Der ehemalige Papst vergleichtz seine jetzige Situation mit der eines Alt-Bauern in Bayern, der den Hof an den Sohn abgegeben hat, im "Austrags-Haus" wohnt und seine väterlichen Rechte abgegeben hat.
Der ehemalige Papst vergleichtz seine jetzige Situation mit der eines Alt-Bauern in Bayern, der den Hof an den Sohn abgegeben hat, im "Austrags-Haus" wohnt und seine väterlichen Rechte abgegeben hat.
Umfassende Joseph-Ratzinger-Biografie von Peter Seewald erschienen. In Interview für Schlusskapitel äußert sich Benedikt XVI. zum Rücktritt 2013 und zur Kritik an der Ausübung seiner Rolle als emeritierter Papst. Benedikt XVI. sieht Kirche durch "scheinbar humanistische Ideologien" bedroht.
Benedikt XVI. (93) hat sich gegen Kritik an seiner Rolle als emeritierter Papst zur Wehr gesetzt. In einem am Montag im Rahmen einer umfangreichen Biografie aus der Feder des Journalisten Peter Seewald erstmals veröffentlichten Interview erklärte der 2013 zurückgetretene Papst die Motive und Bedeutung seines Rücktritts.
Er dementierte, dass Fälle von Korruption im Vatikan oder der "Vatileaks"-Skandal, bei dem sein Kammerdiener geheime Dokumente an einen Journalisten übergeben hatte, Anlass oder Grund für den kirchengeschichtlich einmaligen Schritt gewesen sei.
"Mit alledem hat mein Rücktritt absolut nichts zu tun", betonte Benedikt.
Vielmehr sei ihm gegen Ende seiner Amtszeit klar geworden, dass neben einer möglichen Demenz "auch andere Formen von nicht mehr genügender Fähigkeit zur rechten Amtsführung möglich sind". In diesem Zusammenhang enthüllte der frühere Papst, dass er ebenso wie seine Vorgänger Paul VI. und Johannes Paul II. eine bedingte Rücktrittserklärung unterzeichnet habe "für den Fall einer Krankheit, die eine angemessene Ausübung des Amtes unmöglich machte". Dies habe Joseph Ratzinger bereits "relativ früh" in seinem 2005 begonnenen Pontifikat getan.
Neue Benediktbiographie erschienen
Die neue 1.184 Seiten umfassende und von Droemer-Knaur verlegte Biografie "Benedikt XVI. - Ein Leben" sollte bereits im Frühjahr 2019 erscheinen. Das Buch enthält neue Informationen und Einsichten, die der Autor in Gesprächen mit dem zurückgetretenen Papst, dessen Bruder und den Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung aufgezeichnet hat. Neben Details über die Umstände und die Planung des Rücktritts von Benedikt XVI. im Jahr 2013, von dem vorab nur eine Handvoll Vertraute wussten, gehört dazu u.a. auch das Thema des Umgangs mit dem Skandal des sexuellen Missbrauchs in der Kirche.
Doch "geistliches Testament" verfasst
Das Schlusskapitel bildet ein allerletztes, schriftlich geführtes Interview Seewalds mit Benedikt XVI. aus dem Herbst 2018. Darin ging der zurückgetretene Pontifex ausführlich auf Kritik an seinem Rücktritt sowie an der Ausübung seiner Rolle als emeritierter Papst ein. Benedikt enthüllte auch, dass er entgegen früheren Absichten im Ruhestand nun doch ein geistliches Testament verfasst hat. Über den Inhalt machte er keine Andeutungen.
Ausführlich ging Benedikt XVI. auf Theologen-Kritik an seinem Rücktritt ein. Das von ihm neu geschaffene Amt eines "emeritierten Papstes" sei zu vergleichen mit dem eines aus Altersgründen zurückgetretenen Bischofs, betonte er. Diese Rechtsfigur könne auch auf den Bischof von Rom angewandt werden, denn "diese rechtlich-spirituelle Form vermeidet jeden Gedanken an ein Miteinander von zwei Päpsten: Ein Bischofssitz kann nur EINEN Inhaber haben. Zugleich wird eine spirituelle Verbundenheit ausgedrückt, die auf keinen Fall weggenommen werden kann."
Persönliche Freundschaft mit Franziskus
Weiter verglich der ehemalige Papst seine jetzige Situation mit der eines Alt-Bauern in Bayern, der den Hof an den Sohn abgegeben hat, im "Austrags-Haus" wohnt und seine väterlichen Rechte abgegeben hat. Vehement wandte sich Benedikt XVI. gegen Vorwürfe, dass er sich nach seinem Rücktritt in öffentliche Debatten eingemischt habe. Dies sei "eine bösartige Verzerrung der Wirklichkeit". Er deutete an, es gebe "Gründe dafür, dass man einfach meine Stimme ausschalten will".
Über das Verhältnis zu seinem Nachfolger sagte er, er danke Gott, dass ihm die "herzliche Zuwendung von Papst Franziskus" die Umsetzung der Idee eines emeritierten Papstes ermögliche. Seit ihrer ersten Begegnung nach dessen Wahl im Jahr 2013 gebe es eine persönliche Freundschaft, die seither "nicht nur geblieben, sondern gewachsen" sei.
Kritik an "scheinbar humanistischen Ideologien"
Kritik übte der emeritierte Papst in dem Interview im Schlusskapitel der Biografie auch an einer "weltweiten Diktatur von scheinbar humanistischen Ideologien", die auch Kirche und Papsttum bedrohten. Wer ihnen widerspreche, werde aus dem gesellschaftlichen Konsens ausgeschlossen. Als Beispiel nannte Benedikt XVI. die homosexuelle Ehe, die Abtreibung und die "Herstellung von Menschen im Labor".
Wörtlich erklärte der frühere Papst: "Die moderne Gesellschaft ist dabei, ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit der gesellschaftlichen Exkommunikation bestraft wird." Zur Lage der Kirche im 21. Jahrhundert sagte er: "Inzwischen haben die Ereignisse gezeigt, dass die Krise des Glaubens vor allem auch zu einer Krise der christlichen Existenz geführt hat."
"Letzte Gespräche"
Die neue, umfangreiche Biografie, die auch einen ausführlichen Bildteil umfasst, soll nach Mitteilung des Verlags demnächst auch auf Englisch, Spanisch, Französisch und Polnisch erscheinen. Peter Seewald (65) hat in der Vergangenheit bereits vier Interview-Bücher mit Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. herausgebracht, die zu Bestsellern wurden. Das jüngste davon unter dem Titel "Letzte Gespräche" erschien 2016. Die bislang ausführlichste Biografie stammt von Joseph Ratzinger selbst und erschien 1998 unter dem Titel "Aus meinem Leben (1927-1977)".