Mit dem "Sonntag der Völker" wurde zugleich der 106. kirchliche "Welttag des Migranten und Flüchtlings" begangen. Dieser stand unter dem Motto "Wie Jesus Christus zur Flucht gezwungen.
Mit dem "Sonntag der Völker" wurde zugleich der 106. kirchliche "Welttag des Migranten und Flüchtlings" begangen. Dieser stand unter dem Motto "Wie Jesus Christus zur Flucht gezwungen.
Referatsbischof für fremdsprachige Seelsorge feierte mit den Gemeinden zentralen Gottesdienst zum "Sonntag der Völker" und zum "Welttag des Migranten und Flüchtlings" im Wiener Stephansdom.
Zu mehr Wertschätzung im Umgang mit Flüchtlingen und Migranten hat der Wiener Weihbischof Franz Scharl aufgerufen. Österreich würde ohne die vielen in der Pflege oder als Erntehelfer tätigen Menschen im Land wohl anders aussehen, und etwa die vietnamesischen Bootsflüchtlinge oder die Bosnienflüchtlingen der 1990er-Jahre seien heute "sehr gut integriert", betonte der Referatsbischof der Bischofskonferenz für die fremdsprachige Seelsorge am Sonntag beim Festgottesdienst zum "Sonntag der Völker" im Wiener Stephansdom.
Mit dem "Sonntag der Völker" wurde zugleich der 106. kirchliche "Welttag des Migranten und Flüchtlings" begangen. Dieser stand unter dem Motto "Wie Jesus Christus zur Flucht gezwungen. Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration der Binnenvertriebenen". Papst Franziskus hat die Botschaft zum Welttag - aus der Weihbischof Scharl mehrfach zitierte - bewusst dem Drama der Binnenvertriebenen gewidmet, "einem oft unsichtbaren Drama, das durch die Corona-Pandemie nochmals verschärft wird".
Statt um schöne Worten gehe es bei der Integration um Taten, unterstrich Scharl. Flüchtlingen müsse man "auf Augenhöhe begegnen" und die von Papst Franziskus in diesem Zusammenhang immer wieder geforderten Grundprinzipien "aufnehmen, schützen, fördern, integrieren" ernst nehmen. Es sei wichtig, sich für die Lebensbedingungen von Migranten und Flüchtlingen zu interessieren, ihnen zuzuhören und sich auch mit der Geschichte ihrer Herkunftsländer vertraut zu machen. Migranten hätten ein Recht auf "Partizipation", zugleich müsse man auch bedenken, dass ihre Ausbildung, die jetzt Österreich zugutekomme, von ihren Heimatländern finanziert worden sei.
In Richtung der vielen bei dem gemeinsam gestalteten Gottesdienst anwesenden Sprachgruppen appellierte Weihbischof Scharl, nicht nur auf die eigene Gruppe konzentriert zu bleiben, sondern sich auch "um das Wohl der anderen" zu bemühen. Die jüngere Geschichte zeige, welche dramatischen Konsequenzen sich ergeben, "wenn die eigene Nation für wichtiger gehalten wird als das, was Jesus Christus sagt". Bei dem unter dem Motto "Gerechtigkeit" gefeierten Gottesdienst verwies Weihbischof Scharl auch darauf, dass es in der durch Globalisierung und Migrationen geprägten Welt Aufgabe der Christen sei, allen Menschen die gute Nachricht von Jesus Christus zu vermitteln.
In der katholischen Kirche in Österreich gibt es außer bei den Sprachen auch bei den Riten eine große Vielfalt, erinnerte der Weihbischof. In der Erzdiözese Wien gibt es neben dem lateinischen Ritus zehn weitere Riten, vom syro-malabarischen bis zum ukrainischen griechisch-katholischen.
Mit Scharl konzelebrierten die Priester der verschiedenen anderssprachigen Gemeinden in der Erzdiözese Wien: polnische, slowakische, tschechische, rumänische, kroatische, slowenische, albanische, italienische, ungarische, englisch-, französisch-, spanischsprachige Gemeinde und Gemeinde der Roma und Sinti. In der musikalischen Gestaltung waren u.a. der Gitarrist Buko Weinreich (Sinti-Gemeinde) sowie als Solisten Simina Ivan (rumänische Gemeinde), Ludmila Kirschova (slowakische Gemeinde), Alina Mazur (polnische Gemeinde) sowie Tini Kainrath (Sinti-Gemeinde) beteiligt.
