Der zum wiederholten Mal am Benefizsuppenessen teilnehmende Bundespräsident erwähnte in seinen Begrüßungsworten in seinen "bescheidenen imperialen Amtsräumen" das vom Bergbau verursachten Elend der indigenen Landbevölkerung.
Der zum wiederholten Mal am Benefizsuppenessen teilnehmende Bundespräsident erwähnte in seinen Begrüßungsworten in seinen "bescheidenen imperialen Amtsräumen" das vom Bergbau verursachten Elend der indigenen Landbevölkerung.
Benefiz-Suppenessen zugunsten der Aktion Familienfasttag bei Bundespräsident Van der Bellen in der Hofburg. kfbö-Vorsitzende Pernsteiner: Ernährungssouveränität ist Bildungsschwerpunkt. Projektpartnerinnen aus Indien informieren über Zerstörungen durch Bergbauindustrie.
Weltweit erzeugt die Landwirtschaft zwar ein Drittel mehr Kalorien als für die Versorgung der gesamten Erdbevölkerung notwendig ist, dennoch kämpfen Indigene wie in Nordostindien nach wie vor mit Mangelernährung und Ausbeutung durch die Agro-Industrie. Darauf hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Veronika Pernsteiner, am Montag, 2. März 2020, in der Wiener Hofburg hingewiesen. Gemeinsam mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen und dessen Frau Doris Schmidauer lud sie zum traditionellen Benefiz-Suppenessen zugunsten der kfbö-"Aktion Familienfasttag". Ernährungssouveränität ist heuer der Bildungsschwerpunkt der entwicklungspolitisch hoch engagierten größten Frauenorganisation Österreichs.
Grußworte sprachen auch Gastgeber Van der Bellen und der in der Bischofskonferenz für die kfbö zuständige Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl; prominente Benefizsuppenessende waren auch der Apostolische Nuntius Pedro Lopez Quintana, die Bischöfe Werner Freistetter (Militärdiözese) und Franz Scharl (Wien), Caritas-Präsident Michael Landau und weitere Vertreter der katholischen Kirche, Staatssekretärin Ulrike Lunacek, Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer u.a. aktive und frühere Politikerinnen verschiedener Parteien.
Aus dem indischen Bundesstaat Jharkand angereist waren auch die kfbö-Projektpartnerinnen Sr. Bina Stanis und Ajitha George von den lokalen Hilfsorganisationen "CASS" und "B.I.R.S.A"; sie arbeiten in dieser vom Kohlebergbau schwer in Mitleidenschaft gezogenen Region mit Frauen und Mädchen, die besonders stark unter Mangelernährung und Krankheiten wie Anämie leiden und zugleich die Hauptlast der Ernährungssicherung in der Familie tragen.
Der zum wiederholten Mal am Benefizsuppenessen teilnehmende Bundespräsident erwähnte in seinen Begrüßungsworten in seinen "bescheidenen imperialen Amtsräumen" das vom Bergbau verursachten Elend der indigenen Landbevölkerung. Die anwesenden Kämpferinnen für deren Rechte würdigte Van der Bellen als "Vorbilder an Widerstandskraft, Hoffnung und Zuversicht". Im Blick auf immer mehr junge Menschen, die eine bessere Welt wollten und ihre globale Verantwortung für dieses Ziel erkennen würden, äußerte das Staatsoberhaupt Optimismus, dass Solidarität unabhängig von Nationalität, Geschlecht oder Religion zunimmt. Die Welt sei ein Dorf geworden - um das man sich freilich auch kümmern müsse.
Kritisch erwähnte Van der Bellen den jüngsten OECD-Bericht, der u.a. Österreichs Entwicklungspolitik unter die Lupe nahm. Zu Recht sei darin festgestellt worden, dass Österreich strategisch und finanziell mehr tun sollte. Er hoffe darauf, dass diesbezügliche Pläne im türkis-grünen Regierungsprogramm auch umgesetzt werden.
