Wandmalerei in der russisch-orthodoxen Kathedrale.
Wandmalerei in der russisch-orthodoxen Kathedrale.
Feierdatum am 6./7. Jänner ergibt sich aus unterschiedlichen Kalendern von West- und Ostkirchen.
In wenigen Tagen beginnen die großen orthodoxen und altorientalischen Weihnachtsfeiern. Das Fest, das am 6. und 7. Jänner 2018 gefeiert wird, begehen in Wien viele Menschen mit Migrationshintergrund auch im öffentlichen Raum - mit Märkten, mit traditionellen Bräuchen und mit Gesängen. Dies zieht auch viele Nichtorthodoxe an.
Allerdings feiern nicht alle orthodoxen Kirchen erst im Jänner: So haben die orthodoxen Kirchen von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien, Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Albanien und Finnland das Weihnachtsfest schon hinter sich. Es wird bei ihnen so wie im Westen am 24./25. Dezember gefeiert. Diese Ostkirchen, mit den Griechen an der Spitze, haben nämlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Gregorianischen Kalender übernommen.
Demgegenüber feiern etwa Serben und Russen das Fest noch nach dem östlichen (Julianischen) Kalender. Dieser hinkt seit der Kalenderreform des Jahres 1582 dem damals eingeführten westlichen Gregorianischen Kalender 13 Tage hinterher. Die orthodoxen, ukrainisch-unierten und koptischen Weihnachtsgottesdienste finden demnach am 6. Jänner (Heiliger Abend) und 7. Jänner (Christtag) statt. Wiederum etwas anders ist die Lage bei den Armeniern: Dort wird der Heilige Abend am 5. Jänner gefeiert und der Christtag am 6. Jänner.
In der Bundeshauptstadt feiern die großen Gemeinden der russisch-, ukrainisch-, serbisch- und arabischstämmigen Wiener in der Nacht von Samstag auf Sonntag u.a. in drei Domkirchen - der russisch-orthodoxen Nikolauskathedrale im 3. Bezirk, der serbisch-orthodoxen St.-Sava-Kathedrale im gleichen Bezirk und der koptisch-orthodoxen Marienkathedrale im 22. Bezirk - die Geburt Jesu. Das Weihnachtsdatum nach dem Julianischen Kalender gilt zudem in der äthiopisch-orthodoxen und syrisch-orthodoxen Kirche. Auch diese Kirchen stellen in Wien und Umgebung große Gemeinden, mit jeweils mehreren Tausend Gläubigen.
In der russischen Nikolauskathedrale in der Jauresgasse im 3. Bezirk wird das Weihnachtsfest mit der "Nachtwache des Heiligen Abends" am 6. Jänner um 17 Uhr eingeleitet. Um 24 Uhr leitet der vor einer Woche neu ernannte Administrator der Diözese von Wien und Österreich, Bischof Antonij Sewrjuk, die feierliche Nachtliturgie. Am 7. Jänner um 10 Uhr wird die "Liturgie zu Christi Geburt" gefeiert.
Die Nikolauskathedrale mit ihren eindrucksvollen Zwiebeltürmen wurde am 17. April 1899 geweiht. Ihr Name erinnert an den letzten Zaren, Nikolaus II. aus dem Hause Romanow, der von 1894 bis 1917 regierte und vor 100 Jahren - am 17. Juli 1918 - in Jekaterinburg von den Bolschewiki erschossen wurde. Die Nikolauskathedrale wurde damals der Obhut des neutralen Spanien unterstellt. 1924, als die Sowjetunion und Österreich diplomatische Beziehungen aufnahmen, wurde das Kirchengebäude der sowjetischen Botschaft angegliedert, allerdings diente es damals nur als Lagerraum. 1945 wurde jedoch die Kirche mit Unterstützung der sowjetischen Militärkommandantur wieder für die Gläubigen zugänglich, und vor 70 Jahren - 1948 - wurde durch die Rote Armee sogar eine neue Hauptglocke gestiftet.
Der neue russische Bischof in Wien, Antonij Sewrjuk stammt aus Twer, wo er am 12. Oktober 1984 geboren wurde. Er wird auch die Aufgaben eines russisch-orthodoxen Bischofs von Budapest und Ungarn wahrnehmen. Zudem ist er Vorsitzender der Verwaltung der Institutionen des Moskauer Patriarchats im Ausland.
Die serbisch-orthodoxe St.-Sava-Kathedrale wurde 1893 geweiht. Bischof Andrej Cilerdzic leitet dort am Samstag um 18 Uhr die Vesper, um 24 Uhr die Nachtliturgie sowie am Sonntag um 9.30 Uhr die Liturgie zur Geburt Christi. In der serbisch-orthodoxe Auferstehungskirche im 2. Bezirk (Engerthstraße 160) stimmen die Gottesdienstzeiten mit St. Sava überein. Vor der Auferstehungskirche findet ab Samstagnachmittag der traditionelle Südosteuropäische Weihnachtsmarkt statt, der auch für viele Nichtserben eine große Attraktion darstellt. Die "Standln" bleiben bis Sonntag 2 Uhr früh geöffnet, die Engerthsstraße wird aus diesem Grund zum Teil gesperrt.
