Der Experte appellierte in seinem Vortrag zum Thema "Sehen wir die Kirche an anderen Orten? Reden wir darüber" an die rund 320 Teilnehmer, dort zu sein, wo Gott und die Menschen sind - nämlich vor allem "außerhalb der Kirchenmauern".
Der Experte appellierte in seinem Vortrag zum Thema "Sehen wir die Kirche an anderen Orten? Reden wir darüber" an die rund 320 Teilnehmer, dort zu sein, wo Gott und die Menschen sind - nämlich vor allem "außerhalb der Kirchenmauern".
Zweites von vier österreichweiten Online-Foren bei Kongress im Vorfeld der Pfarrgemeinderatswahl 2022. Pastoraltheologe Bauer an kirchliche Mitarbeiter: "Gott ruft uns nach außerhalb der Kirchen. Da gibt es viel zu entdecken, vor allem viele Menschen".
"Kirche ist nicht nur da, wo ein Kirchturm steht", sondern vor allem draußen zu finden. Pfarrgemeinderäte sowie haupt-und ehrenamtlichen kirchliche Mitarbeiter sind daher aufgerufen "aus sich und über sich hinauszugehen": Das hat der Innsbrucker Pastoraltheologe Christian Bauer am Dienstag im zweiten Teil des vierteiligen österreichweiten Online-Kongress der Pfarrgemeinderäte betont. Der Experte appellierte in seinem Vortrag zum Thema "Sehen wir die Kirche an anderen Orten? Reden wir darüber" an die rund 320 Teilnehmer, dort zu sein, wo Gott und die Menschen sind - nämlich vor allem "außerhalb der Kirchenmauern".
An zweiten Teil des PGR-Kongresses nahmen via Videoplattform Zoom größtenteils ehrenamtlichen Pfarrgemeinderats-Mitglieder, aber auch der in der Bischofskonferenz für das Thema Pastoral und Katechese zuständige St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz sowie etliche hauptamtliche Kirchen-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie Priester und Diakone teil. Hintergrund der bis 6. Mai stattfindenden Online-Foren ist die nächste Pfarrgemeinderatswahl im März 2022.
Die Weisheit der Kirchenväter, dass außerhalb der Kirche kein Heil zu finden sei, habe zwar historisch seine Berechtigung gehabt, nun heiße es aber den Spruch umzukehren, meinte Bauer. So könne dies auch bedeuten, dass überall dort, wo Kirche ist, auch Heil ist; der Theologe nannte als Beispiel etwa die Arbeiter-, Jugend- oder Pfarrpastoral. "Gott ruft uns nach draußen, außerhalb der Kirchen. Da gibt es viel zu entdecken, vor allem viele Menschen", so der Theologe. Zudem brauche auch die Kirche dringend den Kontakt zu anderen Orten und Menschen, nicht "weil die auf uns warten, sondern weil wir die anderen und ihre Geschichte vom Leben brauchen", zeigte sich Bauer überzeugt.
Eine für den Pastoraltheologen falsch gestellte Frage ist in diesem Zusammenhang jene nach der Anzahl von Bekehrungen durch Priester, oder, wie man die Kirche "wieder voll bekommen" kann: "Viele Leute in die Kirche bringen, werden wir nicht mehr schaffen. Da muss man einfach realistisch sein", konstatierte der Theologe. Die Katholiken werden weniger, die Frage sei nun "Auf welche Weise wollen wir weniger werden? Sind wir so etwas, wie eine beleidigte frühere Mehrheit oder sind wir so etwas wie eine schöpferische Minderheit?"
Selbst in ländlichen Gegenden mit einem hohen Anteil an Katholiken würden nicht alle ihren Glauben praktizieren, stellte Bauer klar. Auch hier müsse die Kirche wieder den Kontakt zu den Menschen und das Gespräch suchen, speziell mit Jugendlichen. Allein Anglizismen zu verwenden reiche dabei nicht aus, um junge Menschen zu erreichen. Jugendliche verlangten nach Authentizität und Interesse nach ihren Lebenslagen und Problemen, während pfarrliche Routinen bei ihnen kaum noch griffen. Die seit einem Jahr dominante Corona-Pandemie sei daher eine Chance, neue Ideen zu entwickeln; vielerorts sei auch bereits der pastorale Raum in die digitale Welt transferiert worden. "Corona hat Routinen unterbrochen und plötzlich war da mehr Platz für Neues", so Bauers Fazit. Im Anschluss an den Vortrag diskutierten die Teilnehmer des Online-Forums in digitalen Kleingruppen.
Als Vorbereitung auf die nächste Pfarrgemeinderatswahl im Frühjahr 2022 haben die heimischen Diözesanbischöfe gemeinsam mit den diözesanen Pfarrgemeinderats-Referenten zu einem bundesweiten Austausch geladen. Im Fokus der vier Online-Foren stehen Fragen nach gelingenden Praxismodellen und wie Beteiligung in den Pfarren gelingen kann.
Beim kommenden dritten Termin des virtuellen PGR-Kongresses wird sich der Wiener Pastoraltheologe Johann Pock am 28. April (18 bis 20 Uhr) mit der Frage "Wie nutzen wir Freiräume?" beschäftigen. Beim letzten Termin am 6. Mai spricht schließlich Gabriele Viecens, Referentin für lokale Kirchenentwicklung der deutschen Diözese Hildesheim, zum Thema "Wie schaffen wir Platz für Talente und ermöglichen Beteiligung?".
Die "Konferenz der PGR-ReferentInnen der Diözesen Österreichs" erhofft sich von den Online-Foren im Vorfeld der nächsten PGR-Wahlen einen Austausch über gelingende Praxismodelle, wie Partizipation in den Pfarrgemeinden gelingen kann. "Denn eine Kirche der Beteiligung entspricht nicht nur ihren neutestamentlichen Anfängen, sondern ist auch die Antwort auf die gegenwärtigen Herausforderungen", heißt es in der Kongress-Beschreibung.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert werden in Österreich als Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils Pfarrgemeinderäte und -rätinnen direkt gewählt. Alle fünf Jahre haben damit rund 4,5 Millionen wahlberechtigte Katholiken die Möglichkeit, eine Funktion in ihrer Pfarrgemeinde zu übernehmen oder mit ihrer Stimme den jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten das Vertrauen auszusprechen. Rund 28.000 Personen stellen sich dieser Verantwortung. Das nächste Mal ist es am 20. März 2022 wieder soweit.
(Infos und Kongress-Anmeldung, auch für einzelne Termine: www.pfarrgemeinderat.at