„Die Dechantentageung sind ein Forum des Austausches und Entwickelns. Wir stärken einander gegenseitig, um unsere Verantwortung im eigenen Bereich besser übernehmen zu können“, erklärt Markus Beranek.
„Die Dechantentageung sind ein Forum des Austausches und Entwickelns. Wir stärken einander gegenseitig, um unsere Verantwortung im eigenen Bereich besser übernehmen zu können“, erklärt Markus Beranek.
Dechanten können den Synodalen Prozess in ihre Gemeinden vor Ort tragen und diese dafür trainieren, so Pastoralamtsleiter Markus Beranek bei den Dechantentagen. Was Kirche mit dem Sketch „Dinner for One“ zu tun hat, wieso es VIPs („very inspiring people“) braucht und was Kirche von Mischwäldern lernen kann.
Einen weiteren Schritt im Synodalen Prozess in der Erzdiözese Wien setzten die Dechanten am 18. und 19. Jänner 2022: Sie versammelten sich online, um gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn, Generalvikar Nikolaus Krasa und Pastoralamtsleiter Markus Beranek über die Zukunft der Kirche und die Rolle von Synodalität nachzudenken. „Die Dechantentageung sind ein Forum des Austausches und Entwickelns. Wir stärken einander gegenseitig, um unsere Verantwortung im eigenen Bereich besser übernehmen zu können“, erklärt Markus Beranek das Ziel der Veranstaltung. Zudem wolle man die Anliegen der Dechanten hören und diese in den Synodalen Prozess mitaufnehmen, so Beranek weiter.
Kardinal Schönborn im Gespräch mit den Dechanten im Studio.
Die Dechanten der Erzdiözese Wien setzten sich in Impulsvorträgen und im Austausch in Kleingruppen mit dem Synodalen Prozess als Weg des gemeinsamen Lernens auseinander. „Es ist nicht so, dass wir wüssten, wie es geht. Im Gehen lernen wir, wie wir auf die Fragen unserer Zeit antworten können“, fasst Markus Beranek das zentrale Anliegen von Papst Franziskus für den Synodalen Prozess zusammen. Eines der Themen der Tagung war die große Müdigkeit, die an vielen Orten wahrzunehmen ist, nicht zuletzt verursacht durch die Pandemie. Eine überraschende Erfahrung war für Beranek, dass trotz der zugespitzten Corona-Situation aufgrund der Omikron-Mutation eine große Energie und Motivation unter allen Teilnehmern wahrzunehmen war: „Ich spürte viel Lust und Freude am gemeinsamen Entdecken unserer Quellen der Kraft.“
Die vorherrschende Stimmung der Müdigkeit griff auch der österreichische Theologe Clemens Sedmak auf. In einem geistlichen Impuls entwarf der Professor für Sozialethik an der Keough School of Global Affairs der University of Notre Dame in den USA eine „Theologie der Müdigkeit“.
Müdigkeit, so Sedmak, sei eine Einladung, sich mit den eigenen Grenzen, der Bedeutung von Kraftquellen sowie der Sehnsucht nach Ruhe und Kraft auseinanderzusetzen. Konkret nannte er unter Verweis auf zahlreiche Schriftstellen sieben Kraftquellen: den Hunger nach dem Reich Gottes, Dankbarkeit und Lobpreis, Kraft aus der Gewissheit der Frucht, auch wenn diese nicht unmittelbar sichtbar wird (kurz: Gottvertrauen), Hoffnung, die aus dem Blick auf Vorbilder genährt wird (VIP im Sinn von „very inspiring people“), den Segen der Beharrlichkeit, den Blick auf das Innere, das Unsichtbare, das Ewige und die Freude als Quelle von Neuem. Sedmak schloss mit einer Deutung des Bildes von der Kirche als Feldlazarett. Mit dieser Metapher bringe Papst Franziskus die Idee zum Ausdruck, „dass wir in einer Zeit leben, in der viele Menschen vom Leben verwundet sind.“ Um diese Menschen habe sich die Kirche auch unter Ergreifung kreativer Maßnahmen zu kümmern. Dabei seien „Nähearbeit“ und „barmherzigkeitsgelenkter Blick auf das Wesentliche“ entscheidend.
Zu einem wachen Blick auf Kirche und den Fokus auf die Beziehungsarbeit ermutigte auch Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim, in seinem Impulsvortrag. Manche Gemeinde agiere wie die Gastgeberin im Sketch „Dinner for one“, die nicht wahrhaben wolle, dass im Speisesaal nur zwei Menschen – und nicht mehr – anwesend sind. Die Frage, ob das Festessen nicht auch anders gestaltet werden könne, würde von der Gastgeberin mit den Worten „The same procedure as every year“ abgewürgt.
Hennecke plädiert dafür, Kirche anders zu denken und nicht am Erhalt einer bestimmten Sozialgestalt („procedure as every year“) zu hängen. Er gebrauchte dafür das Bild des Mischwaldes: Kirche sei wie ein Mischwald, in dem neben den großen Bäumen, Symbol für die klassischen, gut funktionierenden Gemeinden, auch kleine Pflänzchen, Sinnbild für neue Formen von Kirche, wachsen. Als Monokultur könne Kirche nicht funktionieren.
Kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen wie Försterinnen und Förster den Wald pflegen und den neuen Pflanzen die Chance geben, wachsen zu können. „Förster sorgen dafür, dass es urwäldliche Situationen gibt, wo ein Baum umfällt und wo man auch zulässt, dass etwas zu Ende gehen kann“, so Hennecke weiter. Ziel sei es, das Evangelium wirksam werden zu lassen und dem Geist Gottes Raum zu geben, um in den Menschen wirken zu können. Kirche sei immer im Wachsen und im Wandel, geführt von Gott, sagte Hennecke abschließend.
Das Bild des Försters habe ihn beeindruckt, resümiert Markus Beranek. Er nehme sich von der Dechantentage mit, sich auf das Wachsende in der Kirche zu konzentrieren und nicht auf den Niedergang, obwohl man sich auch den steigenden Kirchenaustritten stellen müsse: „Die neuen Pflanzen, die wachsen, können auch jene sein, die schon da waren. Den Fokus auf das zu legen, was wächst, lebendig ist und wo Energie da ist, verändert den Blick und die Dynamik kirchlichen Handelns“, fasst Beranek seine Erkenntnisse der Dechantentage zusammen.