„Armut hat viele Gesichter, das sind nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die von Einsamkeit, Trauer, Krankheit, sozialer und seelischer Not betroffen sind“
„Armut hat viele Gesichter, das sind nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die von Einsamkeit, Trauer, Krankheit, sozialer und seelischer Not betroffen sind“
Zum Welttag der Armen am 18. November organisiert die Pfarr-Caritas der Erzdiözese Wien zwei besondere Veranstaltungen, die zur Begegnung mit Armutsbetroffenen einladen.
Nicht Geltungsdrang brauchen die Armen, sondern Liebe“, schreibt Papst Franziskus in seiner Botschaft zum kirchlichen „Welttag der Armen 2018“ am
18. November.
2017 hat Papst Franziskus den Sonntag vor dem Christkönigsfest zum „Welttag der Armen“ erklärt und alle Gläubigen aufgerufen, verstärkt auf Menschen in ihrer Nachbarschaft, die von Armut betroffen sind, zuzugehen.
In Österreich fällt der Welttag, den der Papst zum Ende des „Jahres der Barmherzigkeit“ angekündigt hatte, auf den in mehreren Diözesen ebenfalls mit dem Thema Nächstenliebe verbundenen „Elisabeth-Sonntag“ zusammen – so auch in der Erzdiözese Wien.
Wie im vergangenen Jahr ruft Franziskus auch heuer dazu auf, konkrete Möglichkeiten der Begegnung mit bedürftigen Menschen zu schaffen, um aus erster Hand zu erfahren, wie diese die Welt und die Menschen um sie herum erleben.
„Papst Franziskus lädt uns ein, den Armen auf Augenhöhe zu begegnen, nicht nur Almosen zu geben, nicht nur den Armen zu sehen, sondern auch die Menschenwürde in jedem armen Menschen“, sagt Barbara Filek, stellvertretende und operative Leiterin der Pfarr-Caritas und Nächstenhilfe in der Erzdiözese Wien.
Die Erzdiözese Wien wurde als eine von zwölf Leuchtturmpfarren von Italien ausgehend nominiert, etwas Besonderes zum Welttag der Armen zu gestalten.
Barbara Filek und ihr Team haben sich zwei besondere Veranstaltungen zum „Welttag der Armen“ ausgedacht: So findet am Samstag, 17. November 2018 um 16 Uhr, ein Segensgottesdienst mit Kardinal Schönborn im Stephansdom statt, musikalisch gestaltet von ganz unterschiedlichen Gruppen. Dabei besteht die Möglichkeit zum Einzelsegen. Anschließend werden 320 Armutsbetroffene zu einem Essen im Curhaus und bei den Franziskanern eingeladen.
Am Sonntag, 18. November, werden Armutsbetroffene sowie ehrenamtliche Mitarbeiter der pfarrlichen Caritas zu einer Kino-Vorführung von „Papst Franziskus – der Film“ ins Village-Cinema eingeladen. „Auch hier ist Kardinal Schönborn mit dabei, und für die Besucher gibt es die Gelegenheit, mit dem Kardinal ins Gespräch zu kommen“, schildert Barbara Filek. Es soll ein „richtiger Kinobesuch mit Essen und Trinken“ werden. „Die Einladung ist auch ein Dankeschön an alle freiwilligen Mitarbeiter, die das ganze Jahr mithelfen“, erklärt Filek.
Warum ist der Welttag der Armen so wichtig? Ist die Fürsorge für die Armen nicht ohnehin das ganze Jahr ein Thema? Barbara Filek: „Manchmal wird mehr für die Renovierung des Kirchturms oder für die Orgel gesammelt und nicht so sehr auf die Armen und das Umfeld der Pfarre geschaut.“
Im sozialen Umfeld einer Pfarre gebe es viele Herausforderungen, z. B. zu schauen, wer einsam oder krank ist, welcher Mensch besucht werden möchte, wer finanzielle Unterstützung oder soziale Beratung braucht. „Armut hat viele Gesichter, das sind nicht nur Obdachlose, sondern auch Menschen, die von Einsamkeit, Trauer, Krankheit, sozialer und seelischer Not betroffen sind“, betont Barbara Filek.
„Ach, wie sehr möchte ich eine arme Kirche und eine Kirche der Armen!“, hat Papst Franziskus bereits im März 2013 ausgerufen. „Die Kirche muss viel stärker ihre Stimme für die Armen und gegen Ungerechtigkeit erheben“, plädiert auch Barbara Filek.
