"Kirche ist kein Gebäude. Kirche ist eine Bewegung!".
"Kirche ist kein Gebäude. Kirche ist eine Bewegung!".
"Pastoralinnovation"-Gründer: Trotz gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen weg von institutionalisierter Religiosität ist viel Spielraum vorhanden, christliche Akzente zu setzen.
Wenn das kirchliche Leben nach den Corona-Lockdowns wieder an Fahrt gewinnt, ist es wichtig, gerade auch für Fernstehende eine "Kultur der Gastfreundschaft" zu pflegen und sich nicht in einer Haltung von "Rückzugsgefechten" einzurichten. Wie der Grazer Theologe, Organisationsentwickler und Gründer der Initiative "Pastoralinnovation", Georg Plank, im Interview der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" darlegte, ist trotz gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen weg von institutionalisierter Religiosität viel Spielraum dafür vorhanden, christliche Akzente zu setzen. "Wir segeln in gewissen Gewässern und können das Wetter nicht ändern", so Plank. "Aber wir können das Segel anders setzen und anders steuern."
Der frühere Kommunikations-Chef der Diözese Graz-Seckau, der mit "Pastoralinnovation" inzwischen im ganzen deutschen Sprachraum präsent ist, gab im "Sonntag" zehn Tipps, wie sich Kirchengemeinden bestmöglich in Krisenzeiten positionieren bzw. attraktiv machen: "Sich Engagierten liebevoll zuwenden" - da auch haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende "zuerst einmal Menschen" seien - ist einer davon, andere sind "Netzwerke gegen Einsamkeit aufbauen" und "Herausfinden, wer besonders leidet". Die Corona-Krise betreffe jeden und jede, aber äußerst unterschiedlich, wies Plank hin: "Öffnen wir Augen und Herzen für das sichtbare und unsichtbare Leid um uns."
Wichtig sei auch, Gebäude zu relativieren. "Kirche ist kein Gebäude. Kirche ist eine Bewegung!", betonte der Theologe. Gebäude seien dazu da, um Menschen zu erreichen. In Pandemiezeiten und auch danach sollte man aber auch hinaus gehen - buchstäblich. Plank: "Egal, welche Veranstaltung, ob liturgisch, sportlich oder gemeinschaftlich. Bevor ihr sagt: Geht nicht! Fragt euch: Geht's outdoor?" Auch online ließe sich vieles durchführen, wie der Berater aus seiner eigenen Praxis weiß. Das physische Zusammenkommen an einem Ort müsse nicht immer die erste Option sein. Vor Ort zu klären sei, wann eine Online-Variante oder sinnvolle Kombinationen vorzuziehen sind.
Ein grundsätzlicher Tipp des Ratgebers: Kreativ bleiben. "Macht nicht nur Krisenmanagement", forderte Plank. "Wagt Neues!" Und dabei vor allem solches, das die christliche Botschaft "existenzrelevant schärft". Planks Leitfragen dabei: "Was brauchen die Menschen JETZT von uns? Wie können sie JETZT erleben: Kirche, Glaube, Gott - das ist für MEIN LEBEN bedeutungsvoll!"
Kirchengemeinden, die all das beherzigen, könnten entgegen allen Säkularisierungs- und Individualisierungstrends erfolgreich Menschen ansprechen, weiß Plank von vielen Recherchen etwa im angloamerikanischen Bereich. Gemeinsam ist diesen "Wachstumsgemeinden", dass die Verkündigung des Evangeliums" vor allem durch Tun, weniger durch Reden" geschehe. Und dass beim Tun Gemeinschaft, Liebe, Solidarität, Gerechtigkeit, Gastfreundschaft usw. spürbar wird.
Es gelte von einer Behauptungs- zu einer Erlebniskultur zu kommen, betonte Plank weiter. Wohlformulierte Leitbilder und Pastoralpläne müssten sich auch in der Praxis bewähren: "Erleben die Leute das tatsächlich so?" Für die Betreuung gerade der "Nicht-Insider" sollten Pfarren einen Plan aufstellen und die Kirchenschwellen möglichst niedrig halten.
Das "Sich-an die-Macht-Klammern" und Bangen um Einflusssphären einer schwindenden Volkskirche bringt nach Planks Überzeugung letztlich nichts mehr. Nicht um "Systemrelevanz" kämpfen, so sein Rat, sondern ausgehen von dem Anspruch: "Wir wollen den Menschen jetzt in dieser Situation beweisen, dass wir existenzrelevant für sie sind, ihnen einen Mehrwert bieten, mit dem, was wir tun, wie wir für sie in der momentanen Krise da sind", sagte der Pastoralinnovator. "Dann könnte sich die Stimmung drehen und die Menschen sagen: Gut, dass es die Kirche, die Pfarre, den Sonntag gibt."