Für Christen sei der Sonntag zudem der "Tag des Herrn", die Sonntagsmesse "Höhepunkt, Mitte und Quelle des christlichen Lebens". Dass am Sonntag Gottesdienst gefeiert werde, sei kein Zufall, betont auch Kardinal Christoph Schönborn.
Für Christen sei der Sonntag zudem der "Tag des Herrn", die Sonntagsmesse "Höhepunkt, Mitte und Quelle des christlichen Lebens". Dass am Sonntag Gottesdienst gefeiert werde, sei kein Zufall, betont auch Kardinal Christoph Schönborn.
Kirchen, Gewerkschaften und Vereine mobilisieren im Vorfeld der Koalitionsgespräche für Erhalt des freien Sonntags im Handel. Sprecher Kuhlmann: "Wer Arbeitsruhe zulassen will, muss auch die Geschäfte zulassen". Kardinal Schönborn: Sonntag ist "Höhepunkt, Mitte und Quelle des christlichen Lebens".
Die Allianz für den freien Sonntag Österreich ("Sonntagsallianz") will mit der Imagekampagne "Der Sonntag gehört mir!" für ein Festhalten an der Sonntagsruhe im Handel mobilisieren. "Wir wollen das Bewusstsein für den Wert des freien Sonntags schärfen und zum Nachdenken anregen - in der Gesellschaft, aber auch in der nächsten Regierung. Wer Arbeitsruhe zulassen will, muss auch die Geschäfte zulassen", erklärte dazu Allianz-Sprecher Philipp Kuhlmann am Montag, 14. Oktober 2019, bei einer Pressekonferenz in Wien.
Das Bündnis, dem die Kirchen und Gewerkschaften ebenso angehören wie Freiwilligen- und Jugendorganisationen, wirbt mit Bildsujets und Videos, prominenten Unterstützern, der Website www.meinsonntag.plus sowie in Sozialen Medien mit den Hashtags #meinsonntag, #dersonntaggehörtmir oder #sundays4future.
Anlässe für die Kampagne nannte Kuhlmann gleich mehrere: Außer den Koalitionsverhandlungen auch anhaltende Vorstöße gegen die Sonntagsruhe aus der Hotelleriebranche, weitere Bestrebungen zur Einführung großflächiger Tourismuszonen u.a. aus der Wiener ÖVP, sowie die vor einem Jahr in Kraft getretenen Novellierungen des Arbeitsruhe- und Arbeitszeitgesetzes etwa. Letztere Bestimmungen u.a. zum 12-Stunden-Tag oder zur Wochenendarbeit sollten zurückgenommen werden, hofft die Allianz - "denn lange Arbeitszeiten machen krank und schaden den Menschen und damit auch den Betrieben", wie Arbeiterkammer(AK)-Präsidentin Renate Anderl erklärte.
Bei ihren Forderungen stützen sich die Allianz-Mitglieder auf eine aktuelle repräsentative Umfrage. Sechs von zehn Österreichern möchten demnach den arbeitsfreien Sonntag als gemeinsame freie Zeit unbedingt behalten und sind nicht bereit, am Sonntag regelmäßig zu arbeiten. 59 Prozent möchten keine Flexibilisierung der Arbeitswoche und lehnen eine Aufhebung der Wochenendruhe zugunsten mehr individuell freier Tage ab. Am deutlichsten für den Erhalt des freien Sonntags sprachen sich dabei 30- bis 49-Jährige sowie Frauen mit Kindern aus, mit einer Zustimmung von rund zwei Drittel der Befragten; unter Handelsangestellten liege dieser Wert sogar "bei 86 bis 95 Prozent", verwies die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp, Barbara Teiber, auf weitere Umfragen.
Gerade den Handel sehen die Mitglieder der Allianz als Knackpunkt: Falle hier die Sonntagsruhe, müssten zahlreiche andere Branchen nachziehen, angefangen von Zulieferung, Transport und Verkehr über die Sicherheit und Reinigung bis hin zur Kinderbetreuung. "Die entscheidende Frage lautet: Wem hilfts, wenn wirklich aufgesperrt wird? Es brächte eine lange Reihe von Nachteilen, und insgesamt profitiert nicht einmal die Wirtschaft davon", betonte AK-Präsidentin Anderl. Wohl treffe zu, dass dem Handel die Konkurrenz aus dem Internet stark zusetze, ging Teiber auf ein gerne vorgebrachtes Gegenargument ein, "doch die 24-Stunden-Verfügbarkeit an sieben Tagen kommt man wohl nicht mit einer Sonntagsöffnung in den Griff, sondern mit Maßnahmen für fairen Wettbewerb wie etwa gleiche Besteuerung".