Wiens koptische Gemeinde feiert Weihnachten am 6. Jänner um 18 Uhr in der 2004 geweihten Kathedrale in der Donaustädter Quadenstraße. Der in Wien residierende Mitteleuropa-Bischof Gabriel wird die mehrstündige Liturgie leiten.
Weltweit zweitgrößte Kirche mit Julianischem Kalender ist - nach der russischen Orthodoxie - die äthiopisch-orthodoxe Kirche. Sie zählt zu den altorientalischen Kirchen und blickt auf eine fast 2.000-jährige Tradition zurück. 1999 stellte die Pfarre Schwechat den Tausenden in Wien lebenden Äthiopiern und Eritreern eine wenig benutzte katholische Kirche für ihre Gottesdienste zur Verfügung. Es handelt sich um die Kirche Kleinschwechat wenige Hundert Meter außerhalb der Stadtgrenze von Wien. Hier feiern die orthodoxen Äthiopier am 7. Jänner, 8 Uhr, ihre Weihnachtsliturgie. Die Liturgie ist koptischen Ursprungs und von der syrischen Tradition beeinflusst. Bis vor kurzem war das antike Geez Liturgiesprache, heute wird bei den Gottesdiensten meist das moderne Amharisch verwendet.
Die armenisch-apostolische Kirche St. Hripsime im 3. Bezirk, Kolonitzgasse 11, wurde vor 50 Jahren - am 21. April 1968 - geweiht. Bischofsvikar Tiran Petrosyan leitet am 5. Jänner, 17 Uhr, und am 6. Jänner, 11 Uhr, die weihnachtlichen Liturgien. Derzeit leben in Österreich an die 4.500 Armenier, rund 3.000 davon in Wien. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl stark angewachsen. Um 1960 bestand die armenische Gemeinde in Wien aus zirka 350 Mitgliedern. Bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung kamen ab den 1970er-Jahren viele armenische Arbeitskräfte aus der Türkei nach Österreich. Der Bürgerkrieg im Libanon und die islamische Revolution im Iran brachten einen weiteren Zuzug von Armeniern aus diesen Ländern nach Österreich und vor allem nach Wien.
Eine wichtige Kirche mit Julianischem Kalender ist auch die ukrainische griechisch-katholische Pfarre St. Barbara in der Postgasse im 1. Bezirk. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 übergab Maria Theresia das Gebäude als Seminar der griechisch-katholischen Kirche, da mehrere Länder der Monarchie, besonders Galizien, zahlreiche Gläubige dieser Kirche aufwiesen. Daraus entstand 1784 die erste unierte ukrainische Pfarre außerhalb der Ukraine.
In St. Barbara wird am 6. Jänner, 18 Uhr, die Große Weihnachtsandacht gefeiert. Am 7. Jänner folgen um 9.30 Uhr und 12 Uhr Liturgien zum Fest der Geburt des Herrn.
Die griechisch-orthodoxe Diözese Wien feiert am Mittwoch, 6. Jänner, 9 Uhr, in der Kathedrale am Fleischmarkt hingegen nicht das Weihnachtsfest, sondern das Fest der Heiligen Theophanie. Nach dem Gottesdienst findet die spektakuläre "Große Wasserweihe" mit Metropolit Arsenios (Kardamakis) am Donaukanal statt.
Die Gesamtzahl der Gläubigen der orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich wird auf rund 490.000 geschätzt. Genaue Zahlen gibt es seit 2001 nicht mehr. Dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel (griechisch-orthodox) gehören etwa 35.000 Gläubige an, der russisch-orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) rund 40.000. Die meisten orthodoxen Gläubigen in Österreich zählt mit 260.000 die serbisch-orthodoxe Kirche. Zur rumänisch-orthodoxen und bulgarisch-orthodoxen Kirche gehören jeweils rund 40.000 Gläubige.
Die koptisch-orthodoxe, syrisch-orthodoxe und armenisch-apostolische Kirche zählen jeweils rund 10.000 Mitglieder. Der Rest auf 490.000 ist noch schwieriger zuzuordnen. Dazu zählen beispielsweise Gläubige der antiochenischen, georgisch-orthodoxen Kirche, indisch-orthodoxen oder äthiopischen Kirche. Wiewohl die große Mehrheit der orthodoxen und altorientalischen Christen im Großraum Wien lebt, gibt es doch auch in den Bundesländern inzwischen viele lebendige Gemeinden.
Die Stiftung "Pro Oriente" verweist diesbezüglich immer wieder darauf, dass es viele orthodoxe Menschen auf Grund der Erfahrungen in früher kommunistisch beherrschten oder immer noch islamisch dominierten Ländern vorziehen würden, auch unter den veränderten Bedingungen im freien Österreich ihr Religionsbekenntnis nicht zu dokumentieren.