religionswissenschaften.
1995 schloss er sich den Salesianern Don Boscos an und nahm anschließend sein Theologiestudium auf.
Wien-Passau - Was uns verbindet -
Die bewegte Geschichte unserer Erzdiözese steht seit jeher in enger Verbindung mit dem Bistum Passau. Auch heute noch.