Seit rund 30 Jahren nicht mehr bespielbar: Die Riesenorgel im Stephansdom.
Seit rund 30 Jahren nicht mehr bespielbar: Die Riesenorgel im Stephansdom.
Domkapellmeister Landerer bei "Lange Nacht"-Programmpräsentation: Bei neuer Riesenorgel Spagat zwischen Denkmalschutz und Funktionalität sowie zwischen alter Handwerkskunst und moderner Elektronik erforderlich.
Der Wiener Stephansdom ist derzeit eine "Orgel-Großbaustelle" und wird dies auch noch bis 2020 bleiben. Wie Domkapellmeister Markus Landerer bei der Programmpräsentation der "Langen Nacht der Kirchen" am Dienstag in Wien darlegte, ist die derzeit laufende Restaurierung der seit rund 30 Jahren nicht mehr bespielbaren "Riesenorgel" im Dom Teil eines kulturellen Programmschwerpunkts, der diesmal der "Königin der Instrumente" gewidmet ist. 50 Veranstaltungen drehen sich allein um die Orgel, viele davon werden in der "Langen Nacht" am 24. Mai erklingen - nicht so aber die auf der Westempore erst im Aufbau befindliche Riesenorgel sowie die in den letzten Jahren hauptsächlich verwendete Domorgel im rechten Seitenschiff, die derzeit renoviert wird.
Die seit den letzten Kriegstagen im Jahr 1945 verbrannte alte Riesenorgel im Stephansdom - die größte "Königin der Instrumente" in Österreich - bzw. ihr laut Landerer "mit Geburtsfehlern" versehenes, 1960 geweihtes Nachfolge-Instrument wird derzeit mit modernsten Mittel von der Vorarlberger Orgelbaufirma Rieger auf den neuesten Stand der Technik gebracht, wie der Domkapellmeister bei einem Besuch mit den Medienvertretern auf der Westempore im Stephansdom veranschaulichte. 10.000 Orgelpfeifen wurden dafür erneuert, die größte davon zwölf Meter hoch mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern, wie Landerer berichtete. Der Spagat zwischen Denkmalschutz und erforderlicher Renovierung müsse dabei ebenso gelingen wie jener zwischen alter Handwerkskunst und modernster Technik. Ein mobiler Spieltisch soll hinkünftig mithilfe zeitgemäßer Elektronik ein koordiniertes Zusammenspiel der neuen Riesenorgel mit jener im rechten Seitenschiff ermöglichen.
Zu Ostern 2020 soll exakt 75 Jahre nach dem zerstörerischen Brand im Dom in den letzten Kriegstagen, dem die alte Riesenorgel zum Opfer fiel, ihre Nachfolgerin in einer im Stephansdom bis dahin nie gehörten Klangfülle erklingen, kündigte Landerer an. Die insgesamt benötigte Summe von 3,2 Millionen Euro wird mit Hilfe von Spendern und "Schutzpatronen" aufgebracht. Abgebaut war die Riesenorgel im Herbst 2017 worden, nun kehrt sie Stück für Stück auf die Westempore zurück. Der Prozess des Aufbaus und der Intonation wird von einem Produktionsteam im Auftrag des ORF filmisch begleitet. Seit Anfang April sind die Mitarbeiter von "Rieger Orgelbau" vor Ort, um Österreichs größtes Musikinstrument wieder zu montieren.
Wer gerne wissen möchte, wie so ein Projekt abläuft, ist laut Landerer bei der "Langen Nacht"-Veranstaltung "Herzensprojekt Riesenorgel" richtig aufgehoben. Im "Club Stephansplatz 4" gibt der Domkapellmeister ab 18 Uhr exklusive Einblicke in die Renovierung der Orgel und veranschaulicht mit vielen Fotos, was hinter den Kulissen eines solchen Großprojektes an Arbeit notwendig ist. Historikerin und Domkennerin Annemarie Fenzl ergänzt Anekdoten und Historisches zur alten Orgel.
50 Veranstaltungen drehen sich in der Wiener "Langen Nacht" allein um die "Königin der Instrumente". Das ist laut Ankündigung "gar keine so hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass die meisten Kirchen über eine - wenn nicht sogar mehrere - Orgeln verfügen". Die älteste spielbare Orgel in Wien findet sich in der Franziskanerkirche, Studierende der Musikuniversität interpretieren am 24. Mai auf der Wöckherl Orgel aus dem Jahr 1642 Orgelmusik.
Frisch restauriert ist die Sonnholz-Orgel aus dem Jahr 1734, in der "Langen Nacht" können Musikliebhaber in der Wallfahrtskirche Mariabrunn (1140 Wien, Hauptstraße 9) die rückgebaute Orgel besichtigen, sich aber auch beim Konzert vom barocken Klang überzeugen. Auf eine neue Art kann man die Breitenfelder Kirche (1080 Wien, Florianigasse 70) erfahren, dort erwartet Besucher nicht nur eine Lichtinstallation von Victoria Coeln, auch Klangimpressionen von Orgel und Alphorn sind zu hören.
Orgel zum Angreifen und ausprobieren gibt es auch in der Lazaristenkirche (1070 Wien, Kaiserstraße 7) oder in Absdorf in Niederösterreich (Hauptplatz 12). In Baden (NÖ, Leesdorfer Hauptstraße 74) ist das Konzert auf der neuen Orgel Abschluss des "Church Walks", eines Spaziergangs vorbei an vier Kirchen. (Programm der "Langen Nacht" in der Erzdiözese Wien: