Gerhard Hartmann ist Privatdozent für Neuere Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz und Verlagsgeschäftsführer der topos taschenbücher.
Gerhard Hartmann ist Privatdozent für Neuere Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz und Verlagsgeschäftsführer der topos taschenbücher.
Der Apostel Petrus wird oft mit dem Wetter in Verbindung gebracht. Aber nicht nur er ist ein „Wettermacher“. Denn Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie kennt man als Eisheilige, die oft im Mai auftreten und Kälte bringen.
Scheint die Sonne oder regnet es? Diese Frage interessiert uns täglich. Wer möchte nicht wissen, was er zum Anziehen benötigt, ob ein Regenschirm einzupacken oder die Gießkanne bereit zu stellen ist, damit keine Pflanzen vertrocknen. Digitale Messstationen können auf die Stunde genau das Wetter vorhersagen. Früher halfen da „Bauernregeln“. Ob dann wirklich die Sonne scheint oder Regen kommt, bleibt trotz Technik abzuwarten.
Der Kirchenhistoriker Gerhard Hartmann ist der Frage nachgegangen, ob Heilige und ihre Gedenktage Einfluss auf unser Wetter haben?
„Grundsätzlich natürlich nicht“, bringt er es auf den Punkt, „aber in meiner Kindheit hat es immer geheißen: Beim Gewitter kegelt der Heilige Petrus, weil es am Himmel so laut ist.“ Über die Jahrhunderte hatten und haben die Heiligen Bedeutung für die Bevölkerung, auch was das Wetter anlangt. Viele sogenannte „Bauernregeln“ wurden von Generation zu Generation weitergetragen. Kein Wunder, da gab es noch keine Wetter-Apps.
„In der westlichen und östlichen Kirche sind relativ bald, im 3. und 4. Jahrhundert, nachdem die Christenverfolgungen aufgehört haben, die Heiligengedenktage entstanden“, so Hartmann.
Zwar machten die Heiligen nie das Wetter, aber in der Lebenswelt der Bauern spielten sie eine entscheidende Rolle. „In der früheren Zeit konnten die Bauern nicht lesen und schreiben. Das änderte sich erst unter Maria Theresia, die die Volksschule einführte, da lernten auch die bäuerlichen Schichten dann Lesen und Schreiben. Die mussten aber ihr Jahr strukturieren.
Den Ablauf in der Landwirtschaft prägen Aussaat und Ernte, da halfen die Erfahrungswerte über die Jahrhunderte.“ Daher galt, „wenn es an dem Tag X regnet, dann ist das gut oder schlecht für die Produktionssorte, zum Beispiel für das Getreide oder den Wein. Das sind Erfahrungswerte, die zum Teil angeblich bis in die Antike zurückreichen. Im Laufe des Hochmittelalters und der frühen Neuzeit haben sie sich verdichtet in diesen Bauernregeln“, erklärt Gerhard Hartmann.
2018, wo trockenes Wetter zu vielen Dürreauswirkungen hierzulande und in Mitteleuropa führte, haben die „Bauernregeln“ gestimmt. Ein wesentliches Datum dazu ist der 27. Juni, der sogenannte „Siebenschläfertag“, weiß Gerhard Hartmann.
„1970 wurde das Fest der Siebenschläfer auf den 27. Juli verschoben, also einen Monat später. Aber die Bauernregel gilt für den 27. Juni. Das ist immer das Problem bei den Bauernregeln, dass 1970 im Zuge der Liturgiereform auch der römische Gedenktagkalender, der Festkalender, verschoben worden ist. Da kam es zu erheblichen Zeitunterschieden. Zum Beispiel der Benedikt, der früher im März war, ist nun im Herbst. Da gelten die Regeln natürlich nicht mehr. Aber Ende Juni zum „Siebenschläfertag“ stellt sich immer folgende meteorologische Situation dar: Wenn eine bestimmte Nordströmungslage herrscht, und sich diese Ende Juni stabilisiert, dann wird das Wetter über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. Das haben wir 2018 zur Genüge gehabt, fast auf den Tag genau. Oft sind es sogar 40 Tage, eine Zahl mit großer christlicher Symbolkraft. Und tatsächlich war Ende Juli trockenes Wetter.“
Bald kommen die Gedenktage der sogenannten „Eisheiligen“ auf uns zu. Von 12. bis 15. Mai wird an Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie gedacht. Laut Volksglauben wird das milde Frühlingswetter erst nach Mitte Mai stabil.