In den Fürbitten betete die tschechische Gemeinde um Schutz in der Corona-Pandemie, die französischsprachige Gemeinde um die Bewahrung der Vielfalt in der Kirche, die rumänische Gemeinde für die Politiker in der derzeitigen Krise, die Sinti-Gemeinde für die Kranken und die slowakische Gemeinde um neue Glaubenskraft.
Zu Beginn der Messfeier lud der neuernannte Nationaldirektor für die anderssprachige Seelsorge, Alexander Kraljic, zum Gebet ein. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress hatte er bereits vorab betont, die Kirche wolle auch trotz der heurigen Corona-Beschränkungen die Rolle der "Menschen mit Migrationshintergrund" in Gesellschaft und Kirche sichtbar machen. Aufgrund ebendieser Beschränkungen habe man heuer versucht, die anderssprachige Seelsorge und Migration verstärkt in den Pfarrmessen zu thematisieren. Dazu wurden in den Gemeinden Videobotschaften von Weihbischof Scharl und dem Rektor der anderssprachigen Gemeinden der Erzdiözese Wien, Johannes Gönner, gezeigt.
Der "Sonntag der Völker" hieß früher "Ausländersonntag". Die katholische Kirche legt großen Wert auf die "Begegnung der Völker" auch innerhalb der christlichen Gemeinden: "Die Fremden sind ein sichtbares Zeichen und ein wirksamer Aufruf jenes Universalismus, der ein grundlegendes Element der katholischen Kirche ist", so das dies zum Ausdruck bringende Leitwort aus dem bereits 2004 veröffentlichten Vatikan-Dokument "Die Liebe Christi zu den Migranten".
Eine halbe Million Katholiken in Österreich haben laut Angaben der Nationaldirektion für die anderssprachige Seelsorge Migrationshintergrund, wobei zwei Drittel davon in Wien und Umgebung leben. Die meisten der praktizierenden Gläubigen sind in den deutschsprachigen Ortspfarren integriert, viele Migranten besonders aus den ersten Generationen jedoch auch in den anderssprachigen Gemeinden.
Der aus einer tschechischen Familie mit jüdischen Wurzeln stammende Flüchtlingsbeauftragte des Papstes, Kardinal Michael Czerny, hatte vor dem diesjährigen 106. Welttag "des Migranten und Flüchtlings" zu stärkerer internationaler Zusammenarbeit für die Vertriebenen aufgerufen. Als Kind tschechischer Eltern, die 1948 nach Kanada auswandern mussten, wisse er, was es heißt, in einem fremden Land aufzuwachsen, sagte der Kardinal. Die pastorale Sorge für Binnenvertriebene sei ihm ein besonderes Anliegen. Zu deren Schutz müssten die kirchlichen Akteure an einem Strang ziehen und das Bewusstsein für ihre Problemsituation schärfen, forderte er.
Das vatikanische Büro für Flüchtlingsarbeit hat mit Unterstützung des "Jesuit Refugee Service" (JRS) und anderer Organisationen pastorale Leitlinien zur Sorge für die Binnenvertriebenen entwickelt, die einer Zusammenarbeit förderlich sein können. Der "Flüchtlings-Kardinal" wies darauf hin, dass die Entschlossenheit, mit der Binnenvertriebene ihr Leben wieder aufbauen, dazu beitragen könne, die Gesellschaften zu verbessern, die ihre neue Heimat werden. In diesem Sinne könnten "Binnenvertriebene eine positive Kraft des Wandels sein".
Papst Franziskus lädt in seiner Botschaft zum Weltflüchtlingstag dazu ein, Jesus in den Gesichtern der Hungrigen, Durstigen, Kranken, Fremden und Gefangenen zu erkennen. Wie Kardinal Czerny erläuterte, geht es dabei außer um Binnenvertriebene auch um "alle, die infolge der Pandemie Situationen der Verlassenheit, Marginalisierung und Ablehnung erleben". Der Papst habe schon beim Welttag 2018 dazu aufgerufen, auf diese pastorale Herausforderung mit vier Verben zu antworten: aufnehmen, schützen, fördern, integrieren.
In der diesjährigen Botschaft ergänzte Papst Franziskus diese vier Verben nun durch sechs Verb-Paare, die mit praktischen Handlungen verbunden sind: "Man muss etwas kennen, um es zu verstehen; es ist notwendig, dass man jemandem zum Nächsten wird, um ihm dienen zu können; um sich versöhnen zu können, muss man zuhören; um zu wachsen, ist es notwendig, zu teilen; man muss jemanden miteinbeziehen, um ihn zu fördern; um etwas aufzubauen, ist es notwendig, zusammenzuarbeiten."