von links nach rechts: Reinhard Heiserer, Jugend Eine Welt; Michael Opriesnig, Rotes Kreuz, Anneliese Vilim, AG Globale Verantwortung; Sabine Prenn, Licht für die Welt; Severin Corti, World Vision.
von links nach rechts: Reinhard Heiserer, Jugend Eine Welt; Michael Opriesnig, Rotes Kreuz, Anneliese Vilim, AG Globale Verantwortung; Sabine Prenn, Licht für die Welt; Severin Corti, World Vision.
Forderung nach neuer Zentralstelle für globale und nachhaltige Entwicklung.
Der Entwicklungshilfe-Dachverband "AG Globale Verantwortung" fordert anlässlich der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen einen Kurswechsel "in Richtung global engagierter Entwicklungshilfe". Als konkrete Maßnahmen formulierten Vertreter von Organisationen wie Rotes Kreuz, Licht für die Welt, Caritas Österreich, Jugend Eine Welt und World Vision Österreich die Schaffung einer neuen zentralen Stelle "in Form eines aufgewerteten Außenministeriums, eines eigenen Ministeriums oder eines Staatssekretariats". Angesichts der Klimakrise und der steigenden Zahl hungernder Menschen müsse die künftige Regierung mehr Hilfe bereitstellen, hieß es am Montag, 18. November 2019 bei einer Pressekonferenz.
Als eines der reichsten Länder der Welt müsse Österreich seiner Verantwortung in der Welt gerecht werden, betonte Annelies Vilim, Geschäftsführerin des NGO-Dachverbandes, dem 35 Organisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe angehören. In ihrem Appell verwies Vilim auf aktuelle Daten der Weltbank, wonach 3,4 Milliarden Menschen unter der Armutsgrenze leben, 594 Millionen Menschen als extrem arm gelten und 821 Millionen Menschen hungern.
Die Klimakrise verschärfe die "ohnehin dramatische Lage für viele Menschen weiter", wobei gerade die ärmsten Menschen am meisten von den Auswirkungen betroffen seien. Konkret kritisierte Vilim, dass die gesamtstaatlichen Mittel für die Entwicklungshilfe im Vorjahr auf 0,26 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) gesunken sind, obwohl sich Österreich international zu einer 0,7-Prozent-Quote verpflichtet habe.
Als "höchste Zeit zum Handeln" unterstrich Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig die Dringlichkeit der Forderungen. Die "Kosten der Tatenlosigkeit" seien höher als nachhaltige Investitionen in Frieden, humanitäre Hilfe oder Katastrophenvorsorge ausmachen würden. Dazu komme: "Allein die Zahl der Menschen, die von klimabedingten Katastrophen betroffen sind, wird sich bis 2050 auf mehr als 200 Millionen pro Jahr verdoppeln."
Österreich müsse die UN-Entwicklungsziele endlich zur Chefsache erklären, forderte Sabine Prenn, Geschäftsführerin von Licht für die Welt in Österreich, von der zukünftigen Bundesregierung. Die 2015 von Österreich bestätigten Entwicklungsziele des Aktionsplans der Vereinten Nationen für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand seien vielleicht die letzte Möglichkeit "noch Weichen zu stellen". Die 17 UNO-Ziele für nachhaltige Entwickelung - die sogenannten Sustainable Developement Goals (SDGs) - müssten im kommenden Regierungsprogramm und Budget berücksichtigt werden.
Ausdrücklich betonten die Vertreter der "AG Globale Verantwortung", der auch zahlreiche kirchliche Hilfsorganisationen angehören, dass eine engagierte Entwicklungspolitik auch das konkrete Leben und die politische Stabilität in Afrika betreffen müssen. "Die EU-Länder sind keine Geberländer, sondern Nehmerländer", kritisierte Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme Caritas Österreich. Europa müsse die wirtschaftlichen Beziehungen mit Afrika überdenken, dazu gehören faire Preise für Rohstoffe genauso wie gerechte Steuerleistungen, Programme gegen Armut und eine Außenpolitik mit Fokus auf Friedenssicherungsmaßnahmen.
Als weitere Maßnahmen schlug Jugend Eine Welt-Geschäftsführer Reinhard Heiserer Bildungs- und Investitionsprogramme vor, damit "jungen Menschen in ihren Heimatländern gute Zukunftsperspektiven vorfinden". Heiserer verwies auf Prognosen, denen zufolge sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 auf zweieinhalb Milliarden verdoppeln soll. Bildungsprogramme würden der Jugend nicht nur helfen Arbeit zu finden, sondern wären auch eine Strategie um die Emigration nach Europa zu verhindern.