Meteorologisch lässt sich ein Kälteeinbruch in dieser Zeit damit erklären, dass die Temperaturen am europäischen Festland meistens bereits hoch sind und sich der Kontinent rasch erwärmt. Da sich aber das Meer langsamer erwärmt, als die Landmasse, kommt es zu Temperaturdifferenzen. Damit entstehen Tiefdruckgebiete.
Die Luftmassen verschieben sich und die warmen Luftströmungen des Festlands ziehen nach Norden. Dadurch werden eiskalte Luftströmungen aus den Polargebieten nach Mitteleuropa gedrückt. Die Zeit der „Eisheiligen“, die in diese Phase fällt, gilt als letzte Kälteperiode mit Nachtfrostgefahr. Daher setzen erfahrene Gärtner zum Beispiel ihre Tomatenpflanzen vorher nicht ins Freie und warten oft auch noch mit dem Aussäen von Sommerpflanzen.
Wetterstatistisch gesehen ist aber auch der Zeitraum von 21. bis 23. März anfällig für Frost. „Eisheilige“ sind übrigens nicht nur ein Phänomen in Österreich, Deutschland oder der Schweiz, denn auch an der US-Ostküste sind diese Tage bekannt.
Gerhard Hartmann nennt eine „Bauernregel“: „Wer sein Schaf schert vor Servaz, dem ist die Wolle lieber, als sein Schaf“. Gemeint ist, dem Schaf könnte dann die sogenannte Schafskälte zusetzen.
Apropos Kälte: „Ist Pankraz schön, wir guten Wein sehen“. Diese Regel hängt mit dem Heiligen Urban zusammen, dem Patron der Winzer. Dessen Gedenktag ist der 25. Mai, und um diese Zeit herum blüht der Wein. „Wenn es da schön ist, gibt es viele Früchte, viele Weintrauben, ist es kalt, dann ist die Weinernte im Eimer,“ so Gerhard Hartmann.
Die Meteorologie versucht sehr genaue Vorhersagen, doch der Erfahrungsschatz der „Bauernregel“ hat auch seine Bedeutung, unterstreicht Kirchenhistoriker Gerhard Hartmann.
Eine Frage lässt er aber offen: Bringt der Regen wirklich Segen? Hartmann: „Wir hätten alle gerne, dass es in der Nacht ein paar Stunden regnet, aber am Tag soll schöner Sonnenschein sein. Dann haben wir alle etwas davon: Die Bauern haben feuchte Äcker und wir freuen uns über den Sonnentag.
Regnet es, ärgern wir uns, regnet es nicht, ärgern wir uns auch. Manchmal hat man das Gefühl, wir wissen nicht, was wir wollen.“ Und so bleibt wohl Petrus wirklich die Instanz für unser Wetter, und wir müssen es nehmen, wie es ist.
Im Laufe von Jahrhunderten entstanden bäuerliche Wetterregeln. Sie wurden jeweils an bestimmten Heiligengedenktagen festgemacht, und so bekamen die betreffenden Heiligen Zuständigkeiten für den Wetterverlauf.
2900 alte Bauernweisheiten in Reimform finden sich in diesem Buch. Sie sind monats- sowie tagesweise zusammengefasst. Hinzu kommen biografische Hinweise zu den betreffenden Heiligen sowie Informationen über die bäuerliche Arbeitsweise vor hundert Jahren.
In Zeiten der Rückbesinnung auf die Natur ein interessantes Nachschlagewerk.
BUCHTIPP
Kurt Haberstich/Gerhard Hartmann,
Wie Heilige unser Wetter bestimmen
topos premium
ISBN: 978-3-8367-0040-5
Topos Plus 2018,
304 Seiten,
€ 20,60
Schwerpunkt Heilige und Vorbilder
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E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at