Caritaspräsident Landau u. der niederösterreichische Caritasdirektor Ziselsberger.
Caritaspräsident Landau u. der niederösterreichische Caritasdirektor Ziselsberger.
"Ein menschenwürdiges Leben muss für alle Niederösterreicher möglich und leistbar sein".
Caritas-Präsident Michael Landau und der St. Pöltner Caritas-Direktor Hannes Ziselsberger haben das niederösterreichische Sozialhilfe-Ausführungsgesetz kritisiert. In einer gemeinsamen Aussendung am Mittwoch, 12. Juni 2019 warnten sie vor Verschlechterungen für Menschen in Not durch das neue Gesetz, das bereits am Donnerstag im niederösterreichischen Landtag beschlossen werden soll. Eine erste Durchsicht des Gesetzesentwurfs zeigt laut Caritas: "Niederösterreich hält sich strikt an die Vorgaben des Grundsatz-Gesetzes - daraus ergibt sich eine Reihe von Leistungsverschlechterungen hinsichtlich des Sicherungsniveaus."
Für fast alle Haushalte werde es zu einer Verringerung des Haushaltseinkommens kommen. "So erfreulich es ist, dass sich das Land Niederösterreich entschlossen hat, Zusatzleistungen für Alleinerziehende zu gewähren - zu Verbesserungen gegenüber dem Status Quo kommt es allerdings nur für Alleinerziehende, die Deutschkenntnisse auf B1-Niveau nachweisen können und selbst für diese gibt es Verbesserungen nur bis zum dritten Kind", bemängelte Landau.
Die Caritas zeigte sich insbesondere besorgt, wie betroffene Haushalte ihre Wohnkosten decken sollen. "Hohe Wohnkosten sind schon jetzt das Thema Nr. 1 in unseren Sozialberatungsstellen", erläuterte der Caritas-Präsident. Sinkt das Haushaltseinkommen, werde es für die betroffenen Haushalte noch enger.
Besonders stark betroffen sind laut Caritas Personen, die im Eigenheim oder in einer Eigentumswohnung leben - in Österreich ist das rund ein Drittel aller einkommensarmen Menschen. Diese wohnten häufig in sehr bescheidenen, oft ererbten Häusern. "Gerade in ländlichen Regionen in Niederösterreich leben auch viele einkommensarme Personen im Eigenheim. Es ist zu befürchten, dass diese Familien am Ende des Monats nur mehr einen leeren Kühlschrank haben werden", so Ziselsberger.
Landau und Ziselsberger appellierten daher an das Land Niederösterreich, die Regelung, dass Personen im Eigenheim deutlich niedrigere Leistungen erhalten sollen, nochmals zu überdenken. Niederösterreich sei in diesem Punkt völlig frei, denn der Bund habe es den Ländern überlassen, zu bestimmen, wie hoch die Wohnleistung für Personen mit Eigenheim sein soll. "Ein menschenwürdiges Leben muss für alle Niederösterreicher möglich und leistbar sein."
Positiv anzuführen ist laut Caritas, dass der Entwurf auch Verbesserungen für die Betroffenen enthält. "Wir lesen heraus, dass es künftig in akuten Armutssituationen einen Rechtsanspruch auf Soforthilfe geben soll. Das ist insofern erfreulich, weil es derzeit einen solchen Anspruch nicht gibt", sind sich Landau und Ziselsberger einig.
Kritik am Sozialhilfe-Ausführungsgesetz kam am Mittwoch auch von der evangelischen Diakonie. Durch die Deckelung der Wohnkosten zu Lasten des realen Lebensunterhalts, die Abschaffung von Mindeststandards und Kürzungen bei Kindern seien eine große Zahl von Familien, aber auch Eltern mit prekärer Arbeit negativ betroffen. Niemand solle Angst haben müssen, in den sozialen Abgrund zu stürzen. "Anstatt die Situation jener, die es ohnedies schwer haben, zu verschärfen, wäre es gerade jetzt an der Zeit, Österreich armutssicherer zu machen", forderte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung.
"Wir haben während der Debatte um die Abschaffung der Mindestsicherung und Einführung der Sozialhilfe gefordert, Mindeststandards festzulegen und davor gewarnt, dass die Länder die im Gesetz festgelegten Höchstleistungen unterbieten könnten. Das tritt nun ein. Es sind tausende Notfälle zu erwarten bis hin zur Gefahr der Delogierung", warnte Moser.