„Antworten“ von Kardinal Christoph Schönborn, Freitag, 21. Juni 2018
Ein freikirchlicher Pastor hat spontan für Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz gebetet, in der Wiener Stadthalle vor etwa zehntausend Menschen. Kurz war davon offensichtlich überrascht. Er hatte sicher nicht damit gerechnet. Eine riesige Debatte in den Medien und im Internet war die Folge.
Ich lege nicht noch meine Meinung zu den vielen Wortmeldungen dazu. Mich interessiert die Frage: Wie halten wir’s mit dem Gebet? Beten wir überhaupt? Wenn ja wann, wo, wie? Und wozu? Heimlich, im stillen Kämmerlein? Öffentlich, auch vor anderen, deutlich sichtbar?
Ich glaube, dass viel mehr Menschen beten, als wir im Allgemeinen annehmen. Vielleicht tun wir es eher unbewusst, als Sehnsucht nach Frieden, Verstehen, Liebe. Oder ausdrücklich, vor einer Operation, in finanziellen Sorgen, bei Beziehungsproblemen.
Und sicher beten wir für andere: Eltern für die Kinder, für Kranke um Genesung (das habe ich selber dankbar erfahren). Ja, und dazu gehört auch das Gebet für die, die uns regieren. Es muss nicht gleich so spektakulär sein wie am letzten Sonntag in der Stadthalle. Ich halte es aber für sinnvoll und eigentlich auch für notwendig.