Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner predigte am Samstag, 8. September 2018 bei der Maria-Namen-Feier im Stephansdom.
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner predigte am Samstag, 8. September 2018 bei der Maria-Namen-Feier im Stephansdom.
Publizist Nussbaumer: Mut und Demut gehören zum Kern christlichen Glaubens.
Ein lebendiger Glaube braucht Wachsamkeit, Demut und Opferbereitschaft und in all dem ist Maria ein Vorbild. Diesen Gedanken stellte Erzbischof Franz Lackner bei seiner Predigt in das Zentrum der Maria-Namen-Feier am Samstagnachmittag, 8. September 2018 im Wiener Stephansdom. "Frieden retten" - so lautet das Motto der diesjährigen Feier, die von der Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft (RSK) bereits seit Jahrzehnten in Wien veranstaltet wird und in Verbindung mit dem kirchlichen Maria-Namen-Fest (12. September) an die Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung (12.9.1683) erinnert.
"Glauben gibt es nicht als ungedeckten Scheck, sondern er muss in kleinen Münzen abgegolten werden", sagte der Salzburger Erzbischof, der gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn als Schirmherr der Gebetsgemeinschaft fungiert. Der "Großglaube an die Auferstehung am Ende der Zeiten" brauche die alltäglichen kleinen Schritte des Glaubens und die Bereitschaft zum Opfer und zur Hingabe. "Manche sterben für ihren Glauben", sagte Lackner und verwies dabei auf die kürzliche Seligsprechung der slowakischen Märtyrerin Anna Kolesarova. Ihre Überzeugung, für die Keuschheit sogar den Tod in Kauf zu nehmen, sei ein "Zeugnis gegen eine vergessene Wahrheit".
Vorbild im Glauben und im Beten sei Maria schlechthin, hielt der Erzbischof fest. Zu diesem Glaube gehöre auch, dass nicht immer alles verstanden werde. Die heute gängige Haltung, wonach nur das geglaubt werde, was verstanden werde, sei letztlich eine Form von Gnosis und somit eine Irrlehre, so Lackner unter Bezugnahme auf den Papst. Vielmehr brauche es im Glauben "eine betrachtende und auf Gott hinhörende Haltung". Diese Demut könne man von der Mutter des Herrn lernen, von der es im Evangelium heißt: "Maria bewahrte alles im Herzen und dachte darüber nach". In dieser Haltung sollten Gläubige den Rosenkranz betrachtend beten, führte Lackner weiter aus und betonte: "Unser Land hat lange vom Gebetsschatz des Rosenkranz-Sühnekreuzzug in Frieden leben können".
Am Beginn der Feier begrüßte der geistliche Leiter der Gebetsgemeinschaft, Pater Benno Mikocki, neben Erzbischof Lackner den St. Pöltner Bischof Alois Schwarz sowie die zahlreichen Gläubigen im vollen Stephansdom, unter ihnen den Präsidenten des Katholischen Laienrats, Wolfgang Rank. Eigens willkommen geheißen wurden Gruppen der Gebetsgemeinschaft, die aus Tschechien, Deutschland und mit der Eisenstädter Kirchenzeitung "Martinus" zur Feier gekommen waren.
In einer offiziellen Botschaft an die Gläubigen bekundete Papst Franziskus seine innere Teilnahme am Gebet für den Frieden und bezog sich dabei auf das Motto der diesjährigen Maria-Namen-Feier: "Frieden retten". Dabei gehe es gegen die Friedlosigkeit im eigenen Herzen und die daraus resultierenden Folgen bis hin zu Krieg, den vielfältigen Formen von Ausbeutung und der Zerstörung der Schöpfung entschieden anzugehen. "Kämpfen wir auch mit den geistlichen Waffen des Gebets und der Sühne", so Papst Franziskus in der von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gezeichneten Botschaft, die mit dem apostolischen Segen für die Mitfeiernden schloss.
"Mutig und demütig zugleich war Maria" und dieser scheinbare Widerspruch sei ein "Kerngedanke christlichen Lebens". Das betonte im ersten Teil der Feier der katholische Publizist Prof. Heinz Nussbaumer in einem persönlichen Zeugnis, der auf die Tücken und subtilen Zwänge auch einer freien, liberalen Gesellschaft verwies. Es sei eine Zeit "in der alles gleich gültig zu sein scheint" und man daher permanent Gefahr laufe, "selbst gleichgültig zu werden". Deshalb "müssten wir mutiger sein im Bekenntnis zu dem, was uns als Christen wichtig und heilig ist", so der jetzige Herausgeber der "Furche" und langjährige Journalist.
Er sei "davon überzeugt, dass sich jeder freiheitlich-säkulare Staat glücklich schätzen darf, wenn er auf die aktive Mitwirkung engagierter Christen zählen kann", betonte Nussbaumer. Christen würden ein Menschenbild bewahren und vertreten, "auf das die staatliche Ordnung nicht verzichten kann". Ihr Einsatz für mehr Mitmenschlichkeit, in den Rändern der Gesellschaft und in den Pfarren, die "unersetzliche Kleinkraftwerke der Nächstenhilfe" seien, würden das belegen. Von daher mute es seltsam an, dass das zentrale Motiv des christlichen Engagements "zumeist seltsam blass und leise geworden" sei. Dies müsse nicht so sein, denn der christliche Glaube "ist keine Geheimbotschaft". Von daher plädierte Nussbaumer für "Mut zum Wesentlichen". Aus eigener Erfahrung könne er sagen, dass es dafür eine latente Sehnsucht unter den Menschen gebe, und dass es an überzeugten Christen liege, darauf einzugehen.
Zugleich plädierte der frühere Sprecher zweier Bundespräsidenten für Demut, die "nicht gerade ein Modewort in unserer Zeit" und als Tugend in den Abwind geraten sei. Richtig verstandene Demut bedeute nicht Kriecherei oder Unterwerfung, sondern vielmehr den "nie beendeten Kampf gegen unser listenreiches 'Ich', das uns schon so oft in die Katastrophe geführt hat". "Alles steht und fällt mit der Demut", zitierte Nussbauer orthodoxe Mönche vom Berg Athos, und sagte über sie: "Für sie ist das Beugen vor ihrem Gott auch, seine Schöpfung zu schützen - und so den Frieden auf Erden zu fördern - im Kleinen wie auch im Großen."
Für Mut und Demut stehe Maria, die auch "eine zarte und doch enorm tragfähige Brücke zwischen Konfessionen und Religionen" sei. Wer heute Ausschau nach Gemeinsamkeiten mit dem Islam suche, stoße dabei auf Maria, die laut Koran als "Maryam", "ihre Jungfräulichkeit bewahrt hat" und "das große Vorbild für alle islamischen Frauen" sei, so Nussbaumer.
Seit 1958 wird die Maria-Namen-Feier in Wien abgehalten, organisiert von der Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft, die 1947 vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründet wurde. Schauplatz war über viele Jahre die Wiener Stadthalle, seit 2011 ist es der Stephansdom. Rund 700.000 Mitglieder aus mehr als 130 Ländern gehören zur Gebetsgemeinschaft, die die Zeitschrift "Betendes Volk" herausgibt.
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