In Gänserndorf wurde der weltweit erste Park + Pray-Parkplatz eröffnet.
In Gänserndorf wurde der weltweit erste Park + Pray-Parkplatz eröffnet.
Für ein paar Minuten einkehren, Stille suchen und den Alltag hinter sich lassen. Das Projekt Park + Pray richtet sich gezielt an jene, die mit dem Fahrrad oder dem Auto an einer Kirche vorbeieilen und für ein kurzes Gebet hier innehalten wollen.
Ein warmer Spätsommertag im September liegt über Neu-Guntramsdorf in Niederösterreich. Die Kirchenglocken läuten. Sie begleiten den Ausklang des Festgottesdienstes anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Pfarre.
Hunderte Gläubige strömen aus der Pfarrkirche „hl. Josef der Arbeiter“ und sammeln sich auf dem Vorplatz. Gespannt warten sie hier auf das weitere Geschehen und blicken erwartungsvoll zum neuen Fahrradständer, der zwischen Kirche und Gemeindezentrum aufgestellt wurde.
Nichts Ungewöhnliches möchte man auf den ersten Blick meinen; doch dahinter verbirgt sich mehr als nur ein gewöhnlicher Fahrradabstellplatz. Hier ist jetzt ein neuer Standort von „Park + Pray“ – deutlich sichtbar an der blauen Tafel mit dem weißen Schriftzug und einigen Drahteseln, die hier ihre Besitzer bereits vor dem Festgottesdienst abgestellt haben.
„Park + Pray“ - Fahrrad anhängen und beim Herrn abhängen - heißt es hier“, sagt Weihbischof Franz Scharl, während er mit dem Vizebürgermeister Nikolaus Brenner den neuen-Fahrradparkplatz eröffnet. „Beim Herrn entspannen – das ist der Sinn der Übung“, erklärte der Bischof der zahlreich versammelten Festgemeinde. Er kann dieser neuen Rad-Initiative sehr viel Positives abgewinnen.
„Als Bürgermeister und Landtagsabgeordneter kommt man oft in den Genuss etwas zu eröffnen“, meint etwa René Lobner, Bürgermeister von Gänserndorf. Ihn freut es besonders, dass es hier der erste weltweit sei. „Das passt gut zu unserer schnell wachsenden Stadt“, sagt er überzeugt.
Ja, Gemeindepolitiker waren bei den bisherigen Eröffnungen immer gerne dabei, berichtet Niki Haselsteiner, Verantwortlicher für das Projekt „Park + Pray“ der Erzdiözese Wien.
Was hat es mit „Park + Pray“ auf sich, fragen wir Haselsteiner? „Egal, ob am Weg zum Einkauf, von der Arbeit nach Hause oder einfach nur auf der Durchreise - der Park + Pray-Parkplatz ermöglicht es, einen Stopp bei der Kirche zu machen und darin die Seele neu aufzutanken“, sagt Niki Haselsteiner. „Einfach Auto oder Fahrrad abstellen, hineingehen und beten.“
Begeistert erzählt er vom rasch wachsenden Netzwerk an Standorten in Wien und Niederösterreich - mittlerweile sind es acht. Beinahe wöchentlich kommen weitere hinzu. Niki Haselsteiner war bei fast allen „Park + Pray“- Eröffnungen dabei. Die Rückmeldungen aus den Pfarren waren und sind sehr positiv, freut er sich.
Hinter dem Park + Pray-Projekt steht die Initiative „Offene Kirchen“. Pfarren sollen ihre Türen für Gläubige und Besucher öffnen bzw. offen halten, erklärt Niki Haselsteiner.
Er berät sie nicht nur zu Park+Pray sondern auch zu Einzelprojekten – wie etwa der Beleuchtung der Kirche oder der Gestaltung des Eingangsbereichs. Ziel soll es sein, dass mehr Menschen in die Kirche kommen und hier auch bleiben.
Jedes dieser Teilprojekte der „Offenen Kirche“ hat einen Heiligen im Himmel als speziellen Patron.
„Park + Pray“ wurde dem Seligen Ladislaus Batthyány-Strattmann anvertraut. Der fromme Arzt, der arme Menschen kostenlos behandelte, war gerne mit seinem Auto im Burgenland und in Niederösterreich unterwegs, erzählt Niki Haselsteiner. Dieses reparierte er auch selber.
