"Musik kann Betroffene dort erreichen, wo Sprache längst verschwunden ist", zeigten sich Melisande Messner-Kolp, Ärztin und Obfrau der Camerata Musica, sowie Norbert Partl, Leiter der Caritas-Demenzinitiative, überzeugt.
"Musik kann Betroffene dort erreichen, wo Sprache längst verschwunden ist", zeigten sich Melisande Messner-Kolp, Ärztin und Obfrau der Camerata Musica, sowie Norbert Partl, Leiter der Caritas-Demenzinitiative, überzeugt.
"Camerata Medica Wien" musiziert am 15. März für Menschen mit Demenz im Wiener Konzerthaus. Caritas Wien und Mediziner machen auf steigende Zahl an Demenzkranken aufmerksam. Ärztekammerpräsident fordert politische Lösungen und bessere Finanzierung.
Die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen nimmt in Österreich zwar stetig zu, nicht aber die Angebote für Betroffene oder pflegende Angehörige: Darauf hat am Dienstag die Caritas Wien gemeinsam mit der "Camerata Medica Wien" bei einer Pressekonferenz hingewiesen.
Mit einem Benefizkonzert am 15. März im Wiener Konzerthaus zugunsten von Demenzprojekten der Caritas Wien will das Kammerorchester mit Mitgliedern aus dem medizinisch-pharmazeutischen Bereich auf Zukunftsperspektiven im Umgang mit Demenzkranken und auf Musik als Form der Therapie aufmerksam machen: "Musik kann Betroffene dort erreichen, wo Sprache längst verschwunden ist", zeigten sich Melisande Messner-Kolp, Ärztin und Obfrau der Camerata Musica, sowie Norbert Partl, Leiter der Caritas-Demenzinitiative, überzeugt.
Demenz sei gesellschaftlich stigmatisiert, kritisierte Messner-Kolp, so würden sich Angehörige mit Betroffenen kaum zu Konzerten trauen oder großen Menschenansammlungen ausweichen. Das Konzert sei damit auch ein Schritt in Richtung einer Integration von Betroffenen. Zudem könne Musik eine Art "Brücke zu Erinnerungen" schaffen, so die Ärztin: "Wenn gemeinsames Essen oder Sprechen nicht mehr möglich ist, kann Musikhören eine Form von Kommunikation sein und Erinnerungen wecken." So würden Demenzerkrankte teils kaum noch sprechen, dafür aber singen oder musizieren können.
Derzeit sollen in Österreich rund 130.000 Menschen demenziell erkrankt sein; weltweit bereits 50 Millionen. Aufgrund des steigenden Altersdurchschnitts müssten Politik wie Gesellschaft bis 2050 mit mehr als einer Verdoppelung der Erkrankten rechnen, warnte der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Die Bevölkerung werde älter und zunehmend chronisch krank. Zwar wisse die Politik über die steigende Pflegebedürftigkeit, habe jedoch "keine Lösungen": So sei die Frage der Finanzierung von Pflege und Gesundheit noch immer offen, zudem brauche es mehr Einrichtungen für Demenz-Diagnostik. Mit Blick auf die türkis-grüne Koalition meinte der Humangenetiker Szekeres: "Die Bundesregierung ist jung und gesund, hoffentlich hat sie auch genug Verständnis für diese Problematik."
An Demenz Erkrankte lebten - anders als oft angenommen - nicht "vollkommen abgekapselt" von ihrer Umgebung, sondern würden Anerkennung, Wehrschätzung und Erfolge benötigen, erklärte Norbert Partl, der Leiter Angehörigen- und Demenzinitiative der Caritas Wien. Die Caritas selbst habe ihr kostenloses Angebot für Betroffene und Angehörige in Wien und Niederösterreich bereits verstärkt. Viel in Anspruch genommen würden die psychosoziale Angehörigenberatung, das "Café Zeitreise" mit Austausch und Unterstützung sowie "Freizeitbuddys" für Ausflüge oder Museumsbesuche. Dazu bietet die Caritas Wien Austauschgruppen für Angehörige an. Für Partl ist klar: "Die Nachfrage nach solchen Angeboten steigt weiter."
Die Caritas-Demenzinitiative finanziert sich zum Großteil durch Spenden. Partl forderte darum eine langfristige finanzielle Unterstützung von Seiten der öffentlichen Hand. Des Weiteren brauche es mehr Entlastung und Unterstützung für pflegende Angehörige.
Das Benefizkonzert der "Camerata Medica Wien" zugunsten der Demenzinitiative der Caritas Wien findet am 15. März unter der Leitung von Nicolas Radelscu statt. Ab 19.30 Uhr treten das Kammerorchester und der Tenor Peter Leussink unter der Mitwirkung der Nachwuchspianistin Dorothy Khadem-Missagh auf; sie bringen u.a. Johannes Brahms' Sinfonie Nr. 1 c-Moll zur Aufführung. Der Erlös der Benefizgala im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses kommt Demenzprojekten der Caritas Wien zugute.
Karten auf www.cameratamedica-wien.at und www.konzerthaus.at