Annemarie Fenzl: "Als 'Meister des Dialogs über alle religiösen und weltanschaulichen Grenzen hinweg' sei König schon zu Lebzeiten als großer 'Brückenbauer' bezeichnet worden."
Annemarie Fenzl: "Als 'Meister des Dialogs über alle religiösen und weltanschaulichen Grenzen hinweg' sei König schon zu Lebzeiten als großer 'Brückenbauer' bezeichnet worden."
Archiv umfasst neben Bibliothek Kardinal Königs rund 2.000 Archivschachteln mit persönlichen Dokumenten, Fotos, Briefen aber auch zahlreichen Gegenständen.
Das "Kardinal König-Archiv" feiert dieser Tage sein zehnjähriges Bestehen. Die feierliche Eröffnung der Räumlichkeiten im Wiener Erzbischöflichen Palais fand am 24. Juni 2010 in Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer statt. Das Archiv umfasst neben der persönlichen Bibliothek Kardinal Franz Königs (1905-2004) rund 2.000 Archivschachteln der Jahre zwischen 1958 und dem Tod des Kardinals 2004 mit persönlichen Dokumenten, Fotos, Briefen aber auch zahlreichen Gegenständen.
Mit der Eröffnung der Räumlichkeiten vor zehn Jahren begann die Katalogisierung, Verschlagwortung und teilweise Digitalisierung der Bestände. Diese Arbeit wird freilich noch lange nicht abgeschlossen sein, wie Annemarie Fenzl gegenüber Kathpress anlässlich des Jubiläums erläuterte. Zugänglich ist das Archiv im Rahmen von Forschungsarbeiten, aber auch als Ort der Begegnung und des Gesprächs für kirchliche Gruppen. Das "Programm" im Archiv reicht u.a. von Vortragsabenden über das Leben des Kardinals, Aktionen im Rahmen der jährlichen "Langen Nacht der Kirchen" bis hin zu Schülerbesuchen.
Nicht zuletzt ist das Archiv auch Sitz der gleichnamigen "Kardinal König-Stiftung", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, "exakt jene Bereiche, die Kardinal König besonders am Herzen lagen, zu fördern: den interreligiösen Dialog, das Gespräch zwischen Wissenschaft und Religion sowie die ganz konkrete Hilfe vor Ort", so Fenzl, die u.a. als Generalsekretärin der Stiftung fungiert. Fenzl erinnerte an Kardinal Königs Motto: "Die schönsten Worte nützen nichts, wenn ihnen nicht die konkrete Tat folgt!" In diesem Sinne beteiligt sich die Stiftung am Bau einer neuen Kirche in der nordirakischen Ninive-Ebene, wo von 2014 bis 2016/17 fast alle kirchlichen Einrichtungen vom IS zerstört und rund 100.000 Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten vertrieben wurden.
Umfangreiche Archivbestände
Annemarie Fenzl über die Bestände des Archivs: "Es beinhaltet Königs persönliche Dokumente, aber auch seine amtliche Korrespondenz als Erzbischof von Wien, ein eigenes Fotoarchiv, ein Tonarchiv, dazu seine gesamte Bibliothek und schließlich auch eine große Anzahl dreidimensionaler Gegenstände - Geschenke aus aller Welt." Einen gesonderten großen Bestand - "ein Herzstück des Archivs" - würden die schriftlichen und mündlichen Wortmeldungen des Kardinals zu nahezu allen wichtigen Ereignissen in Österreich und weit darüber hinaus bilden.
Viel Raum nehme naturgemäß das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) ein, so Fenzl: "Kardinal König war ja Konzilsvater aus Überzeugung." Ihren Niederschlag gefunden hätten im Archiv aber auch die römischen Bischofssynoden, ebenso wie das römische Sekretariat für den Dialog mit den Nichtglaubenden, dessen Präsident Kardinal König von 1965 bis 1980 war; ebenso die ökumenischen Stiftung "Pro Oriente", die sich besonders dem Dialog mit den Kirchen des Ostens verschrieben hat, sowie die zahlreichen Reisen des Kardinals rund um die Welt.
