Eleanor Mumford ist am 20. April bei „Let’s make it real“, dem Gebetsabend für die Erzdiözese Wien.
Eleanor Mumford ist am 20. April bei „Let’s make it real“, dem Gebetsabend für die Erzdiözese Wien.
Warum Führungspersönlichkeiten für die Kirche essenziell sind. Und warum man nicht Wunder erwarten – und trotzdem für den blinden Mann an der Bushaltestelle beten soll. Ein Gespräch mit Eleanor Mumford, Kirchengründerin aus England und Betende aus Leidenschaft und Gehorsam.
Heilungsgebet, prophetische Worte, Zungenrede, das Herabrufen des Heiligen Geistes, der besondere Gaben verleiht… Die Merkmale der charismatischen Bewegung sind bei uns Katholiken immer noch etwas exotisch. Obwohl es schon 50 Jahre her ist, dass sie auch in unserer Kirche Fuß gefasst hat.
Viele starke Impulse kommen daher immer noch aus Freikirchen oder ihnen nahestehenden Gemeinden aus Amerika oder Großbritannien. Eleanor Mumford ist eine bekannte Person in dieser „Szene“. Sie hat mit ihrem Mann John vor 30 Jahren die evangelikalen Vineyard Churches in Großbritannien gegründet, die heute aus mehr als 120 Gemeinden bestehen.
Eleanor Mumford ist am 20. April bei „Let’s make it real“, dem Gebetsabend für die Erzdiözese Wien. Dieses Interview entstand, als sie das letzte Mal in Wien war – wenige Tage, bevor sie ein ökumenisches Treffen mit Papst Franziskus in Rom hatte.
Sie haben eine besondere Gabe, für andere zu beten. Aber wie sieht eigentlich Ihr alltägliches Gebetsleben aus?
Eleanor Mumford: Nicht sehr gut. Das ist nicht meine stärkste Seite. In der Früh lese ich in der Bibel und bete. Ich habe dabei eine Liste von Leuten, für die ich bete. Mein Beten ist nicht besonders strukturiert oder liturgisch.
Für mich heißt beten: den Tag über mit dem Herrn zu sein und ständig mit ihm zu sprechen. Über ihn nachzudenken – und mit ihm. Und dann liebe ich den Lobpreis. In der Vineyard Church findet unser Gebet zu großen Teilen im Lobpreis statt, wenn wir gemeinsam singen.
Wir sollen vertrauen, dass Gott unsere Gebete erhört. Gleichzeitig erleben wir aber oft, dass unsere Gebete zumindest scheinbar nicht erhört werden. Wie gehen Sie damit um?
Eleanor Mumford: Beim Spazierengehen in der Früh habe ich einmal einen jungen Mann an einer Bushaltestelle gesehen, der fast blind war. Er hatte ein Buch knapp vor seinem Gesicht, eine ganz dicke Brille… Ich hatte auf einmal großes Mitleid, und ich fühlte, wie der Herr mir sagt: „Geh und bete für ihn!“ Aber ich widersetzte mich, denn es war früh, ich hatte meinen Trainingsanzug an, und mir war einfach nicht danach. So sagte ich zum Herrn: „Du kennst mich – ein anderes Mal gern, aber nicht jetzt.“
Aber der Herr sagte noch einmal zu mir: „Geh hin und bete für ihn!“ Beim dritten Mal gab ich nach, ging zurück und sagte dem Mann, dass ich an Gott glaube, der es liebt zu helfen, und ob ich für ihn beten dürfe. Und er war begeistert! So betete ich für ihn an der Bushaltestelle. Gott sei dank kam der Bus, gerade als ich fertig wurde, und ich ging weiter, riesig zufrieden mit mir selber, und betete laut: „Herr, kommst du und tust du jetzt etwas für diesen Mann?“ Und Gott sagte ganz deutlich zu mir: „Das wirst du nie erfahren!“
Sie haben den Mann nie wieder gesehen?
Eleanor Mumford: Nein. Und das war ein großer Segen. Jesus sagt: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ Das Beten für andere ist letzten Endes eine Frage des Gehorsams – weil wir Jesus lieben und er uns aufgetragen hat zu beten. Er hat aber nie die Garantie gegeben, dass wir alle Antworten bekommen oder alle Früchte unserer Gebete sehen werden. Das nimmt einem viel Druck weg.
Aber Sie erleben schon auch manchmal, dass Gebete erhört werden?
Eleanor Mumford: Ja, und das ist dann wunderbar aufregend. Ich denke an die 72 Jünger, die voller Freude erzählen, welche Wunder sie im Namen Jesu erlebt haben. Und Jesus ist in dieser Stunde vom Heiligen Geist erfüllt und voll Freude. Ich glaube, dass Jesus es liebt, wenn wir beten, und wenn wir von den Folgen begeistert sind.
Kommt es oft vor, dass jemand es ablehnt, dass Sie für ihn beten?
Eleanor Mumford: Nicht wenige Menschen sagen nein. Ich habe zwei Nachbarn in London. Auf der einen Seite eine Familie, die zu Jesus gefunden hat, wo wunderbare Dinge geschehen sind. Und auf der anderen Seite ein Nachbar, für den ich seit 29 Jahren hartnäckig bete, der aber von all dem nichts wissen will und mir gesagt hat: „Wagen Sie es nicht, jemals wieder für uns zu beten!“
Wie bahnen Sie so ein Gebet an?
