"Es muss in unserem Wohlstandsösterreich möglich sein, andere Lösungen zu finden, als die Tötung heranwachsender Menschen", so Weihbischof Turnovszky.
"Es muss in unserem Wohlstandsösterreich möglich sein, andere Lösungen zu finden, als die Tötung heranwachsender Menschen", so Weihbischof Turnovszky.
Weihbischof Turnovszky feiert Gottesdienst im Stephansdom im Vorfeld zum "Marsch fürs Leben". Gesellschaft schuldet Schwangeren in Problemsituationen Hilfe und nicht "Tötung heranwachsender Menschen". Weihbischof spricht sich mit Johannes Paul II. für eine Ökologie des Menschen aus.
Der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky hat das "System einer Gesellschaft" kritisiert, "das schwangere Frauen in Bedrängnis alleine lässt". Der Weihbischof äußerte sich am Samstag im Rahmen eines Gottesdienstes im Wiener Stephansdom im Vorfeld zum "Marsch fürs Leben" in der Wiener Innenstadt. Die Kundgebung findet auch heuer wieder als Warnung angesichts der hohen Abtreibungszahlen in Österreich und als Appell zu mehr Unterstützung für Frauen im Schwangerschaftskonflikt statt.
Betroffene Frauen dürften nicht verurteilt werden, so Turnovszky. Sie bräuchten in schwierigen Schwangerschaftssituationen vielmehr breite Unterstützung und Solidarität, die sowohl zu ihnen als auch ihren ungeborenen Kindern ja sage. "Es muss in unserem Wohlstandsösterreich möglich sein, andere Lösungen zu finden, als die Tötung heranwachsender Menschen", so der Weihbischof. Frauen müssten dabei unterstützt werden, Entscheidungen zu treffen, "mit denen sie gut leben können".
Die "große Krise unserer Zivilisation" werde aber nicht nur anhand der vielen Schwangerschaftsabbrüche sichtbar. Auch Umweltkatastrophen, Hungerschicksale, Kriege, Flüchtlingsströme, Armut, Bürgerkriege oder Auseinandersetzungen innerhalb eines Volkes deuteten darauf hin. Gelöst könnten diese Problemfelder nur solidarisch werden, so der Weihbischof.
Mit Johannes Paul II. plädierte er für eine Ökologie des Menschen, die sich sowohl um den Menschen als auch um die ganze Schöpfung sorge. Auch Papst Franziskus betone immer wieder die Einheit von Lebensschutz, sozialen und Umweltthemen, so der Weihbischof. "Es geht um die Umkehr einer Gesellschaftsordnung, die nicht lebensfördernd ist. Es geht um ein beherztes Ja zu allem, das Gott gut geschaffen hat." Deshalb sei die Mitte aller christlichen Gebote auch die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe. Diese umfassende Liebe sei das Lebensprogramm Jesu Christi, erläuterte Turnovszky.
Einmal mehr sagte der Weihbischof auch der Bürgerinitiative #fairändern seine Unterstützung zu, "weil ich der Überzeugung bin, dass gute Problemlösungen durch Solidarität und nicht auf Kosten von Menschenleben erreicht werden". Die Bürgerinitiative trage dazu bei, "dass unsere Gesellschaft solidarischer und menschenfreundlicher wird", und setze sich dafür ein, "dass Frauen unterstützt werden, um Entscheidungen zu treffen, mit denen sie den Rest ihres Lebens gut leben können", so der Weihbischof.
Am Nachmittag folgte eine Auftaktkundgebung vor dem Dom. Chorepiskopos Emanuel Aydin von der syrisch-orthodoxen Kirche kritisierte auf der Bühne die Fristenlösung in Österreich. "Wie konnte es so weit kommen in einem christlichen Land? Die Schöpfung ist auf den Menschen hin geschaffen und ruft uns gleichsam zu: Tötet kein Menschenleben!" Es gebe keine Rechtfertigung dafür, ein ungeborenes Kind zu töten. Der Staat müsse auch die Frauen schützen, auf die oft großer Druck ausgeübt werde. "Das kann doch um Gottes Willen nicht sein, das ist ein Rückfall in die Barbarei", so Aydin.
Gastredner Jonathon van Maren aus Kanada, der für den Impact-Kongress am nächsten Tag extra nach Wien angereist war, stellte fest: "Die Wahrheit ist auf unserer Seite, die Moral ist auf unserer Seite und auch die Wissenschaft ist auf unserer Seite. Darum ist es so dringend, dass wir einen auf der Wissenschaft basierten Zugang zu dieser Debatte schaffen." Der ehemalige Seelsorger der katholischen Hochschulgemeinde (KHG), P. Martin Mayerhofer, erinnerte an die Forderung von Papst Franziskus, sich für das Recht auf Leben jedes Menschen einzusetzen. Zum ersten Mal dabei war auch Pastor Ewald Ring, der sich für eine Willkommenskultur in Österreich für alle Kinder aussprach.
Anschließend zogen die Teilnehmer durch die Wiener Innenstadt, dann am Ring entlang bis zum Heldenplatz. Von dort ging es, vorbei am Bundeskanzleramt, bis zum Josefsplatz. "Wir marschieren für das Leben der Ungeborenen und stehen gegen das Unrecht der Abtreibung auf. Denn jedes Kind hat es verdient auf die Welt zu kommen und keine Frau sollte in der Situation sein, Abtreibung als einzigen Ausweg zu sehen. Die wieder deutliche und sehr erfreuliche Steigerung an Teilnehmern am Marsch fürs Leben zeigt, dass dieses Thema den Menschen in Österreich auch zunehmend auf dem Herzen liegt", so Valerie Trachta, Vorsitzende des Vereins "Marsch fürs Leben", der die Veranstaltung organisierte.