Stern und Schulterband verlieh der deutsche Bundespräsident Gauck 2016 an Böckenförde.
Stern und Schulterband verlieh der deutsche Bundespräsident Gauck 2016 an Böckenförde.
Es besagt, dass der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebe, "die er selbst nicht garantieren kann".
Ernst-Wolfgang Böckenförde, früherer Bundesverfassungsrichter und emeritierter Freiburger Staatsrechtler, ist tot. Er starb am Sonntag, 25. Februar 2019 im Alter von 88 Jahren, wie das Bundesverfassungsgericht am Montag mitteilte.
In Böckenfördes Amtszeit in Karlsruhe fielen wichtige Urteile, etwa zum Auslandseinsatz der Bundeswehr, zum Schwangerschaftsabbruch oder zum Parteien- und Asylrecht. Berühmt und immer wieder aufgegriffen wurde der von ihm geprägte Satz "Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann".
Böckenförde stammte aus Kassel. Nach Jurastudium, Promotion und Habilitation wirkte er als Professor in Heidelberg, Bielefeld und Freiburg. 1983 kam der Sozialdemokrat zum Bundesverfassungsgericht; er versah das Amt bis 1996. Er war Mitherausgeber der Heidelberger Fachzeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte "Der Staat" und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Böckenförde wurde vielfach geehrt, obwohl er öffentliche Auftritte eher scheute. So erhielt er fünf Ehrendoktortitel, darunter die der Katholisch-Theologischen Fakultäten in Bochum und Tübingen. Papst Johannes Paul II. ernannte den Katholiken zum Komtur des Gregoriusordens. Baden-Württemberg ehrte ihn mit der Landesverdienstmedaille, 2004 erhielt Böckenförde den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken und 2016 das Bundesverdienstkreuz. Der damalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck würdigte Böckenförde dabei als überzeugten Christ, leidenschaftlichen Demokraten und Brückenbauer zwischen Kirche und Staat.
Die Auszeichnung mit dem Romano-Guardini-Preis 2004 bezeichnete Böckenförde als Krönung seines jahrzehntelangen Bemühens, die Weltverantwortung der Kirche richtig zu begreifen und an ihrer Realisierung mitzuwirken. Böckenförde lebte zuletzt in Au bei Freiburg.
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die katholische Kirche haben den verstorbenen früheren Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde gewürdigt. Steinmeier bezeichnete Böckenförde am Dienstag, 26. Februar in Berlin als "hochgeachtete Persönlichkeit, die Demokratie, Rechtsstaat und Kultur in unserem Land zum Guten geprägt hat".
Er habe wie nur wenige andere Staatsrechtler den öffentlichen Diskurs mit Grundsätzlichem befruchtet. "Ob es um das Verhältnis von Politik und Religion oder Staat und Kirche ging, die Freiheit des Individuums, die Begrenzung staatlicher Macht, die Ausgestaltung von Rechts- und Sozialstaat: Immer waren seine Beiträge für die öffentliche Diskussion wertvoll und maßgeblich."
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger würdigte Böckenförde als Gestalter einer gerechten Gesellschaft. Er sei eine wichtige Stimme bei zentralen Fragen gewesen, beispielsweise zum Lebensschutz oder in der Bioethik, betonte Burger in seinem Kondolenzschreiben. Als Wissenschaftler und Richter habe der Jurist die Entwicklung des Rechts- und auch des Sozialstaats in Deutschland mitgeprägt.
Böckenförde sei es immer um den gesellschaftlichen Zusammenhalt gegangen, schrieb Burger. In Debatten habe er mit guten Argumenten für eine offene und faire Auseinandersetzung gestanden. "Damit war und ist er, gerade für unsere heutige Zeit, ein Vorbild", so der Erzbischof. Auch die Kirche in Deutschland und Freiburg habe Böckenförde viel zu verdanken.