Das Archiv spiegele aber vor allem auch wichtige Stationen der Kirche von Wien wider: die Wiener Diözesansynode von 1969, die die Konzilsbeschlüsse auf die diözesane Ebene übertragen sollte, aber auch Katholikentage und Papstbesuche, Gedenkjahre, den Fall des Eisernen Vorhanges und den Beginn des gemeinsamen Weges nach Europa. Somit dokumentiere das "Kardinal König-Archiv" das Leben der Kirche von Wien und Österreich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Fenzl: "Kardinal König hat die Kirche immer als einen aktiv mitgestaltenden Faktor der Gesellschaft verstanden. Darüber hinaus bezeugt das breite Spektrum des Archivgutes den weltweiten Horizont des Kardinals, der immer offen und ganz und gar ohne Berührungsangst auf alle Menschen zugegangen ist."
"Archive sind Hüter der Wahrheit"
Angesprochen auf das Selbstverständnis des Archivs verwies Fenzl auf die erste Seelenmesse für Kardinal König am Abend seines Todestages. Damals sagte Kardinal Schönborn im Stephansdom über seinen Vorgänger: "Er war Seelsorger bis zum Schluss. Wenn er jetzt gegangen ist, dann ist es auch für mich als sein Nachfolger ein schwerer Moment in dem Wissen, dass er, der wie eine Säule hinter mir gestanden ist, der mit seiner liebevollen, väterlichen Begleitung einfach eine starke Stütze war, jetzt nicht mehr da ist. - Ist er nicht mehr da?" Und Schönborn gab gleich dazu die Antwort: "In seinem Testament hat Kardinal König um die Osterkerze an seinem Sarg gebeten - als Zeichen der Auferstehung. Er wird sicher als Fürsprecher eine ganz große Hilfe für die Erzdiözese Wien, für alle Menschen in unserem Land und weit darüber hinaus sein. Dafür danke wir Gott in dieser Stunde."
In dieser Tradition des "hinter dem Erzbischof Stehens" im Geist von Kardinal König, bewahre und pflege das Archiv das Gedankengut seines Namensgebers und wolle dadurch auch einen Beitrag leisten, "dass es in der Gesellschaft von heute weiterwirken kann". Fenzl: "Archive sind Hüter der Wahrheit, stille, aber aufmerksame und unbestechliche Beobachter." - Eine schwierige, aber eine notwendige Aufgabe, denn: "Die Wahrheit ist immer ein gefährdetes Gut. Und immer wieder bedarf es der unaufgeregten Reflexion". Hier setze auch die große Bedeutung der Gedächtnisarbeit ein, "die von uns gepflegt wird und die auch immer wieder den Bezug zur Gegenwart herstellt".
"Eine Brücke von Mensch zu Mensch"
Die Idee zur Einrichtung eines Kardinal König-Archivs geht auf eine Entscheidung Kardinal Christoph Schönborns zurück; nur einige Wochen nach dem Tod seines Vorvorgängers am 13. März 2004. Der Kardinal bestimmte dazu einen Raum im Erdgeschoss des Mitteltraktes des Palais, der die beiden Innenhöfe trennt, ein Ort "im Herzen des Hauses", so Fenzl.
Als "Meister des Dialogs über alle religiösen und weltanschaulichen Grenzen hinweg" sei König schon zu Lebzeiten als großer "Brückenbauer" bezeichnet worden, hob Fenzl hervor. Und daher sei das dominierende architektonische Element des Archivs eine Brücke, die die beiden eigentlichen Archivgeschoße miteinander verbindet. "Diese Brücke überspannt den ganzen Raum und erinnert an eine Brücke von Mensch zu Mensch und von Mensch zu Gott. Ein solcherart ausgestatteter Raum ist auch ein guter Ort für Gespräche."