Am 24. März 1980 wurde Oscar Romero während eines Gottesdienstes in San Salvador erschossen.
Am 24. März 1980 wurde Oscar Romero während eines Gottesdienstes in San Salvador erschossen.
1980 wurde Erzbischof Oscar Romero während eines Gottesdienstes ermordet. Nun wird er von Papst Franziskus in die große Schar der Heiligen aufgenommen. Die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreich, Magdalena Holztrattner, erläutert die höchst aktuelle soziale Botschaft und den gläubigen Einsatz dieses Märtyrers.
Papst Franziskus leitet am 14. Oktober auf dem Petersplatz die Heiligsprechungsmesse für sieben Männer und Frauen, darunter Papst Paul VI. und Erzbischof Oscar Romero.
Die Feier findet mitten während der Bischofssynode statt. Weil die Synode das Thema „Jugend“ behandelt, ist auch ein mit 19 Jahren verstorbener junger Italiener, der im Ruf der Heiligkeit gestorben war, unter den Heiligen. Es handelt sich um den in seiner Heimatregion Abruzzen hoch verehrten Nunzio Sulprizio. Die weiteren neuen Heiligen sind Francesco Spinelli, Vincenzo Romano, Maria Katharina Kasper und Nazaria March Mesa. Besonders bekannt unter den neuen Heiligen sind Papst Paul VI. und Erzbischof Oscar Romero.
Wir fragten die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreich (KSÖ), Magdalena Holztrattner, nach der Bedeutung dieses Märtyrer-Bischofs für unsere Zeit.
Oscar Romero hatte das eine Ohr beim Evangelium und das andere bei den Armen seines Landes“, sagt Holztrattner: „Aus seiner konkreten Nähe mit den Armen hat er sehr bald verstanden, dass die Ursachen für Armut in wirtschaftlichen und politischen Strukturen liegen.“ Diese Ungerechtigkeiten – Papst Johannes Paul II. hat sie „strukturelle Sünde“ bezeichnet – hat Romero beim Namen benannt und kritisiert. „Dabei sprach und lebte er ganz im Einklang mit Jesus von Nazareth und den ProphetInnen des Ersten Testaments“, unterstreicht Holztrattner: „Als Stimme der Stimmlosen wusste er, dass er damit Widerstand, ja seine Ermordung riskierte – denn wer an Götzen wie Geld und Macht und Gier rührt, der lebt gefährlich.“
Wofür die nunmehrige Heiligsprechung des „Bischofs der Armen“ steht? „Genau dafür, wofür er gelebt hat“, betont die KSÖ-Direktorin: „Als Bischof der Armen hat er den Armen die frohe, freimachende, erlösende Botschaft Jesu von einem Gott gebracht, der/die alle Menschen liebt, besonders aber die armen, ausgegrenzten und ausgebeuteten Menschen.“ „Wenn sie mich umbringen, werde ich im Volk von El Salvador auferstehen“ hatte Romero vorhergesagt.
„Sie haben ihn umgebracht – so wie sie Jesus von Nazareth umgebracht haben“, betont Holztrattner: „Und wie Jesus in Jerusalem – und für die ganze Welt – auferstanden ist, weil seien Botschaft im Denken, Fühlen, Reden und Tun vieler Menschen weiter wirkt, so ist Oscar Romero schon lange in seinem Volk auferstanden, weil viele Menschen über ihr Denken, Fühlen, Reden und Tun das Wirken Oscar Romeros weiter lebendig halten.“ Mit der Heiligsprechung wird nun für alle Christinnen und Christen der ganzen Welt bestätigt: „Sein Einsatz für die Armen und für Gerechtigkeit ist ein Vorbild für alle Gläubigen dieser Welt.“
Romeros Botschaft für Lateinamerika und die Weltkirche fasst Holztrattner so zusammen: „Die Ehre Gottes ist der Arme, der lebt“ – ist einer der zentralen Sätze Oscar Romeros. „Gott zu loben, Gottes-Dienst zu feiern und Gottes Botschaft lebendig werden zu lassen, hat wesentlich damit zu tun, Menschen, die unter materieller Armut, politischer Unterdrückung, wirtschaftlicher Ausbeutung und sozialer Ausschließung leiden, die bedingungslose Liebe Gottes zu allen Menschen konkret erfahrbar zu machen – in gerechten Strukturen und menschenfreundlichen Gesetzen, einem starken Sozialstaat und dem Schutz der Menschenrechte!“ Ihr Resümee: „Denn soziale, politisch und wirtschaftliche Gerechtigkeit sind heute weder weltweit, noch in Lateinamerika, aber zu oft auch in Europa keine Selbstverständlichkeit.“
„Oscar Romero würde sich heute genauso gegen die Kürzung der Mindestsicherung in einem reichen Land wie Österreich einsetzen, wie gegen sklavenähnliche Zustände in den Treibhäusern Südeuropas, wie gegen die wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten des globalen Nordens gegenüber dem globalen Süden“, zählt Holztrattner auf: „Oscar Romero würde sich aber heute auch stark machen, unsere Mutter Erde zu schützen, denn sie nährt uns und erhält uns – und wer sich an ihr vergreift, vergreift sich an der Schöpfung Gottes, wer sie verschmutzt und vergiftet, verschmutzt und vergiftet unser aller Lebensgrundlage.“
Ob Romero ein Bischof ist, wie ihn sich Papst Franziskus wünscht? „Papst Franziskus wünscht sich ,eine arme Kirche der Armen’. Damit steht er ganz in der Tradition von Oscar Romero. Und von Jesus von Nazareth.“ Dass Papst Franziskus den ermordeten Erzbischof von San Salvador persönlich heiligspricht, zeugt von der Wichtigkeit, die dieser Bischof „vom Ende der Welt“ für den Papst „vom Ende der Welt“ hat: Ein großes Vorbild im Glauben an diesen Gott des Lebens, von dem Jesus Christus Zeugnis abgelegt hat.
Welche Bedeutung das Wirken des nunmehr heiligen Erzbischofs Oscar Romero für die Arbeit der Katholischen Sozialakademie Österreich (KSÖ) hat? Magdalena Holztrattner bringt das so auf den Punkt: „Oscar Romero ist, wie Papst Franziskus, Rückenwind für die Katholische Sozialakademie, weil er uns ermutigt, vom Evangelium bewegt, mutig, deutlich und prophetisch aufzutreten für eine menschliche Gesellschaft, für gerechte politische Strukturen, für sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, für einen starken Sozialstaat und den achtsamen, enkeltauglichen Umgang mit unserer Mitwelt - weil wir alle Geschwister und füreinander verantwortlich sind.“