Die diözesane Pfarr-Caritas arbeitet mit Pfarren im gesamten Gebiet der Erzdiözese Wien. „Ohne das Engagement in den Pfarren könnten die Hilfsorganisationen nicht bestehen“, erklärt Filek überzeugt: „Da geschehen derartig viele Hilfsleistungen – wie die Ausgabe von Lebensmitteln und Kleidung, finanzielle Unterstützung und Beratung.
Jede Pfarre ist ein Schatz vor Ort und eine ganz niederschwellige Anlaufstelle, an die sich jeder Mensch – Mann, Frau, Jugendlicher, Kind, Obdachloser – oder auch jemand, der unterstützen möchte, wenden kann und Gehör findet.“
So gibt es auch viele Menschen, denen es materiell gut geht und die etwas Gutes, etwas Sinnvolles tun wollen. „Wir sind sehr dankbar, wenn sich Menschen bei uns freiwillig engagieren.
Zwei große pfarrliche Projekte benötigen immer Unterstützung“, informiert Barbara Filek: „Le+O – Lebensmittel und Orientierung“ und „Wärmestuben in Pfarren und Vereinen“.
Bei den „Wärmestuben“, die in der kalten Jahreszeit wieder aktuell sind, werden 2018/19 insgesamt 29 Pfarren mitmachen. Die Gästezahl ist von knapp 500 (2013) auf 11.400 (2018) gestiegen. „Daran sieht man, wie groß die Not ist. Es arbeiten rund 800 Ehrenamtliche mit – da sind auch die Unterstützerinnen dabei, die Essen bereit stellen und Kuchen backen.
Die Projekte sind getragen von Menschen aus der Pfarre, aber auch von Menschen, die der Kirche eher fern stehen, die aber etwas tun wollen. Zwei geniale Projekte, die zeigen, dass es ein Miteinander gibt“, freut sich Filek. Sie bittet die Elisabeth-Kollekte am Sonntag finanziell kräftig zu unterstützen, damit die Projekte auch in Zukunft umgesetzt werden können.
Ihre persönliche Motivation im Einsatz für die Armen beschreibt Barbara Filek so: „Ich bin jeden Sonntag in der Caritasgemeinde beim Gottesdienst mit Obdachlosen. Da begegne ich ihnen ganz persönlich. Das ist mir so wichtig, um nie die Basis zu verlieren, egal welchen Job ich mache. Ich möchte vor Ort sein, mit ihnen ins Gespräch kommen, die Armut spüren und trotzdem Unterstützung für sie sein, zuhören.
Es sind so viele Menschen einsam und wenn man ihnen zuhört, dann ist ihr Herz erfüllt und auch meines. Diese Begegnungen sind immer ein Geschenk.“
Viele klopfen an die Türen der Pfarren, meistens sieht man ihnen die Armut an. „Pfarren beklagen aber, dass sie an die versteckte Armut nicht herankommen, an Menschen, die sich für ihre Armut schämen, z. B. dafür, dass sie ihren Kindern den Schulschikurs nicht zahlen können oder dafür, dass sie einsam sind“, sagt Katharina Renner, Regionalbetreuerin der Pfarr-Caritas für das Vikariat Wien-Stadt.
Auf den Umstand, dass jeder Mensch irgendwo arm ist, zugleich aber auch Hilfe anbieten kann, macht die Pfarr-Caritas daher heuer mit der Karte „Armut und Hilfe haben viele Gesichter“ aufmerksam, eine Aufmerksamkeit zum Elisabeth-Sonntag.
Katharina Renner schildert: „Vorne auf der Karte steht: Armut und Hilfe haben viele Gesichter. Das soll ausdrücken, dass jeder Mensch Hilfe braucht und auch jeder in der Lage ist, Hilfe zu geben.
Auf der Rückseite der Karte kann man schreiben, wo man Hilfe benötigt oder wo man helfen kann, und danach die Karte in der Pfarre abgeben.“
Am Elisabethsonntag (18. November 2018) wird die Karte an die Gottesdienstbesucher weiter verteilt.
Schon im Vorfeld wurden 12.000 Stück an die Pfarren verschickt. „Auch wenn ich z.B. einsam bin, freut es mich, einen Kuchen fürs Pfarrfest zu backen. Das hilft mir dann vielleicht auch wieder durch meine Phase der Einsamkeit hindurchzukommen“, sagt Renner.
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
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E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at