zur Person
Expertin Gudrun Sailer ist Redakteurin im deutschsprachigen Dienst von Vatican News (früher „Radio Vatikan“) in Rom.
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weihnachten einmal in Rom verbringen – das stellen sich viele Menschen schön und feierlich vor. Und das stimmt auch, wenn man die Zeremonien mit dem Papst im Blick hat und den Christbaum und die Krippe am Petersplatz. Rom selber hat allerdings wenig weihnachtliches Flair.
Liegt es am Klima? Die Ewige Stadt im Winter ist mild, niemals bitterkalt, kaum einmal grau und nebelverhangen, die Sonne behält die Oberhand.
Das Licht in der Finsternis, das Jesu Ankunft in die Welt brachte, lässt sich womöglich an winterlich-düsteren Orten wie nördlich der Alpen leichter erahnen als hier, in der Mitte der katholischen Welt.
Entsprechend tritt Rom in seinem Stadtbild auf. Adventschmuck und Lichterketten sind am ehesten eine Angelegenheit für Einkaufsstraßen.
In den Familien stimmt man sich oft mit einer Krippe zu Hause auf die Ankunft Jesu ein, auch in den Kirchen werden Jahr für Jahr in liebevoller Geste Krippen aufgebaut.
Der passende Klang dazu ist in Mittelitalien weniger ein besonderes Weihnachtslied als vielmehr ein bestimmtes Instrument, nämlich die „zampogna“, der Dudelsack, den früher die Hirten spielten. Heutzutage kommen nur noch wenige dieser Bläser vor Weihnachten mit ihren Instrumenten nach Rom, und auch sie bevorzugen die Geschäftsstraßen.
Wie steht es mit Adventmärkten? Leider nicht zum besten. Auf der zentralen Piazza Navona warten Plüsch-Rentiere, Weihnachtshexen und Plastik-Deko en masse auf Käufer, zu keiner anderen Zeit im Jahr ist die bildschöne barocke Piazza derart verunziert wie gerade auf Weihnachten hin.
Unbekannt ist in diesen Breiten auch der Adventkranz. Den gibt es in Rom nur an Orten, an denen Pilger oder Wahlrömer deutscher Sprache verkehren, wie in der Kirche des deutschen Friedhofs Camposanto Teutonico im Vatikan, in Santa Maria dellʼAnima im Stadtzentrum, gar nicht weit von der Piazza Navona, oder in der evangelischen Christuskirche.
Gottseidank, der Vatikan hebt sich in Sachen Weihnachtsstimmung und heimeliges Brauchtum vom Rest Roms wohltuend ab.
Und das war das Verdienst eines Papstes, der aus dem Norden kam. Johannes Paul II. holte 1982 erstmals Krippe und Christbaum auf den Petersplatz. Der polnische Pontifex mag selbst gestaunt haben in den ersten Jahren nach seiner Wahl 1978, dass da zu Weihnachten buchstäblich nichts war, kein sinnlich-geistiger Anhaltspunkt für Gläubige und die – wenigen – Pilger, die es damals nach Rom verschlug.
Seit 1982 also wird der Christbaum alle Jahre wieder als Geschenk wechselnder Länder, Regionen und Gemeinden in den Vatikan geliefert. Das waldreiche Österreich kam mehrmals zum Zug, zuletzt vor zehn Jahren: 2008 stammte der stattliche Baum aus einer Gemeinde der Erdiözese Wien, genauer aus Gutenstein im Piestingtal.
Heuer kommt er aus Norditalien. Mindestens 22 Meter soll der Christbaum auf dem Petersplatz messen, damit er sich gegen den 25 Meter hohen Obelisken behaupten kann.
Papst Franziskus hat die Ankunft von Christbaum und Krippe im Vatikan zwei Wochen vorverlegt, was sicherlich einer Sehnsucht der Pilger entsprach. In früheren Jahren wurde der große Christbaum am Freitag vor Weihnachten zum ersten Mal beleuchtet und strahlte dann bis Mariä Lichtmess am 2. Februar sein warmes Licht auf die Krippe und den ganzen weiten Platz.
Jetzt erfolgt die Erstbeleuchtung zusammen mit der Krippeneinweihung jeweils am Abend vor Mariä Empfängnis, 8. Dezember, und beide stehen dann bis zum Fest Taufe des Herrn, diesmal am 13. Jänner.
Die lebensgroße Krippe auf dem Petersplatz hatten früher die vatikanischen Architekten entworfen und zusammen mit päpstlichen Arbeitern aufgebaut, was mit hohen Kosten verbunden war; seit Franziskus kommt die Krippe - nach dem Vorbild des Christbaums – als Geschenk in den Vatikan.
2018 ist das Material der Krippe wirklich einmalig: Sand. Riesige LKWs lieferten den Rohstoff aus Jesolo an. Der feine Sandstrand macht diesen Adria-Badeort auch bei Gästen aus Österreich so beliebt.
Vier Bildhauer – aus Italien, den Niederlanden, den USA und Russland – waren zwei Wochen lang damit beschäftigt, die Heilige Familie, Hirten und Schafe aus Sand zu formen.
Jeweils am Silvesterabend nach der Dankesmesse „Te Deum“ im Petersdom geht der Papst auf den Petersplatz, um vor der Krippe ein Gebet zu sprechen. Damit beschließt er das Jahr.
Und Weihnachten selbst? Die Christmette am Heiligen Abend im Petersdom ist eine der ganz großen feierlichen Papstliturgien im Jahr.
Franziskus hat sie auf halb zehn Uhr vorverlegt, weil er Tags darauf, am Hochfest der Geburt Jesu, fit sein möchte für die Weihnachtsbotschaft und den Segen Urbi et Orbi, die in Bild und Ton in die ganze Welt gehen.
Privat wird der Papst am 25. Dezember auch an einen persönlichen Festtag denken. Nicht an seinen 82. Geburtstag, den er am 17. Dezember feiert, sondern an den Tag seiner Taufe. Die empfing Jorge Mario Bergoglio nämlich am Weihnachtstag vor 82 Jahren, in der Sommerhitze von Buenos Aires.
Oft hat Franziskus den Gläubigen empfohlen, zu Hause ihren alten Taufschein herauszusuchen, sich den Tag ihrer Aufnahme in die Kirche zu merken und ihn zu feiern. Und das beherzigt Franziskus selbst – in Stille an jenem großen Fest, das die Menschwerdung Gottes in der Welt ist.
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Expertin Gudrun Sailer ist Redakteurin im deutschsprachigen Dienst von Vatican News (früher „Radio Vatikan“) in Rom.
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