Vincenzo Paglia, ist katholischer Erzbischof, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben und Großkanzler des Päpstlichen Familien- und Eheinstituts Johannes Paul II.
Vincenzo Paglia, ist katholischer Erzbischof, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben und Großkanzler des Päpstlichen Familien- und Eheinstituts Johannes Paul II.
Präsident der Päpstlichen Lebensakademie kritisiert "klerikalen und auch bei Laien verbreiteten Paternalismus" in der Kirche, "der Frauen als nebengeordnet sieht".
Der vatikanische Kurienerzbischof Vincenzo Paglia hat zur Eindämmung von Gewalt gegen Frauen bessere Gesetze gefordert. "Angesichts der traurigen Realität von Gewalt gegen Frauen sind Gesetze und konkretes Handeln nötig", sagte er am Donnerstagabend, 23. November 2017 in Rom. Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben äußerte sich bei einer Diskussionsrunde zum Thema Frauen auf der Flucht vor Gewalt.
Die Kirche müsse helfen, ein diesbezüglich bestehendes "kulturelles und spirituelles Defizit" aufzuarbeiten. Noch viel zu oft herrsche - beispielsweise in der Werbung - ein Bild der Frau als Objekt vor, so Paglia. Den Preis dafür zahlten Frauen und Kinder. Gott habe jedoch Mann und Frau gleichermaßen die Menschheitsgeschichte anvertraut, betonte Paglia unter Verweis auf die biblische Schöpfungsgeschichte. Das gelte es ins Bewusstsein zu rufen.
Der Erzbischof forderte eine "kulturelle Revolution inner- und außerhalb der Kirche". Auch in den Bereichen Familie, Politik, Wirtschaft und Kultur müsse gegen falsche Frauenbilder vorgegangen werden. Paglia räumte ein, dass die Kirche "Frauen nicht immer genug Raum" gegeben habe. "Ein klerikaler und auch bei Laien verbreiteter Paternalismus, der Frauen als nebengeordnet sieht, muss enden", forderte er. Er sage diesbezüglich oft: "Mutter Teresa zählt mehr als 50 Kardinäle".
Hauptursache von Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen sind laut Paglia Egoismus und Individualismus: "Der Individualismus hebt die Familie aus den Angeln und auch ganze Nationen oder Parteien. Denn so verliert man das Allgemeinwohl aus dem Blick." Gewalt gegen Frauen sei deshalb ein Thema, das sinnbildlich "das Drama der Welt" widerspiegele. Die Lösung dieses Problems sei so letztlich auch "bedeutend, um die Probleme unseres Planeten zu lösen".
Die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl hatte die Diskussionsrunde aus Anlass des bevorstehenden Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November veranstaltet. Neben Paglia sprachen Vertreterinnen der Hilfsorganisationen Solwodi, European Women's Lobby sowie der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio. Karin Nordmeyer von UN Women Deutschland betonte, Männer und Frauen müssten gemeinsam für Frauenrechte kämpfen: "Wir wollen nicht ein Stück vom Kuchen, sondern einen anderen Kuchen". Es gehe nicht darum, dass Frauen Männern etwas wegnehmen wollten, sondern darum, gemeinsam etwas zu verändern.