Benedikt XVI. würdigte im Zisterzienserstift Heiligenkreuz die Klöster und Stifte als "Oasen geistlicher Kraft".
Benedikt XVI. würdigte im Zisterzienserstift Heiligenkreuz die Klöster und Stifte als "Oasen geistlicher Kraft".
Stationen der Visite waren Wien, Mariazell und Heiligenkreuz.
Vor zehn Jahren - vom 7. bis 9. September 2007 - hat der damalige Papst Benedikt XVI. Österreich besucht. Es war der bisher letzte Besuch eines Papstes in Österreich und das dürfte in nächster Zeit auch so bleiben.
Zwar gibt es mittlerweile eine offizielle Einladung Österreichs an Papst Franziskus für einen Besuch in der zweiten Jahreshälfte 2018 anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums des weltbekannten Liedes "Stille Nacht". Angesichts der Auswahlkriterien des Papstes für seine Reisen dürfte ein Österreich-Besuch von Franziskus aber nur sehr geringe Chancen haben.
Von bleibender Aktualität bleibt vor diesem Hintergrund der Pastoralbesuch von Benedikt XVI. Eigentlicher Anlass der Visite, die unter dem Motto "Auf Christus schauen" stand, war das 850-Jahr-Jubiläum des Marienwallfahrtsortes Mariazell. Dass der als Pilger- und Pastoralreise angelegte Besuch dennoch auch für politische Diskussionen sorgte, sollte bereits am ersten Tag sichtbar werden.
So sprach Papst Benedikt XVI. am Abend in der Hofburg vor Vertretern des öffentlichen Lebens und des Diplomatischen Corps u.a. das Thema des Lebensschutzes an. Für medialen Wellengang sorgte dabei seine Aussage, Abtreibung müsse weiterhin als "tiefe soziale Wunde" und im Rechtssystem als Unrecht deutlich benannt bleiben. Österreichische Medien legten dies als unmittelbare Kritik an der österreichischen Fristenregelung aus, so dass es einer eigenen Klarstellung P. Lombardis bedurfte.
Zuvor hatte der Papst ein stark beachtetes Zeichen gesetzt: In Stille gedachte Benedikt XVI. der österreichischen Opfer der Shoah beim Mahnmal auf dem Judenplatz gemeinsam mit Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, der das Kaddish-Gebet sprach.
Der zweite Tag der Reise stand ganz im Zeichen der Pilgerfahrt nach Mariazell. Bei strömendem Regen hatten sich rund 30.000 Gläubige vor und um die Basilika versammelt, um gemeinsam mit dem Papst und den österreichischen Bischöfen den Jubiläums-Gottesdienste zu feiern. In seiner Predigt unterstrich Benedikt XVI. die europäische Bedeutung Mariazells als "Ort des Friedens und der versöhnten Einheit". Und auch in Mariazell sprach er wieder ein zentrales Anliegen an: die Sorge angesichts eines wachsenden Relativismus, der einhergehe mit dem Verlust des Sensoriums für die Wahrheit.
Einen Hauch Europa ließ auch die liturgische Gestaltung des Tages in Mariazell spüren: So wurden die Lesungen, Antwortpsalmen und Fürbitten in unterschiedlichen mitteleuropäischen Sprachen gehalten. Am Ende des Gottesdienstes folgte ein Dank an die rund 30.000 ehrenamtlichen Pfarrgemeinderäte, die in der Kirche in Österreich ihren Dienst verrichten. Stellvertretend für sie sandte Benedikt XVI. damals 10 Pfarrgemeinderäte aus, damit sie die Apostelgeschichte durch ihr Leben und Zeugnis weiterschreiben mögen.