Eleanor Mumford: Zunächst einmal warte ich, ob der Heilige Geist mir einen Stoß gibt. Und dann sage ich so etwas wie: „Vielleicht halten Sie mich für etwas seltsam. Ich bin eine von diesen Christen. Ich glaube, dass es einen Gott im Himmel gibt, der Sie liebt. Wenn es irgendetwas gäbe, worum sie ihn heute bitten würden, was wäre das?“ Meistens sagen dann die Leute etwas wie: „Ja, meine Mutter ist krank.“ Oder: „Meine Kinder.“ Und dann sind wir schon mitten drin.
Eine Frage hört man oft: Warum sollen wir eigentlich beten? Gott weiß doch eh, was wir brauchen.
Eleanor Mumford: Das ist keine leichte Frage. Die Antwort lautet für mich: Weil er es uns gesagt hat. Jesus selber hat gebetet. Er hat uns aufgefordert zu beten und uns gelehrt, wie. Und wenn sogar er das Gebet gebraucht hat, um wieviel mehr brauche ich es! Beim Beten geht es ja darum, in Beziehung zu sein. Als Mutter geht es mir auch oft so: Ich weiß ziemlich genau, was meine Kinder tun und wollen. Aber es ist gut, dass sie es mir selber sagen.
Haben Sie einen Rat für Eltern, die für ihre Kinder beten?
Eleanor Mumford: Gebete der Eltern haben Kraft. Wenn du Angst um deine Kinder hast, dann ist es wichtig, dass du nicht alleine betest, dich nicht alleine mühst. Such dir jemanden, um mit dir zu beten. Sonst riskierst du, dich sehr einsam zu fühlen.
Sie haben eine Kirche gegründet, die wächst und wächst. Was ist das wichtigste Kriterium, wenn eine Kirche wachsen will?
Eleanor Mumford: Ich mag pflanzen, ich mag gießen – aber Gott ist es, der das Wachstum schenkt. Wir sehen, was die Menschen, die zu uns kommen, antreibt: in erster Linie ein Ruf Gottes. Dann schon auch Beziehung und gemeinsame Werte. Der Schlüssel ist Führungsqualität („leadership“): Wenn du keine guten Anführer hast, ist das Wachstum nicht nachhaltig. Es beginnt vielleicht großartig, aber es wird nicht anhalten. Daher halten wir ganz gezielt nach Führungspersönlichkeiten Ausschau.
Wonach orientieren Sie sich da?
Eleanor Mumford: An Paulus. Seine Briefe sind ein Lehrbuch, wie man Leiter hervorbringt und sie mit anderen umgibt. Wir haben ein sehr sorgfältiges System für Leadership-Training, Supervision und Verantwortlichkeit. Jeder hat jemanden, der ihn supervidiert, ihn freundlich, aber bestimmt ermahnt, konfrontiert, ermuntert.
Und wenn wir nach potentiellen Führungspersönlichkeiten ausschauen, achten wir auf ihre Geistesgaben und auf ihren Charakter. Die Charismen, die Begabungen, sind ein großes Geschenk – aber am wichtigsten ist letzten Endes der Charakter.
Ist die Art der aktiven, ganz aus dem Wort Gottes und dem Gebet lebenden Gemeinden ein Minderheitenprogramm in einer Volkskirche?
Eleanor Mumford: Ich hoffe nicht. Wir reden hier von einem Reich, dessen Bürger wir alle sind. Wir sind für den Himmel bestimmt und auf dem Weg dorthin haben wir Aufgaben zu erledigen: das Evangelium zu verkünden, Gemeinden zu gründen, für die Armen zu sorgen, die Kranken zu heilen und alles zu tun, was Jesus uns aufgetragen hat. Das gilt für alle von uns. Aber es ist völlig in Ordnung, das auf ganz unterschiedliche Weise zu tun.
Die Schönheit des Christentums ist die Einheit in der Vielfalt. Ich drücke das so aus: Wenn der Mensch Wasser zum Frieren bringt, macht er Eiswürfel – alle sind gleich, uniform. Aber wenn Gott Wasser zum Frieren bringt, macht er Schneeflocken. Und jede Einzelne ist anders.
Erleben Sie eigentlich die katholische Kirche als „großen Bruder“, der sagen möchte, wie alles zu sein hat?
Eleanor Mumford: So habe ich das nie erlebt. Mein Vater war Schotte, meine Mutter Waliserin. Beide waren Presbyterianer. Aber meine Mutter lehrte mich immer, gut über die Katholische Kirche zu denken: Ohne sie wäre der Glaube nicht zu uns gekommen, denn sie hat ihn für uns behütet und bewahrt in den dunkelsten Tagen der Geschichte.
Wie war das für Sie, als Sie gestern in der katholischen Messe eingeladen wurden, zum Kommuniongitter zu kommen, nicht um die Kommunion zu empfangen wie die Katholiken, sondern um gesegnet zu werden?
Eleanor Mumford: Ich fand es wunderbar. Natürlich wäre es mir noch lieber, wir hätten Brot und Wein teilen können. Aber als der Priester uns einlud, fühlte ich mich einbezogen – und ich liebte das. Ich war mehr ermutigt durch das, wozu ich eingeladen wurde, als verletzt durch das, wozu ich nicht eingeladen wurde. Und dass wir da alle vom Leib Christi zusammengeführt wurden, das war doch viel wichtiger, als dass man mir die Hostie gegeben hätte!
am 20. April, 19.00 Uhr in St. Florian:
innovativer Gebetsabend für junge Menschen
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