Der evangelische Superintendent Matthias Geist betonte als offizieller Vertreter der 13 an der Allianz beteiligten christlichen Kirchen, dass die Forderung nach dem Erhalt der Sonntagsruhe weder antiquiert und rückschrittlich noch ein Selbstzweck der Kirchen sei. "In unserer Leistungs-orientierten und überforderten Gesellschaft braucht es das Recht auf Ruhe und Aufatmen", so der oberste Vertreter der Wiener Protestanten. Falle der freie Sonntag weg, werde dies auch negative Folgen nach sich ziehen. Zudem verwies Geist darauf, dass Kinder ein "Recht auf Vater und Mutter an schulfreien Tagen" hätten. Auch dieses wäre durch die Aufhebung der Sonntagsruhe in Gefahr.
Anna Wall-Strasser von der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich (KABÖ) sprach von "massiv gestiegenen Arbeitsanforderungen" und Allzeit-Verfügbarkeit im Beruf, die viele Menschen in Erschöpfungs-Zustände führten. Gesicherte Auszeit erlaube Distanz und gute Lebensgestaltung, wobei der Rechtsanspruch auf Sonntagsruhe nicht nur Rhythmus schaffe, sondern auch "wie ein Sicherheitsnetz vor Fremd- und Selbstausbeutung" schütze. Wall-Strasser verwies auf die derzeit laufende Kampagne "Hier arbeitet ein Mensch", mit der die KABÖ zum Nachdenken über Bedingungen für gute Arbeit anregen will. "Für die Kirchen ist der Sonntag unverzichtbar - und eine weitere Ausdehnung der Sonntagsarbeit entschieden abzulehnen", strich die Betriebsseelsorgerin hervor.
Was allen Allianz-Vertretern klar ist: Manche Arbeiten müssen am Sonntag erledigt werden, etwa im Gesundheits-, Pflege, Energie-, Sicherheits- oder Verkehrsbereich, oder auch in Gastronomie und Tourismus. 650.000 Menschen - 15 Prozent der Arbeitnehmer - seien davon schon jetzt regelmäßig betroffen, erklärte Kuhlmann, betonte aber: "Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben." Wichtige Bereiche der Gesellschaft - darunter die 124.000 Vereine im Land wie etwa auch die Freiwilligen Feuerwehren - seien auf gemeinsame planbare Freizeit angewiesen. "Dass synchrone Wochenende und Ruhezeiten im öffentlichen Interesse sind, hat 2015 der Oberste Gerichtshof festgestellt. Das muss sich auch in den Gesetzen ausdrücken", appellierte der Allianz-Sprecher. Mit dem Wegfall der Sonntagsruhe würden bald auch Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen Geschichte sein, wie man an der Entwicklung in vielen andere EU-Ländern ablesen könne.
Ausdrückliche Unterstützung signalisierte Kuhlmann im Namen der Allianz für Bestrebungen des Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher, die 2012 in Italien erfolgte Liberalisierung der Handels-Öffnungszeiten in seiner Provinz wieder rückgängig zu machen. Zu seiner Selbstverpflichtung sei Kompatscher durch die aufgetretenen negativen Folgewirkungen bewogen worden: "In Italien hat die Sonntagsöffnung dazu geführt, dass viele kleine Geschäfte schließen mussten. Der Umsatz im Handel steigerte sich nicht, sondern wurde nur anders verteilt", sagte Kuhlmann. Dies sei ein "klares Beispiel, was auch bei uns eintreten kann, wenn wir nicht wachsam sind".
Der freie Sonntag habe mit der Seele des Menschen, seinem Wohl und seinem Glück zu tun - was nicht dem Wettbewerb geopfert werden dürfe, betonte Kardinal Christoph Schönborn in einem Unterstützungsstatement zur Kampagne. Die Sonntagsruhe verhindere, "dass das Leben zu einer gleitenden Arbeitszeit und einer lückenlosen Einkaufszeit wird". Für Christen sei der Sonntag zudem der "Tag des Herrn", die Sonntagsmesse "Höhepunkt, Mitte und Quelle des christlichen Lebens". Dass am Sonntag Gottesdienst gefeiert werde, sei kein Zufall.
Weiters hob auch der Wiener Erzbischof den Sonntag als "Tag der Gemeinschaft" hervor - "angefangen von der Familie über den Freundeskreis bis zur Pfarre, zu den Vereinen". Wo diese "gemeinsame Atempause" fehle, würden Gemeinschaften zerfallen - was für die Gesellschaft dramatische Folgewirkungen hätte.
Die Allianz für den freien Sonntag Österreich wurde 2001 auf Initiative der Katholischen Kirche gegründet. Ihr gehören mittlerweile über 50 Mitgliedsorganisationen aus Zivilgesellschaft, Kirchen, Gewerkschaften an, dazu neun Bundesländer-Allianzen. Sprecher der Sonntagsallianz sind der Sankt Pöltner Bischof Alois Schwarz, der innerhalb der Bischofskonferenz für diesen Bereich zuständig ist, sowie seitens der Gewerkschaft Philipp Kuhlmann.