Dicht gedrängt präsentierte sich schließlich auch der letzte Tag des Besuchs: Benedikt XVI. feierte zunächst im Wiener Stephansdom einen Gottesdienst. Dabei rief er zur Unterstützung der "Allianz für den Sonntag" auf und erinnerte an den Wert und die Bedeutung des freien Sonntags. Ohne Liturgie werde dieser allerdings "zur leeren Zeit", so die Mahnung des Papstes. Die freie Zeit brauche "eine Mitte - die Begegnung mit dem, der unser Ursprung und Ziel ist".
Am Nachmittag besuchte Benedikt XVI. schließlich das Zisterzienserstift Heiligenkreuz im Wienerwald, wo er die Klöster und Stifte als "Oasen geistlicher Kraft" würdigte. An die Gläubigen appellierte er dabei: "Nehmt Eure Stifte und Klöster als das wahr, was sie sind und immer sein wollen: nicht nur Kultur- und Traditionsträger oder gar bloße Wirtschaftsbetriebe. Struktur, Organisation und Ökonomie sind auch in der Kirche notwendig, aber sie sind nicht das Wesentliche."
Die Mönche ermahnte er, das produktive Wechselspiel von Liturgie und Reflexion, von Gebet und intellektueller Reflexion weiter zu pflegen: "Wo die intellektuelle Dimension vernachlässigt wird, entsteht allzu leicht ein frömmlerisches Schwärmertum, das fast ausschließlich von Emotionen und Stimmungen lebt, die nicht das ganze Leben durchgetragen werden können. Und wo die spirituelle Dimension vernachlässigt wird, entsteht ein dünner Rationalismus, der aus seiner Kühle und Distanziertheit nie zu einer begeisterten Hingabe an Gott durchbrechen kann", so Benedikt XVI.
Zu einer Erneuerung einer "Kultur des Ehrenamtes" rief Benedikt XVI. - zurückgekehrt nach Wien - schließlich bei seiner Begegnung mit Ehrenamtlichen und Freiwilligen im Wiener Konzerthaus auf. Die Begegnung sollte zugleich den Schlussakkord seiner Österreichreise darstellen. Bei der Tätigkeit der Ehrenamtlichen und Freiwilligen gehe es nicht darum, "Löcher des Sozialnetzes zu stopfen", vielmehr stehe die Hinwendung zu den "Letzten" im Mittelpunkt, so der Papst.
Insgesamt haben damals mehr als 110.000 Gläubige trotz widrigen Wetters an den Feiern mit dem Papst teilgenommen, rund 1.700 Medienvertreter berichteten rund um die Uhr aus Österreich, und mehr als drei Millionen Zuseher verfolgten die Live-Übertragungen der Gottesdienste aus Mariazell und dem Stephansdom.
Begleitet wurde der Papstbesuch von Anfang an von heftigen Regenfällen. Sie verursachten schon bei der ersten Feier mit den Gläubigen bei der Kirche Am Hof in der Wiener Innenstadt eine Totalausfall der Technik. Regen und Überschwemmungen waren so stark, dass zeitweise sogar die Wallfahrt des Papstes nach Mariazell fraglich war. Dass dann letztlich doch das ganz Programm mit kleinen Änderungen stattfinden konnten, gab den drei Tagen auch wegen der Wetterkapriolen eine positiven Begleitmelodie.
Wenige Tage nach seiner Rückkehr zog der Benedikt XVI. selbst eine erste positive Bilanz seiner Österreichreise. Bei seiner Generalaudienz unterstrich er, dass in Wien und Mariazell die "lebendige, treue und vielfältige Wirklichkeit" der katholischen Kirche in Österreich sichtbar geworden sei.
Es sei eine Kirche, die wie Maria dazu berufen sei, "auf Christus zu schauen", aber auch eine Kirche des "großherzigen 'Ja zum Leben' in allen seinen Dimensionen", eine Kirche, die ihre zweitausendjährige Tradition im Dienst "einer Zukunft des Friedens und wahren Fortschritts" umsetze. Vor den Kardinälen und Bischöfen der vatikanischen Dikasterien sprach er abschließend von einer "wunderbaren Reise nach Österreich".