Alle Menschen sollen im Sinne der UN-Behindertenkonvention gute Rahmenbedingungen vorfinden.
Alle Menschen sollen im Sinne der UN-Behindertenkonvention gute Rahmenbedingungen vorfinden.
Caritas-Präsident Landau fordert Verlängerung über 2020 hinaus, denn "die meisten der vereinbarten Maßnahmen sind noch nicht umgesetzt".
Die Caritas fordert, dass die Anliegen von Menschen mit Behinderung stärker berücksichtigt werden - in der Gesellschaft allgemein und insbesondere auch bei der Ausgestaltung politischer Maßnahmen für diese Gruppe. Dass von der Regierung positive Signale kommen für eine Verlängerung des Nationalen Aktionsplans Behinderung über das Jahr 2020 hinaus, bezeichnete Caritas-Präsident Michael Landau am Dienstag bei einer Pressekonferenz im Parlament als "erfreulich". Für die Fortführung sei es jedoch wichtig, frühzeitig die Zivilgesellschaft und besonders auch die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen, "denn der Grundsatz 'nicht über uns und nicht ohne uns' sollte auch hier gelten", so der Chef der kirchlichen Hilfsorganisation.
Notwendig sei die Fortsetzung des Nationalen Aktionsplans - Österreichs Antwort auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen - vor allem, da die hier angeführten politische Ziele und 250 Maßnahmen nur zu einem sehr geringen Teil umgesetzt worden seien, zog Landau gemischte Zwischenbilanz. "Die Reform der Sachwalterschaft ist gut gelungen. Weiterhin haben Behinderte aber noch keine Sozialversicherung, sind von steigender Arbeitslosigkeit betroffen, erhalten nur in Ausnahmefällen persönliche Assistenz, und der Föderalismus ist nicht barrierefrei", so der Caritas-Präsident. Der Bedarf werde von den gebotenen Leistungen kaum gedeckt, die zudem in den einzelnen Bundesländern weiterhin sehr unterschiedlich seien.
"Barrieren in den Köpfen" hinsichtlich Behinderungen gelte es auch im Jahr 2019 noch abzubauen, betonte Landau. Zielvorgabe solle sein, "dass alle Menschen im Sinne der UN-Behindertenkonvention gute Rahmenbedingungen vorfinden, um möglichst selbstständig zu leben - und ein Umfeld, das ihnen vermittelt, dass sie ein Teil der Gesellschaft sind und nicht an den Rand, sondern in die Mitte gehören." Respektvoller Umgang mit Rechten und Pflichten für alle, das Bewusstsein des gleichen Wertes aller Menschen und "dass es normal ist, verschieden zu sein", seien für ihn die Merkmale einer "inklusiven Gesellschaft", erklärte Landau.
Wie die Einbindung und Wahrnehmung Betroffener gelingen kann, zeigte die Caritas, die im Vorjahr 15.423 Menschen mit Behinderung in Tagesstätten und Wohngruppen betreut und begleitet hat, bei dem Pressetermin selbst vor. Über mehrere Wochen hinweg hatten sich sechs Interessenvertreter aus verschiedenen Tagesstätten und Wohngruppen in Wien und Niederösterreich beraten, welche Forderungen sie gerne an die Politik richten würden. Dabei wurde die UN-Behindertenrechtskonvention Kapitel für Kapitel studiert und Forderungen formuliert.
Robert Kapolnai aus der Region Niederösterreich-Süd brachte die Anliegen zum Thema Bildung vor und sprach sich dabei für mehr "inklusiven Unterricht" in allen Schulen und Schulstufen aus. "Jedes Kind sollte so viel Aufmerksamkeit erhalten wie es braucht." Die Wiener Caritas-Schule "Am Himmel" zeige vor, dass gemeinsamer Unterricht behinderter und nicht-behinderter Kinder möglich sei und alle davon profitieren könnten. "Es sollte keine Restkinder-Schulen geben", so Landaus leise Kritik am Regierungsentscheid zum Sonderschul-Ausbau.
Mehr Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung forderte Marcel Opitz, Interessensvertreter in der Region Weinviertel. Günstig dazu wäre, Firmen für die Anstellung Betroffener besser finanziell zu fördern und das Angebot an persönlicher Assistenz zu stärken. "Selbst zu arbeiten ist wichtig für die Versicherung und für die Pension", so Opitz.
Die für Niederösterreich-Süd zuständige Interessensvertreterin Iris Grasel machte auf die speziellen Bedürfnisse im Gesundheitswesen aufmerksam. "Immer wieder werden Mitbewohner im Spital behandelt, als ob sie deppert wären, bekommen Windeln, nur Pudding und Suppe zum Essen und wenig Zeit; oft wird nicht mit den Personen selbst, sondern nur mit deren Betreuern gesprochen." Grasels Wunsch: Dass Ärzte und alle im Gesundheitsbereich Tätigen für den Umgang mit Behinderten geschult würden.
Doch auch im Freizeitbereich gebe es viel Aufholbedarf, gehe es doch darum, "dass Menschen mit Behinderung genauso wie alle anderen an Erholung, Kultur und Sport teilnehmen können", brachte Domenic Kasal vor. Der Interessensvertreter der Region Wien lobte die Bundeshauptstadt für den Kultur- und den Mobilpass, die Behinderten den Eintritt in Kultureinrichtungen - "sie bekommen sonst ja nur ein kleines Taschengeld" - und den Transport finanziell erleichterten. Mehr freiwillige Besuchsdienste, Schulungen für Busfahrer und Rampen für alle Verkehrsmittel wären jedoch ebenso wie die rasche Reparatur kaputter Fahrstühle und grundsätzlich barrierefreie Freizeitorte wertvoll.
Für die Umsetzung der UN-Konvention auch mit Blick auf die Familienplanung warb Marion Dujmovits, Interessensvertreterin in der Region Wiener Neustadt. Menschen mit Behinderung, die eine eigene Familie gründen wollten, bräuchten Unterstützung bei ihren Rechten und Pflichten als Eltern in Form von Elternassistenz. "Man sollte uns weit mehr zutrauen", so Dujmovits Forderung.