Österreichweit erhobenes Stimmungsbild aus wichtigstem Entscheidungsgremium der "Kirche vor Ort" belegt hohes Engagement der Beteiligten und große Identifikation mit den Pfarrgemeinden.
Die Frauen und Männer in Österreichs Pfarrgemeinderäten sind mit ihren jeweiligen Pfarren stark verbunden, zeigen hohes Engagement bei der Gestaltung des Pfarrlebens und glauben, dass das Ehrenamt künftig noch zusätzlich an Bedeutung gewinnt: Das zeigt eine Online-Befragung, die im September mit Blick auf die für 20. März 2022 österreichweit anstehenden Wahlen zum Pfarrgemeinderat (PGR) durchgeführt worden ist.
3.000 Pfarrgemeinderäte und -rätinnen beteiligten sich, womit nun die aktuell "umfassendste Befragung zum Status Quo und zu den Perspektiven in den rund 3.000 Pfarren vorliegt", wie Klaudia Achleitner, die Geschäftsführerin der Konferenz der Österreichischen PGR-ReferentInnen, berichtete.
Wie also sehen die in Pfarrgemeinderäten engagierten Katholikinnen und Katholiken sich und ihre jeweilige Pfarrgemeinde? "Pfarren sind für sie Orte, an denen Gemeinschaft erfahrbar ist und wo Sinnstiftendes für die Gesellschaft, aber auch für sich selbst geleistet wird", so Achleitner. "Pfarrgemeinderäte und -innen engagieren sich, um Kirche vor Ort zu gestalten und etwas bewegen zu können."
Für das Engagement im PGR ist vor allem die Suche nach gemeinsamen Wegen sowie "Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung" das ausschlaggebende Motiv. Der PGR ist für das kirchliche Leben der Pfarrgemeinden "sehr wichtig", so der Eindruck fast aller Befragten (90 Prozent). Fast genauso viele schätzten, dass hier "für die Kirche am Ort etwas bewegt" wird; 82 Prozent lobten das Mitreden im Sinne von Richtungsentscheidungen. Als wichtigste Aufgaben des PGR wurde nach der Gestaltung und Umsetzung gemeinsamer Projekte die Sorge dafür genannt, "dass die Menschen, die hier leben, die christliche Botschaft spüren" (42 Prozent). 44 Prozent sind im PGR aktiv, "damit der Glaube lebt".
90 Prozent gaben an, die Tätigkeit im PGR als sinnvoll und Freude schenkend zu erfahren; 40 Prozent stimmten der Aussage zu, sie könnten im Pfarrgemeinderat "Ideen einbringen und umsetzen". Der Dienst an der gesamten Pfarrgemeinde besteht für drei von vier PGR-Mitgliedern zuerst darin, "mit den Menschen ein Ort zu sein, wo die christliche Botschaft gelebt und vertieft wird". Geht es um erreichte Ziele in der PGR-Periode 2017-2022, so wurde nach Erhalten und Erneuerung kirchlicher Gebäude (80 Prozent) vor allem die Weiterführung bewährter Angebote wie Gottesdienste, Veranstaltungen und Gruppen (78 Prozent) genannt - wohl in Verbindung mit der Corona-Pandemie. Einer von drei Befragten sah sich in der Funktion, "gastfreundlich" auf die Menschen vor Ort zuzugehen.
Leise Kritik klang am ehesten bei den Rückmeldungen jüngerer PGR-Mitglieder durch: Unter dem Drittel jener Befragten, die Sitzungen als "ineffizient" empfanden, war der Anteil jüngerer Jahrgänge überdurchschnittlich. 40 Prozent erklärten, ihre Sitzungstätigkeit sei "nicht beeinträchtigt". 85 Prozent vertraten die Ansicht, der Pfarrgemeinderat müsse die Kirche künftig noch "zeitgemäßer denken" und als "Schnittstelle, um Neues und Bewährtes zusammenzuführen" agieren. Dass der PGR künftig noch stärker ein Entscheidungsgremium sei, wünschten ebenfalls vor allem jüngere Mitglieder und jene, die erst kurze Zeit im PGR mitarbeiteten.
In Hinblick auf die Erwartung für die Zukunft sagten drei Viertel, der Pfarrgemeinderat solle die seelsorgliche Kompetenz weiter ausbauen, was laut Klaudia Achleitner jedoch gelingen dürfte: Rückblickend hätten in den letzten fünf Jahren 82 Prozent der Befragten angegeben, in ihrer Pfarre neue Akzente im Bereich "Liturgie und Feste im Jahreskreis" gesetzt zu haben, gefolgt von Neuerungen bei der Sakramentenvorbereitung (73 Prozent), Öffentlichkeitsarbeit (67 Prozent) und Caritas (60 Prozent). 56 Prozent gaben an, digitale Medien auch als Mittel der Verkündigung zu nutzen.
Weitere Ergebnisse erwartet Achleitner von den zusätzlichen Ideen und persönlichen Botschaften, welche bei der Umfrage in offener Form übermittelt werden konnten. Acht von zehn Befragten nutzten diese Möglichkeit, wodurch es in Summe 2.400 teils umfassende Rückmeldungen gab. Diese sollen noch in den nächsten Wochen ausgewertet werden, ergänzend zu den statistischen Ergebnissen.
Wohin es mit den Pfarrgemeinderäten gehen soll, war am Sonntag im Wiener Kardinal-König-Haus bei der letzten Präsenzveranstaltung vor dem Lockdown Thema: Am PGR-Tag des Vikariats Wien-Stadt, bei dem unter anderem die Ordensfrau Sr. Christine Rod ein Impulsreferat hielt. Pfarre und Pfarrgemeinderäte sollten sich bemühen, tatsächlich ins Gespräch zu kommen zu Themen, die die Menschen wirklich betreffen und bewegen, so ihre Forderung.
Die Publizistin Barbara Coudenhouve-Kalergi konstatierte, über eine kleine "katholische Blase" hinaus sei die Öffentlichkeit heute kaum an kircheninternen Vorgängen interessiert. Ersichtlich werde dies daran, dass das Echo des derzeitigen "synodalen Prozesses" deutlich kleiner sei als einst beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) oder bei der Wiener Diözesansynode (1969-1971). Wohl aber seien auch jüngst Bilder des Papst-Besuchs auf Lampedusa oder vom Stephansdom-Gottesdienst nach dem Attentat vom 2. November um die Welt gegangen.
Infos: www.pfarrgemeinderat.at