In Kleingruppen tauschten sich die Mitglieder des Priesterrates darüber aus, wo ihnen der Schuh drückt und welchen Beitrag sie zu einer Synodalen Kirche leisten können. Auch Weihbischof Scharl nahm an der Klausur teil.
In Kleingruppen tauschten sich die Mitglieder des Priesterrates darüber aus, wo ihnen der Schuh drückt und welchen Beitrag sie zu einer Synodalen Kirche leisten können. Auch Weihbischof Scharl nahm an der Klausur teil.
Ganz praktische Probleme, auch rund um die Pandemie, beschäftigen unsere Seelsorger abseits der kirchlichen Themen, die zurzeit die Medien dominieren: Wie die Pfarrverwaltung vereinfacht werden kann, Kirche mit der zunehmenden Polarisierung in der Gesellschaft umgehen soll und Priester mehr Gemeinschaft untereinander leben können, waren zentrale Themen der Klausur des Priesterrates am 27. Jänner 2022.
Viermal im Jahr kommt der Priesterrat, die Vertretung der rund 1.200 Priester auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien, zusammen, um mit Kardinal Christoph Schönborn und der restlichen Diözesanleitung jene Themen zu besprechen, die Priestern unter den Nägeln brennen. Bei der eintägigen Klausur am 27. Jänner, die hybrid abgehalten wurde, beschäftigte sich das Gremium, dessen Aufgabe es ist, den Wiener Erzbischof zu aktuellen Themen der Priester zu beraten, mit drei Fragen: Wo sind wir als Priester wirksam? Was bremst und belastet uns? Welchen Beitrag leisten wir zu einer synodalen Kirche? Im Sinne des diözesanen Synodalen Prozesses wurden die Fragen in Offenheit untereinander diskutiert.
Ein Thema kam in der Vergangenheit im Priesterrat immer wieder zur Sprache, so auch bei der Klausur: Pfarrer fühlen sich durch administrative Tätigkeiten überlastet. Für Verwaltungsaufgaben und bauliche Angelegenheiten würde viel Zeit und Energie aufgewendet werden, die für die Seelsorge fehle, so mehrere Stimmen bei der Versammlung. Das Zueinanderbringen von Verwaltung und Spiritualität sieht in seiner Reaktion auch Kardinal Schönborn als große Herausforderung. Er nehme die Impulse der Priesterratsklausur auf, um konkrete Strategien für die Vereinfachung der Verwaltung zu erarbeiten.
Mit Bezug auf die bevorstehende Pfarrgemeinderatswahl am 20. März 2022 bringt der Wiener Erzbischof das Thema der neuen Pfarreinheiten und deren Sitzungskultur sowie deren Verwaltung in die Runde ein. In den neu errichteten Pfarrverbänden und Pfarren mit Teilgemeinden seien Priester mitunter für acht bis zehn Gemeinden zuständig.
Es würde die Pfarrer verständlicherweise überlasten, wenn jede Gemeinde mit je eigenem Pfarrgemeinde- und Vermögensverwaltungsrat eigene Sitzungen abhalten würde und sie bei jeder Sitzung anwesend sein müssten. Deswegen denke die Diözesanleitung über Lösungen nach, wie die Sitzungen der Pfarrgemeinde- und Vermögensverwaltungsräte künftig schlanker und praktikabler gestaltet werden können, so der Kardinal.
Kardinal Christoph Schönborn im Austausch mit Mitgliedern des Priesterrates zu den Themen Synodalität und Problemen im Alltag der Priester.
Vor allem in der seelsorglichen Begleitung von Menschen empfinden zahlreiche Mitglieder des Priesterrates ihren priesterlichen Dienst als besonders wirkungsvoll. In Gesprächen mit Menschen in ihren Wirkungsbereichen nehmen sie die zunehmende Polarisierung aufgrund der Pandemie besonders wahr. Die gesellschaftlichen und innerkirchlichen Diskussionen rund um die Impfpflicht, die sich immer weiter zuspitzen, erfordern von Priestern viel Kraft.
Kardinal Schönborn ermutigte die Teilnehmer: „Bitte sagt immer wieder: Es ist keine Glaubensfrage, sondern eine medizinische Frage, die gesellschaftliche Implikationen hat.“ Die staatlichen Bestimmungen seien aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und auf Anraten von Experten entstanden und einzuhalten, auch in der Kirche. Wissenschaftler seien zudem keine Ideologen, sondern stützen sich auf Fakten und Studien.
