Die Juristen-Messe findet seit Fertigstellung des Kirchengebäudes seit Beginn der 70er-Jahre regelmäßig einmal im Jahr in der Thomas Morus-Kirche auf dem Schafberg statt und war nur kurzzeitig für wenige Jahre unterbrochen.
Die Juristen-Messe findet seit Fertigstellung des Kirchengebäudes seit Beginn der 70er-Jahre regelmäßig einmal im Jahr in der Thomas Morus-Kirche auf dem Schafberg statt und war nur kurzzeitig für wenige Jahre unterbrochen.
Bei der Juristen-Messe in der Wiener Schafberg-Kirche am 27. Juni erinnerte Kardinal Christoph Schönborn an das „innerste Gesetz“, das den Menschen zu rechtem Tun anleite. Dieses Gesetz gelte es wiederzuentdecken. Was zwei Rechtsanwälte über die Rolle des Gewissens sagen.
„Die Thomas Morus-Kirche am Schafberg ist erbaut worden für die Bewohner des Schafbergs und für die Rechtsgelehrten dieser Stadt“, sagte der Dornbacher Pfarrer Wolfgang Kimmel in seiner Begrüßung zu Beginn der Eucharistiefeier. „Wir wollen Gott danken für den Rechtsstaat Österreich und ihn bitten, dass Recht und Wahrheit in Europa bestimmend bleiben“, sagte Kimmel.
Die Juristen-Messe findet seit Fertigstellung des Kirchengebäudes seit Beginn der 70er-Jahre regelmäßig einmal im Jahr in der Thomas Morus-Kirche auf dem Schafberg statt und war nur kurzzeitig für wenige Jahre unterbrochen.
In seiner Predigt erinnerte Kardinal Christoph Schönborn an das wiederentdeckte Gesetzbuch, das zur Zeit des Königs Joschija im Tempel aufgefunden worden war (Zweites Buch der Könige, Kapitel 22). „Die Tora ist das Grundgesetz der Welt. Wer die Tora lebt, ist in Harmonie mit Gott und der Schöpfung“, sagte der Erzbischof. Und: „Es fehlt uns Simchat Tora, das Fest der Tora-Freude, im Christentum“, bedauerte Kardinal Schönborn.
Das Judentum feiert dieses Fest der Freude über die gottgegebene Weisung Gottes bis heute mit Tanz an diesem Tag.
Im Evangelium gehe es dann um die „Auseinandersetzung um das Herz des Gesetzes“. Auf die Frage eines Schriftgelehrten nach dem wichtigsten Gebot habe Jesus die Gottes- und Nächstenliebe genannt. „Die Liebe braucht aber auch Details, darum ist die Auslegung des Gesetzes eine große Aufgabe“, sagte der Erzbischof zu den versammelten Juristinnen und Juristen. Er habe als Kind beim Nachbar-Tischler „ein Brett gestohlen“ und dann panisch befürchtet, dass man ihm da draufkommt, gestand Schönborn. „Ich bin dann zurückgelaufen und habe das Brett wieder zurückgebracht.“
Er zitierte den römischen Philosophen und Staatsmann Cicero, wonach ein inneres Gesetz den Menschen anleite: „Dieses innerste Gesetz ist in den Zehn Geboten zusammengefasst.“ Es gebe „ein Grundwissen im Herzen, was richtig und was falsch ist“, so Schönborn. Aufgrund seines Gewissens wusste Thomas Morus, dass er Widerstand gegen die überzogenen Ansprüche seines Königs leisten musste. Thomas von Aquin habe die Tugend der Gerechtigkeit entfaltet. Es braucht keine Compliance bzw. Beteuerungen von Regeltreue in Form freiwilliger Kodizes in Unternehmen, „wenn es ein Gespür für die Gerechtigkeit, für die Klugheit und für das Maßhalten gibt“, sagte unser Kardinal. Er lud dazu ein, dieses dem Menschen innewohnende „innerste Gesetz wiederzuentdecken“.
Bei der Juristen-Messe standen zwei englische Heilige im Mittelpunkt: „‚Gewalt und Macht gehen niemals vor Recht und Wahrheit‘ – diese Worte des Märtyrers Thomas Morus stehen als christlicher Anspruch an alle, die auch heute den Rechtsstaat gestalten“, erläuterte der neue Obmann des Komitees der Juristen-Messe, Univ.-Prof. Gerhart Holzinger (Präsident des Verfassungs-Gerichtshofes/VfGH von 2008 bis 2017). Im Jahre 1535 hatte der englische Lordkanzler Thomas Morus den Eid auf die neue Verfassung verweigert, die König Heinrich VIII. anstelle des Papstes zum Oberhaupt der Kirche machen sollte. Deshalb wurden er und sein Gefährte, Bischof John Fisher von Rochester, noch im selben Jahr hingerichtet. 1935 wurden die beiden Engländer heiliggesprochen.
Zwei Rechtsanwälte, die die Juristen-Messe mitgefeiert haben, sagten auf die Frage nach der Rolle des Gewissens in ihrem Handeln und Tun.
„Gemäß § 9 Rechtsanwaltsordnung (RAO) ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten und er ist dazu befugt, alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten“, sagt Rechtsanwalt Klaus Kabelka.
Wenn der Gesetzgeber dabei von „seinem Gewissen" spricht, dann meint er laut Judikatur (RS0120386) nicht irgendein allenfalls durchschnittliches Gewissen, sondern das durch den Gesetzgeber selbst beschriebene anwaltliche Gewissen, ein Gewissen, das hohen berufsethischen Grundsätzen verpflichtet ist. Auf dem Prüfstand befinden sich „anwaltliches“ Gewissen und „hohe berufsethische Grundsätze“ im Einzelfall wohl insbesondere dann, wenn sie mit Eifer und Treue oder mit Auftrag und Gesetz in Konkurrenz gerät.
Kabelka: „In einem solchen Fall stellt sich mir die Frage, ob Handeln nach seinem (anwaltlichen) Gewissen und Handeln orientiert an (berufs-)ethischen Grundsätzen vollkommen getrennt von Weltanschauung und Religion beurteilt werden kann.“
„Die Ausbildung des Gewissens nach einem christlichen Leitbild verhilft in der täglichen Praxis zu einer besseren Unterscheidung in jedem einzelnen Fall, eine gerechte Lösung zu finden. Auch bei der Rechtsdurchsetzung bedarf es des Augenmaßes, da nicht jede dem eingeräumten rechtlichen Anspruch entsprechende Entscheidung auch tatsächlich dann die Interessen der eigenen Mandantschaft widerspiegelt“, sagt Rechtsanwalt Wolfgang Ruckenbauer, Mitglied des Komitees der Juristen-Messe:
„Dass im Gegenzug durch Beachtung der Würde des Gegenübers und dem grundlegenden Anspruch der Achtung des Nächsten auch oftmals eine beiderseitige Gewinnsituation geschaffen werden kann, ist durchaus einer von christlichem Denken geprägten Einstellung zu verdanken. Die Worte von Kardinal Christoph Schönborn in seiner Homilie, dass Juristen auch an die Gerechtigkeit denken sollen, waren dafür eine wohltuende bestätigende Aufforderung.“
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