Abbè Donatien Nshole und Österreichs Caritspräsident Michael Landau.
Abbè Donatien Nshole und Österreichs Caritspräsident Michael Landau.
In vielen Bereichen habe die Kirche die Aufgaben des Staates übernommen. Laut Nshole betreibt sie rund die Hälfte der Bildungseinrichtungen im Kongo und auch 45 Prozent der Gesundheitseinrichtungen.
In der Hoffnung auf eine Verbesserung der sozialen Lage unterstützt die Bevölkerung in der Demokratischen Republik Kongo trotz der offensichtlichen Unregelmäßigkeiten bei der jüngsten Präsidentenwahl die Amtsübernahme des neuen Staatsoberhaupts Felix Tshisekedi. Das sagte der Generalsekretär der kongolesischen Bischofskonferenz CENCO, Donatien Nshole, im Interview der Nachrichtenagentur "Kathpress" in Kinshasa ein halbes Jahr nach dem umstrittenen Urnengang. Das Volk hoffe, dass sich mit Tshisekedi in ihrem Land, das von einer kleinen Elite kontrolliert wird, die auch das Geld vereinnahmt, etwas zum Positiven ändert. Geschehe dies nicht, werde Unmut wachsen. "Wenn das Volk merkt, dass es betrogen wird, kann etwas passieren", meinte der Generalsekretär.
Viele der 86 Millionen Kongolesen seien in ihrem von korrupten Strukturen geprägten Heimatland schlimmster Armut ausgesetzt. Das Volk müsse wachsam bleiben, damit es zu einer Veränderung kommt, sagte der Bischofskonferenz-Generalsekretär bei einem Pressegespräch mit österreichischen Journalisten, die im Rahmen einer Medienreise zur aktuellen Anti-Hungerkampagne der Caritas den Kongo besuchten. Die wirtschaftliche Lage sei nicht gut, 13 Millionen Menschen litten unter Hunger und Korruption sei "generell ein großes Problem", fasste der Kirchenvertreter zusammen.
In vielen Bereichen habe die Kirche die Aufgaben des Staates übernommen. Laut Nshole betreibt sie rund die Hälfte der Bildungseinrichtungen im Kongo und auch 45 Prozent der Gesundheitseinrichtungen. "Das Land ist groß, dort wo es keine staatlichen Einrichtungen gibt, da ist die Kirche dann da und sorgt sich darum", berichtete der Priester. Die Caritas etwa verteile im Auftrag der Regierung auch die staatlichen Lehrergehälter, weil sie als verlässlich gelte.
"Wenn die Regierenden sich für das Volk einsetzen, könnten die Menschen gut leben. Keiner kann an der Macht bleiben, ohne an das Volk zu denken." Diesen Gedanken versuche die katholische Kirche im Kongo an die Menschen weiterzugeben und auch die Demokratisierung des zentralafrikanischen Landes voranzutreiben, so Nshole. Vor der Präsidentenwahl am 30. Dezember seien mehr als zehn Millionen Menschen bei von der Kirche organisierten Konferenzen über ihre Mitbestimmungsrechte informiert worden, schilderte der CENCO-Generalsekretär. Dies habe zu einer großen Wahlbeteiligung geführt: "Und es gab das erste Mal keine Kluft zwischen dem Westen und dem Osten des Landes. Leute wählten ohne Geld- oder andere Wahlgeschenke."
Bei der Wahl durfte Langzeit-Machthaber Joseph Kabila nicht mehr antreten. Es brauchte aber starke Proteste in der Bevölkerung, die Vermittlung der katholischen Kirche und die Zusage, nicht vor Gericht angeklagt zu werden, um Kabila zum endgültigen Rückzug zu drängen. "Der Druck vom Volk war ganz stark. Es lag in Kabilas Interesse, hier zu bleiben und weiter Geschäfte machen zu können", sagte Nshole.
40.000 Wahlbeobachter hatte die katholische Kirche bei dem Urnengang im ganzen Land im Einsatz. Auf Basis ihrer Berichte geht die Bischofskonferenz davon aus, dass das offizielle Wahlergebnis manipuliert wurde und der neue Präsident eigentlich Martin Fayulu und nicht Felix Tshisekedi heißen müsste. Die Kirche habe auf diesen Wahlbetrug hingewiesen, erinnerte Nshole, aber: "Wir können da auch nichts dagegen machen, wir müssen das so hinnehmen, wie es ist. Das nennt man Realpolitik."