Kardinal Krajewski, päpstlicher Almosenverwalter will jedem helfen, der Hilfe benötigt - völlig egal, ob gläubig oder nicht: "Ich messe keinen Glauben. Weder strafe ich Sünder noch belohne ich wahre Katholiken."
Kardinal Krajewski, päpstlicher Almosenverwalter will jedem helfen, der Hilfe benötigt - völlig egal, ob gläubig oder nicht: "Ich messe keinen Glauben. Weder strafe ich Sünder noch belohne ich wahre Katholiken."
Kardinal Krajewski sorgt in der Corona-Krise mit immer neuen Hilfsaktionen im Namen des Papstes für Schlagzeilen .Doch das Engagement kommt nicht bei jedem gut an.
Seine Mission ist erst dann erfüllt, wenn das Bankkonto leer und das Lager geräumt ist: Kardinal Konrad Krajewski ist der Almosenmeister von Papst Franziskus. In dessen Auftrag verteilt er bereits seit 2013 Spenden an Bedürftige. Doch nie zuvor hatte er so viel Arbeit wie in der aktuellen Krise. Allein in Italien hat sich die Zahl der Hilfesuchenden nach Caritas-Angaben mehr als verdoppelt. Grund sind die verheerenden wirtschaftlichen Folgen des Corona-Lockdown. Ein klarer Fall also für den "Robin Hood des Vatikan", wie der 56-Jährige gerne in der Presse tituliert wird.
Tatsächlich erweist sich der Liturgie-Experte inmitten der Pandemie als vatikanischer Aktivposten. Kaum eine Krisenwoche vergeht, in der Krajewski nicht für Schlagzeilen sorgt. Das erste Ausrufezeichen setzte er Mitte März. Damals ordnete die Diözese Rom aufgrund der Seuchengefahr an, alle Kirchen der Stadt komplett zu schließen. Der Kurienkardinal sah darin einen eklatanten Widerspruch zu seiner Jobbeschreibung und entschloss sich zum Widerstand.
Er ignorierte das Verbot nicht nur, sondern zelebrierte den Regelverstoß geradezu: Öffentlichkeitswirksam fuhr der Pole zu seiner Titelkirche Santa Maria Immacolata all'Esquilino und öffnete persönlich das Portal. "Unter voller Berücksichtigung der Sicherheitsnormen ist es mein Recht, den Armen eine offene Kirche zu bieten", rechtfertigte er sein Vorgehen. Wenig später machte die Diözese die Schließungen rückgängig.
Krajewski ist mehr als nur ein Grüßonkel, der bei Wohltätigkeitsveranstaltungen Schecks in die Kameras hält. Im Dienst für die Armen sieht der Geistliche eine zentrale Vorgabe des Evangeliums. Und er ist sich nicht zu schade, selbst mit anzupacken. Trotz Ansteckungsgefahr verteilt er in Roms Problemvierteln regelmäßig Lebensmittelpakete. Als zwei römische Frauenklöster unter Quarantäne gestellt wurden, brachte er ihnen Frischmilch und Joghurt von päpstlichen Bauernhöfen vorbei. Das sei ein "Zeichen der Nähe und Zuneigung in dieser Zeit der Prüfung", hieß es in einer Mitteilung des Almosenamtes.
Freilich beschränkt sich die Tätigkeit des päpstlichen Almosenmeisters nicht darauf, Pakete auszuliefern. Krajewski leitet eine ganze Kurienabteilung, die Hilfsleistungen in aller Welt koordiniert. Als der Vatikan im Februar 700.000 Schutzmasken nach China lieferte, war er es, der die Aktion organisierte. Ebenso sorgte er dafür, dass Dutzende vom Papst beschaffte Beatmungsgeräte rasch in den vorgesehenen Krankenhäusern ankamen.
Der Kardinal will jedem helfen, der Hilfe benötigt - völlig egal, ob gläubig oder nicht. "Ich messe keinen Glauben", betont er immer wieder. "Weder strafe ich Sünder noch belohne ich wahre Katholiken." Das Evangelium mache keinen Unterschied. Die Auswirkungen der Pandemie träfen Angehörige aller sozialen Schichten. Er kenne Menschen, die Häuser besäßen, aber nichts im Kühlschrank hätten. Diesen müsse ebenfalls geholfen werden, so der Almosenmeister.
Seine unorthodoxe Art hat Krajewski auch Kritik eingebracht. Eine Hilfsaktion für transsexuelle Prostituierte in einem Küstenort nahe Rom ließ kürzlich etliche Beobachter die Nase rümpfen. Rund 20 Personen aus einer größeren "Trans-Communitiy" waren dort von ihren "üblichen Gönnern" im Stich gelassen worden. Der Sozialbeauftragte von Franziskus half in der Not aus und veranlasste eine entsprechende Zahlung. Konservative Kommentatoren sehen in Krajewski nun einen Kardinal, der "Prostituierte finanziert".
Der Gescholtene reagiert gelassen. Er verstehe nicht, weshalb das so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Die Kirche als "Feldlazarett" müsse schließlich Hilfe für Jedermann leisten. Das sei "normale Arbeit".
Es ist nicht das erste Mal, dass Krajewski mit ungewöhnlichen Maßnahmen in die Schlagzeilen gerät. Vor einem Jahr wurde er international als "Strom-Rebell" bekannt, als er den Bewohnern eines besetzten Hauses eigenmächtig den gesperrten Stromanschluss freischaltete. Der Almosenmeister will auch darin nichts Besonderes erkennen. "Ich folge nur dem Evangelium", sagt er lapidar.