Gentechniker Dotto: Kirche sollte angemessene Genforschung fördern

Jesus heilte Leprakranke, ließ Gelähmte wieder laufen und Blinde sehen. Er tat das selbst unter Missachtung der Sabbatgesetze wie auch der Naturgesetze. Warum sollte die Kirche Jesus sich nicht zum Vorbild nehmen, auch wenn es um Gentechnik geht? Mit dieser Vorbemerkung leitet der italienische Genetiker, Biochemiker und Mediziner Gian-Paolo Dotto seinen Gastbeitrag für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" am Sonntag, 28. Jänner 2018 ein. Sein Anlass: Die Publikationen samt Aufregungen um das jüngste Klonexperiment an Javaneraffen in China.

Dem Bericht einer Fachzeitschrift zufolge, war es chinesischen Forschern erstmals gelungen, Affen nach der "Dolly-Methode" zu klonen. Zwei Javaneraffen hätten mindestens die ersten 40 Tage überlebt, schreiben die Forscher. 1996 war in Schottland das erste Säugetier erfolgreich geklont worden, das Klonschaf Dolly. Dotto nimmt dazu eine differenzierte Haltung ein: Er kritisiert vor allem den unnötigen Wirbel um ein Experiment, das keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gebracht habe. Gleichzeitig wirbt er dafür, dass die Kirche zu einer "Förderin innovativer Forschungen" werden könne.

Die Tatsache, dass beim Klonen zwei genetisch identische Lebewesen geschaffen werden, hält Dotto für nicht verwerflich. Das gebe bereits bei eineiigen Zwillingen. Wie diese so wären auch geklonte Menschen zwei Wesen mit je eigener Persönlichkeit und Würde, allein charakterlich schon verschieden. Allerdings hält Dotto es gegenwärtig für nahezu unmöglich, dass Menschen geklont werden.

Andere Aspekte des Klonens hält er indes für gefährlicher: Leihmutterschaft und Organhandel. Die bereits heute weit verbreitete Leihmutterschaft, bei der eine Frau nur ihre Gebärmutter zur Verfügung stellt, um eine fremde Zygote auszutragen, reduziere Mutterschaft auf eine Geschäftsbeziehung allein bestimmt durch Zeit und Geld. Das zweite Problem mache Organe zu bloßen Bauteilen, die für einen bestimmten Preis gegen Ersatzteile ausgetauscht werden können. Die geschehe heute schon zum großen Schaden vor allem armer Menschen.

Weiterhin kritisiert Dotto die mediale Aufregung um die Tatsache, dass Affen geklont worden seien. Wissenschaftlich habe dies keine neuen Erkenntnisse gebracht, schreibt unter der Überschrift "Eine Nachricht, die neu einzuordnen ist". So sei zu fragen, wer dieses Experiment warum so bekanntgemacht habe. Die Gründe für die mediale Verbreitung seien genauso kritisch zu hinterfragen, wie die Entscheidungen für das Experiment selbst.

Dass dazu die Wahl auf Affen fiel, sei deshalb so interessant und gleichzeitig ethisch problematisch, weil es um Lebewesen geht, die dem Menschen sehr ähnlich sind. "Im Kern", so Dotto, "geht es ums Gehirn", das auf den Körper und das Verhalten großen Einfluss habe. Nicht ohne Grund seien in USA bisher Experimente an Menschenaffen verboten. Gleichwohl bleibe die biomedizinische Forschung an niederen Primaten "unverzichtbar" für die Erforschung bestimmter Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson.

Der Artikel in der Fachzeitschrift schildere eine effiziente Methode, genetisch identische Affen zu produzieren. Für die pharmakologische Forschung sei die besonders wichtig, weil die Wirkung bestimmter Medikamente oder kleiner gentechnischer Eingriffe sehr stark vom Genom des Testlebewesens oder später des Patienten abhänge. Dies, so Dotto, sei keineswegs zweitrangig. Die aufwendigen und teuren Forschungen der letzten Jahre, die auf eine individuell zugeschnittene Behandlung ("personalised medicine") zielten, hätten bislang kaum Ergebnisse geliefert, die auf Menschen anwendbar sind.

So sei noch viel Forschung nötig, um mit gezielten genetischen Veränderungen menschliche Körperzellen zu behandeln oder sie in Stammzellen zu verwandeln, mit denen ganze Gewebe oder Organe ersetzt werden könnten. "Wer weiß", schließt der Gentechniker, "ob nicht die Kirche (...) zu einer Förderin dieser innovativen Forschungen werden könnte, die zwar für keinen Wirbel in Medien sorgten, aber konkrete Hoffnungen bergen, damit die Lahmen gehen und die Blinden sehen können."