Hinsichtlich der Palliativ- und Hospizversorgung fehle es in Österreich bislang am "flächendeckenden Ausbau leistbarer Angebote sowohl der stationären, wie auch der mobilen Versorgung", sagte Merckens.
Hinsichtlich der Palliativ- und Hospizversorgung fehle es in Österreich bislang am "flächendeckenden Ausbau leistbarer Angebote sowohl der stationären, wie auch der mobilen Versorgung", sagte Merckens.
Kirchenvertreterin im Forum, Merckens: Ausbau, finanzielle Absicherung und Rechtsanspruch auf Hospiz und Palliativversorgung vor der Suizidbeihilfe-Freigabe unbedingt notwendig.
Mit Beratungen über den Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung ist am Montag das von der Regierung eingerichtete "Dialogforum Sterbehilfe" gestartet, das in den nächsten Tagen Vorschläge für eine gesetzliche Neuregelung der Suizidbeihilfe liefern soll. Die 26-köpfige Expertenrunde habe dem Justizministerium deutlich gemacht, dass im Bereich Hospiz und Palliativ Care bisher "erst der halbe Weg gegangen wurde", berichtete Stephanie Merckens, Vertreterin der Bischofskonferenz beim Dialogforum, am Montagnachmittag.
Hinsichtlich der Palliativ- und Hospizversorgung fehle es in Österreich bislang am "flächendeckenden Ausbau leistbarer Angebote sowohl der stationären, wie auch der mobilen Versorgung", sagte Merckens. Bedeutend sei dies insofern, als derartige Angebote genauso wie die psychosoziale Begleitung in Krisensituationen "wesentliche Säulen zur Suizidprävention" seien. "Hier braucht es einen Ausbau, eine finanzielle Absicherung und einen individuellen Rechtsanspruch auf Versorgung", betonte die Juristin und Referentin für Biopolitik beim Institut für Ehe und Familie (IEF).
Dass Suizidprävention weiterhin staatliches Ziel und Aufgabe sei, war nicht nur die einhellige Meinung der geladenen Experten: Es sei dies auch bereits aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom Dezember, mit dem das bisher ausnahmslose Verbot von Suizidbeihilfe aufgehoben worden war, erkennbar, verwies Merckens auf eine Fachmeinung des Linzer Strafrechtlers Alois Birklbauer, der ebenfalls dem Forum angehört.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat bereits angekündigt, dass das Sterbehilfe-Gesetz bis zum Sommer kommen soll. Das Justizministerium hat daraufhin Vertreter von Hilfsorganisationen, Pflegeeinrichtungen, der Ärztekammer, der Wissenschaft, des Verfassungsdienstes, des Sozialministerium und der Religionsgemeinschaften zum Dialogforum geladen. Dessen Online-Beratungen sollen bei der weiteren Entscheidungsfindung helfen.
Die Auswahl der zum Forum eingeladenen Personen und Organisationen bildet laut dem Ministerium "verschiedene Ansichten und Standpunkte, sowie ein ausgewogenes und breites Meinungsspektrum" ab. Kirchlicherseits gehört dem Forum neben Merckens auch die Caritas-Generalsekretärin Anna Parr an. Der Theologe, Mediziner und Pharmazeut Prof. Matthias Beck nimmt als Mitglied der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt an den Beratungen teil. Einer Aussendung des Justizministeriums vom Montag zufolge wird es nach dem Dialogforum einen Bericht geben, der die Ergebnisse zusammenfasst und auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht wird.
Bereits vor dem VfGH-Spruch hatten Vertreter von Religionsgemeinschaften, etwa die katholische Bischofskonferenz, vor einem "Dammbruch" im Fall einer Lockerung der Gesetzeslage gewarnt. Befürchtet wird u.a., dass dadurch Druck auf unheilbar kranke oder pflegebedürftige Menschen sowie auf bestimmte Berufsgruppen entsteht oder Suizidprävention abgeschwächt wird. Man werde ein Gesetz, das Hilfe zum Suizid unterstützt, nie gutheißen, stellte der in der Bischofskonferenz für den Bereich zuständige Innsbrucker Bischof Hermann Glettler klar. Die Kirche beteilige sich dennoch am Dialogforum, da man verhindern wolle, dass es bei einer neuen Gesetzeslage zu Missbrauch kommen könnte.
Gegenüber der Plattform religion.orf.at (Montag) äußerten sich auch Vertreter anderer Konfessionen und Religionsgemeinschaften dahingehend. Für die evangelische Kirche erklärte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, der Ausbau von Palliativ-und Hospizangebote mit Rechtsanspruch darauf sei vorrangig. Assistierter Suizid müsse an "freie Selbstbestimmungsfähigkeit" geknüpft sein, wobei ein Schutzgesetz auf Hilfe angewiesene Menschen vor Missbrauch und Druck schützen müsse. Recht auf Selbstbestimmung gelte es "zuerst auf das Leben zu beziehen und dann erst auf den Tod".
Im jüdischen Recht ist laut Angaben des Wiener Gemeinderabbiners Schlomo Hofmeister gegenüber religion.orf.at jede Art von Sterbehilfe - aktive und auch passive - verboten, da der Mensch nicht das Recht habe, seinen Todeszeitpunkt oder den eines anderen selbst zu bestimmen. In aussichtslosen Fällen sei es jedoch möglich, Medikamente auslaufen zu lassen. Auch Hofmeister warnte vor Missbrauch: Schon heute werde in Spitälern teils empfohlen, "Maschinen abzudrehen, weil Betten gebraucht würden".
Auch im Islam werde aktive Sterbehilfe und Suizidbeihilfe abgelehnt, so das Portal. Hinsichtlich von Therapien am Lebensende bestehe jedoch keine Pflicht, diese in Anspruch zu nehmen. Auch für die buddhistische Religionsgesellschaft erklärte deren Präsident Gerhard Weißgrab, die Priorität liege im Ausbau der Palliativmedizin und Hospizangebote, "damit ein Sterbewunsch gar nicht aufkommt". Da die Eigenverantwortung großgeschrieben werde, sei man der Sterbehilfe zwar "nicht gänzlich verschlossen", doch sei auch aus karmischer Sicht Selbstmord keine Lösung und bringe keine Befreiung; Bedingungen, die zum Leid im jetzigen Leben geführt haben, würden durch einen Suizid in die nächste Existenz mitgenommen.