Friederike Dostal mit dem "Buch der Namen", in das sich die erwachsenen Taufwerber eintragen.
Friederike Dostal mit dem "Buch der Namen", in das sich die erwachsenen Taufwerber eintragen.
Taufe "keine schnelle Lösung von Asylproblemen".
Als eine "große Aufgabe" und als Chance für die Kirche hat Friederike Dostal, die Leiterin des Koordinationsbüros der Österreichischen Bischofskonferenz für Katechumenat und Asyl, den starken Zustrom von Flüchtlingen bezeichnet, die sich derzeit in Österreichs Pfarren auf die Taufe vorbereiten. Es könne Gemeinden beleben, wenn sie dadurch die Glaubensweitergabe wieder ernster nehmen und auch die "tiefe Beziehung" miterleben, die erwachsene Taufwerber oft zu Jesus Christus entwickeln, sagte Dostal am Freitag, 3. März 2017. Erst tags zuvor hatte Dostal die Zulassungsfeier von 254 erwachsenen Täuflingen der Erzdiözese Wien koordiniert - von "so vielen wie noch nie zuvor", wie sie dabei feststellte.
Die Beweggründe für den Wunsch, Christ zu sein, seien bei den Taufbewerbern äußerst vielfältig, erklärte Dostal. Bei vielen stehe am Anfang eine persönliche Gottes- oder Christuserfahrung, während für andere ihre Entscheidung Antwort auf eine langjährige Suche sei. Viele seien mit ihrer bisherigen Religion nicht zufrieden oder entdeckten nach einer nicht-religiösen Vergangenheit den christlichen Glauben für sich. Bei muslimischen Konvertiten führe mitunter die Enttäuschung darüber, dass ihre Tradition kein Hinterfragen erlaube, zu einem Suchen nach Antworten anderswo.
Unter den Taufwerbern seien auch manche Flüchtlinge, "die es erstaunt hat, dass sie in Europa Unterstützung von religionsfremden Menschen erhalten haben", berichtete die Katechumenats-Verantwortliche. "Viele hat dies neugierig gemacht und in manchen den Wunsch geweckt, selbst Christen zu sein."
Viele Iraner, aber auch Menschen aus Afghanistan oder dem Irak, hätten allerdings schon in ihrer Heimat das Christentum kennengelernt. Der Konversionswunsch sei für sie Anlass zur Flucht gewesen, da sie zuhause damit angefeindet oder bei Religionswechsel gar mit dem Tod bedroht würden. "Viele nehmen viel auf sich, um Christ zu werden", erklärte Dostal.
Probleme könnten sich Flüchtlinge durch den Übertritt zum Christentum jedoch auch in Österreich einhandeln, auch wenn hier niemand aufgrund seiner Religion verfolgt wird, wies Dostal hin. Persönliche Schwierigkeiten, Mobbing bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes seien bei Angehörigen mehrerer Nationalitäten besonders innerhalb der eigenen Community denkbar. Weitaus ernsthafter sei die Bedrohung jedoch mitunter für Angehörige von Konvertiten in Herkunftsländern, in denen kein Religionswechsel erlaubt ist. Hier werde mitunter "die ganze Familie haftbar gemacht", weiß die Expertin.
Die Vorbereitung in Österreich sei sehr sorgfältig, betonte Dostal. Sie lasse sowohl den Taufwerber als auch die Pfarrgemeinden erkennen, "ob der Wunsch, Christ zu werden, echt ist oder nur eine Nützlichkeitserwägung". Immer wieder müssten Taufwerber deswegen abgewiesen oder zurückgestellt werden oder auch mit erweiterter Vorbereitungszeit rechnen, wenn Zweifel an der Echtheit ihrer Berufung zum Christen bestünden oder keine Fortschritte erkennbar seien. Zumal die Vorbereitung mindestens ein Jahr dauere und sehr in die Tiefe gehe, sei die Taufe "jedenfalls keine schnelle Lösung von Asylproblemen", so Dostal.
In dem mindestens einjährigen Katechumenat erlebten die Taufwerber "nebenbei" ein "Hineinwachsen" in die Pfarrgemeinden, in denen sie vorbereitet werden und an deren Alltags- und Feierkultur sie bereits teilnehmen. Sie lesen selbstständig die Bibel und erhalten im Kurs Erklärungen und Antworten auf ihre Fragen. Zu weiteren Inhalten gehört Grundwissen u.a. über das Glaubensbekenntnis, über die Sakramente und auch die Kirchengeschichte. Dostal: "Es erstaunt viele, auch über jene Teile unserer Geschichte informiert zu werden, mit denen wir heute Probleme haben, wie etwa die Hexenverbrennung oder den Antisemitismus."
Die Pfarren werden durch die Vorbereitung und Aufnahme von erwachsenen Neuchristen enorm bereichert, so Dostals Erfahrung. "Vielen wird dabei erst bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, Christ zu sein. Es begeistert sie, was andere für ihren Glauben auf sich nehmen, macht sie nachdenklich und baut sie auf." Glaubensweitergabe an Taufbewerber werde auch in Zukunft eine wichtige Aufgabe bleiben, so die Prognose der Diözesanverantwortlichen. Es handle sich dabei ohnehin um eine "Grundaufgabe für jeden Christen". Diese Herausforderung biete auch die Chance, dass dabei "aus einer eingeschlafenen eine missionarische Gemeinde wird".