Schönborn bringt für die teils verhärteten Diskussionen rund um Corona einen Lösungsvorschlag für die teils erbittert geführten Auseinandersetzungen: „Begegnen wir einander ein bisschen mehr mit Humor und Gelassenheit!“ Oder wie es einer der Teilnehmer treffend formuliert hat: „Wirken wir friedensstiftend und nicht brandstiftend für die Menschen, die uns anvertraut sind.“
„Eine große Herausforderung ist, unter dem Druck der Pandemie, nicht nur immer zu schauen, was früher möglich war und was es jetzt nicht mehr gibt, sondern den Fokus darauf zu legen, was durch die Pandemie neu aufgebrochen ist und wo wir etwas Neues versucht haben, das gut gelungen ist", so Pfarrer Josef Grünwidl (3.v.l.).
Eine Fülle an innerkirchlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, mit denen die Kirche konfrontiert ist, sieht Richard Tatzreiter, Regens des Wiener Priesterseminars. Er bringt das Thema des Umgangs mit dem assistierten Suizid in der Seelsorge in den Klausurtag ein und erhofft sich Vorgaben von kirchlicher Seite.
Die Herausforderung bestehe für ihn darin, „einerseits ganz bei den Menschen zu sein, die die Möglichkeit in Anspruch nehmen werden, assistiert aus dem Leben zu scheiden, ihnen nahe zu sein und sie zu begleiten; andererseits aber nicht zu verraten, was die Botschaft des Evangeliums und unsere Überzeugung als Christen ist: Dass wir die Art und Weise, auf diese Weise Suizid zu begehen, ablehnen.“ Das sei eine Spannung, in die die Kirche jetzt hineingestellt sei und mit der sie umgehen lernen müsse, so Tatzreiter nach dem Klausurtag zu den diözesanen Medien.
Eine schwierige Aufgabe ist für Josef Grünwidl, Pfarrer in Perchtoldsdorf und geschäftsführender Vorsitzender des Priesterrates, der Perspektivwechsel, den Pfarren in der Pandemie idealerweise vollziehen sollten: „Eine große Herausforderung ist, unter dem Druck der Pandemie, nicht nur immer zu schauen, was früher möglich war und was es jetzt nicht mehr gibt, sondern den Fokus darauf zu legen, was durch die Pandemie neu aufgebrochen ist und wo wir etwas Neues versucht haben, das gut gelungen ist.“
Pfarren seien eingeladen sich zu fragen, ob sie nur Hüter von Traditionen seien oder auch interessiert an Neuem seien. Der jammernde Blick in die Vergangenheit funktioniere durch die Pandemie nicht mehr, so Grünwidl weiter im Gespräch mit den Medien der Erzdiözese.
Die Klausur des Priesterrates fand hybrid statt: Ein Teil war digital via Videokonferenz dabei.
Viele Priester sehen sich als Einzelkämpfer im seelsorglichen Alltag. Während der Priesterratsklausur ist deshalb auch Thema, wie unter den Priestern mehr Gemeinschaft gelebt werden kann und wie sich das Presbyterium, also alle Priester der Diözese, besser untereinander vernetzen kann. Das sei schwierig, weil es in der Erzdiözese knapp 1.200 Priester gebe, so Josef Grünwidl. Aber mehr Schritte in diese Richtung seien möglich und wichtig, insbesondere als Zeichen der Synodalität.
Im Austausch darüber, welchen Beitrag jeder Einzelne zum Synodalen Prozess leistet, wird der Dialog mit Mitbrüdern, die anderer Meinung sind, ebenso genannt wie das aktive Zuhören in der Seelsorge und das Unterwegssein mit den Menschen.
Der Priesterrat besteht aus 40 Priestern und ist die Vertretung aller Priester, die auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien tätig sind. Gewählt werden die Mitglieder für eine Dauer von fünf Jahren. Sie kommen aus sehr unterschiedlichen pastoralen Feldern und beraten mindestens vier Mal im Jahr den Wiener Erzbischof und die Diözesanleitung in aktuellen Fragen.
20 Priester werden von den Priestern der Erzdiözese frei gewählt, zehn weitere Mitglieder bestehen aus der Diözesanleitung (Erzbischof, Weihbischöfe, Generalvikar, Bischofsvikare, Pastoralamtsleiter, Ordinariatskanzler sowie der Regens des Wiener Priesterseminars und der Rektor des Missionskollegs Redemptoris Mater). Weitere acht Mitglieder ernennt der Erzbischof frei, um auch unterrepräsentierte Priestergruppen im Gremium zu haben. Schließlich entsenden auch die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien und die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs je ein Mitglied.