Kommen heute mehr Gläubige dank „Park + Pray“ in die Pfarrkirche von Gänserndorf? „Ich sitze nicht vor der Kirche und zähle sie“, schmunzelt Pfarrer Helmut Klauninger. „Wir beobachten aber, dass seit der Eröffnung mehr rote Opferkerzen brennen.“ Er führt das auf den neuen Abstellplatz neben der Kirche zurück.
„Wir wollen Menschen zum Beten einladen, aber viele wissen gar nicht mehr, wie es geht“, erzählt Pfarrer Helmut Klauninger. Er bietet gleich konkrete Hilfe an: „Ich habe ein kurzes Tutorial-Video aufgenommen, wie das mit dem Beten gehen könnte.“ Dieses ist unter www.tankstille.at abrufbar.
Bald soll in der Straße ein zusätzliches Schild auf einen Park + Pray-Auto-Parkplatz hinweisen. „Weil viele Gläubige bei uns mit dem Auto unterwegs sind“, erklärt Helmut Klauninger.
Pater Martin Glechner, Pfarrer in Schwarzau, wünscht sich, dass Menschen „nicht auf Gott vergessen“ und nun „öfters in sein Haus kommen, um Segen und Kraft zu empfangen.“ Park+Pray könne sie dazu motivieren.
„Wir sehen, dass hier nicht wenige mit dem Rad unterwegs, sind“, betont Weihbischof Franz Scharl und zeigt auf den neuen Standplatz. „Es ist gut, wenn man die Räder, segnet.“
Aber am schönsten sei es für ihn, wenn er auch deren Besitzer mitsegnet. „Mein Rad steht heute auch hier“, strahlt Diakon Andreas Frank. Er möchte seiner Pfarrgemeinde mit gutem Beispiel „voranfahren“ und auch andere im Ort dazu motivieren, nicht nur in die Sonntagsmesse mit dem Rad zu kommen.
„Wenn ich mit dem Rad in Neu-Guntramsdorf unterwegs bin, nehme ich auch meine Umgebung anders wahr“, findet er. Das sei für einen Seelsorger, der mit den Bewohnern immer in Kontakt sein möchte, das Um und Auf.
Auch Pfarrprovisor Pater Dominic Emmanuel komme öfters mit dem Rad zur Kirche. Für ihn bilden Beten und „Bewegung machen“ eine Einheit. Der Umstieg auf das Fahrrad schone außerdem die Umwelt.
Michaela Glas, Leiterin des Kinderensembles, muss er vom Fahrradfahren nicht mehr überzeugen. Ihr Drahtesel steht heute auch am neuen „Park + Pray“. Auch sie werde selbstverständlich weiterhin mit dem Rad kommen. Die neue Möglichkeit, das Rad direkt neben der Pfarrkirche und nicht irgendwo abzustellen, halte sie für eine „tolle Sache“.
Das Pfarrfest in Neu-Guntramsdorf neigt sich dem Ende zu. Die letzten Gläubigen verlassen das Gemeindezentrum neben der Kirche. Am neuen Fahrrad-Standplatz sind bis auf einen alle Parkplätze wieder frei.
Morgen aber werden hier wieder viele Räder stehen, sagt ein Gemeindemitglied überzeugt. „Hoffentlich finde ich dann auch wieder einen Parkplatz.“
Weihbischof Franz Scharl segnete in Neuguntramsdorf den neuen Fahrradparkplatz.
Neu-Guntramsdorf, Rad
Gänserndorf, Auto
Laa an der Thaya, Auto
Leopoldau (Wien), Rad
Erlöserkirche, Wr. Neustadt, Auto, Rad
Schwarzau am Steinfeld, Auto, Rad
Maria Schutz am Semmering, Auto
Lichtenegg, Bucklige Welt, Auto, Rad
Drei neue Park+Pray-Standorte stehen schon fest:
Sittendorf (Wienerwald),
Siebenhirten (Weinviertel) und
Kritzendorf (Klosterneuburg).
www.erzdioezese-wien.at/parkpray
Tankstille: www.tankstille.at
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