Personell scheint die vatikanische Finanzaufsicht mit den Ernennungen wieder konsolidiert.
Personell scheint die vatikanische Finanzaufsicht mit den Ernennungen wieder konsolidiert.
Nach schwerem Eklat hat Finanzaufsicht des Vatikan ein neues Leitungsteam - Team steht vor schwerem Start.
Gut ein halbes Jahr, nachdem sie in Turbulenzen geraten ist, hat die vatikanische Finanzaufsicht AIF wieder eine komplette Führungsspitze.
Wie das päpstliche Presseamt am Mittwoch mitteilte, wurde der italienische Finanzwissenschaftler Giuseppe Schlitzer zum Direktor ernannt, der Wirtschaftswissenschaftler Federico Antellini Russo zu seinem Stellvertreter. Bereits im November löste Carmelo Barbagallo den Schweizer Rene Brülhart ab, der den Posten als AIF-Präsident im Eklat verlassen hatte.
Einzelheiten zu den beiden neuesten Mitarbeitern teilte der Vatikan nicht mit - außer dass ihre Berufung durch den Kardinalstaatssekretär erfolgte, Pietro Parolin. Eine Investment-Affäre in dessen Behörde war es, in deren Sog im Oktober auch die Finanzaufsicht geriet.
Anlass war ein Immobiliengeschäft in London, mit dem das Staatssekretariat dringend benötigte Renditen erwirtschaften wollte. Die Anlage in dreistelliger Millionenhöhe verlief ungünstig, mehrfach musste der Heilige Stuhl Kapital nachschießen, um die Gesamtinvestition zu retten. Bei dem Versuch, eine ebenfalls millionenschwere Hypothek über die Vatikanbank IOR abzulösen, schritt die Justiz des Vatikanstaats ein und veranstaltete eine Razzia in Büros des Staatssekretariats und der AIF.
Papst Franziskus selbst sprach von Korruption, ohne die Vorwürfe allerdings zu konkretisieren. Der Direktor der Finanzaufsicht, Tommaso Di Ruzza, wurde zusammen mit vier Beschäftigten des Staatssekretariats suspendiert. AIF-Präsident Brülhart und der Aufsichtsrat stellten sich hinter Di Ruzza, jedoch erfolglos. Welches Fehlverhalten ihm vorgeworfen wird, machte der Vatikan nie öffentlich. Di Ruzzas fünfjähriges Mandat lief am 20. Jänner ab.
Sein Nachfolger Schlitzer, Jahrgang 1962, arbeitet für das Beratungsunternehmen FP Corporate Finance in Neapel und hat daneben einen Lehrauftrag an der privaten Wirtschaftsuniversität LIUC im norditalienischen Castellanza. Studienabschlüsse erwarb er in Neapel sowie Chicago und Washington; seine berufliche Laufbahn begann er bei der italienischen Zentralbank, es folgten Tätigkeiten für den Internationalen Währungsfonds, den italienischen Arbeitgeberverband Confindustria und das Finanzministerium San Marino.
Sein künftiger Stellvertreter Antellini Russo ist Dozent an der römischen Privatuniversität Luiss Guido Carli, die mit Confindustria verbunden ist. In einem Dokument der vatikanischen Finanzaufsicht von Anfang April firmiert er als geschäftsführender Direktor unter dem neuen Präsidenten Barbagallo.
Dieser war vor seinem Wechsel in den Vatikan viele Jahren bei der italienischen Zentralbank für Bankenaufsicht verantwortlich und pflegte die Beziehungen zur zentralen europäischen Bankenaufsicht. Ob er in der Banca d'Italia auch schon mit Schlitzer zusammenarbeitete, ist nicht bekannt.
Personell scheint die vatikanische Finanzaufsicht mit den Ernennungen wieder konsolidiert. Allerdings warfen nach Brülhart im November auch zwei der vier Aufsichtsratsmitglieder, die Banker Marc Odendall und Juan Zarate, das Handtuch. Für sie teilte der Vatikan noch keine Nachnominierung mit.
Ein anderes Handicap ist beseitigt, nachdem die Egmont Group die AIF im Jänner erneut in ihren Kreis aufgenommen hat. Die Arbeitsgemeinschaft von Finanzaufsichtsbehörden weltweit hatte den Vatikan von ihrer internen Informationsplattform ausgesperrt, weil sie aufgrund der Haussuchung durch die Vatikan-Justiz den Schutz sensibler Daten nicht gewährleistet sah.
Eine weitere Probe steht an, wenn das europäische Expertenkomitee für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, Moneyval, den Vatikan zu einer Kontrolle besucht. Die vorbereitende Dokumentation seitens des Heiligen Stuhls war im Spätherbst offenbar unter die Räder geraten. Vom abschließenden Gutachten Moneyvals hängt einiges für den Ruf als Finanzplatz ab.
An sich sollten die Prüfer sich vom 27. April an ein bisschen in den Büros am Petersdom umschauen. Es kann aber sein, dass die Corona-Krise dem Vatikan noch einen Aufschub gewährt.