Bischof Wilhelm Krautwaschl erinnerte daran, dass die Fastenzeit für mehr stehe als einen "40-tägigen Kampf gegen den Wohlstandsbauch". Es gehe vielmehr um ein Nachdenken über das Wesentliche im Leben. Er habe selbst die von der Frauenbewegung unterstützten Projekte in Indien besucht und sich von deren Wirksamkeit überzeugen können. Krautwaschl griff das Familienfasttags-Motto "Teilen spendet Zukunft" auf und betonte: "Das Weniger für uns soll zum Mehr für andere werden, die es dringend brauchen."
Ernährungssouveränität meint das Recht der Bevölkerung, über ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen, erinnerte kfbö-Vorsitzende Pernsteiner an ein bereits 2007 in Mali formuliertes Grundsatzpapier. Damit sollen die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme gestellt werden, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne. Genau das geschehe aber im diesjährigen Schwerpunktland des Familienfasttages, Indien, wo Bergbaufirmen in Jharkand seit rund einem Jahrhundert Kohle und Erz abbauen. Die indigene Bevölkerung vor Ort, die in enger Beziehung mit der Natur und vor allem dem Wald lebte, habe durch den exzessiven Tagbau nach und nach ihre Lebensgrundlage verloren, berichtete Pernsteiner.
Aber auch die Agroindustrie trage dazu bei, dass die Kultivierung und Nutzung der natürlichen Vielfalt und das Wissen - vor allem von Frauen - um den Nährstoffreichtum alter Sorten immer mehr aus dem Blick geraten. Die Indigenen in Jharkand hätten vor dem Zugriff der Bergbauindustrie prototypisch "Ernährungssouveränität" gelebt, so die kfbö-Vorsitzende: In ihrem natürlichen Umfeld hätten sie "gesunde Nahrung nachhaltig hergestellt". In der Kultivierung alter Sorten liege die beste Prävention gegen Mangelernährung und Fremdbestimmung in der Nahrungssicherung. "Frauen kommt als Sammlerinnen, Kleingärtnerinnen, in der Landwirtschaft Tätige dabei eine Schlüsselfunktion zu", wies Pernsteiner auf das daran anknüpfende Engagement ihrer indischen Gäste hin.
Die kfbö kämpfe gemeinsam mit Organisationen wie WIDE und FIAN dafür, dass Regierungen und Konzerne für Verstöße gegen Menschenrechte wie das Recht auf selbstbestimmte Nahrung zur Rechenschaft gezogen werden. "Die agroindustrielle Landwirtschaft muss zugunsten agrarökologischer Alternativen, die Mensch, Tier und Umwelt respektieren und schützen, zurückgedrängt werden", forderte Pernsteiner. Angesichts der besonderen Verletzlichkeit von Frauen müsse auch das Recht auf angemessene Ernährung von Frauen explizit festgeschrieben werden - im 1966 geschlossenen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte (WSK-Pakt) sie dies nicht ausdrücklich festgehalten.
Der Film "Leben gestalten" von Biju Toppo und Meghnath Bhattacharya informierte beim Benefizsuppenessen über "indische Frauenprojekte, die Hoffnung geben". Auch in den anschließenden Worten von Bina Stanis und Ajitha George wurde deutlich, welch weitreichenden Folgen die Rodung von Wäldern und die Verschmutzung von Flüssen im an Bodenschätzen reichen Nordostindien hat. Durch Staudämme konnte wieder eine Grundlage für naturnahe Landwirtschaft gelegt werden. Inspiriert von der Theologie der Befreiung treten die kfbö-Partnerinnen der großen strukturellen Gewalt entgegen und investieren in Menschen statt in Ressourcenverschwendung.
Zum Abschluss luden Schülerinnen der Tourismusschulen "Modul" der Wirtschaftskammer Wien zum Suppenessen: Zur Auswahl standen indische Linsensuppe, Gemüsesuppe mit Knusperkarotten und Petersiliensuppe mit Croutons; als Nachtisch wurden "Best Buchteln in Town" gereicht.
Info zum Familienfasttag: www.teilen.at