Kardinal Christoph Schönborn mit Familie in Kirchberg am Wagram.
Kardinal Christoph Schönborn mit Familie in Kirchberg am Wagram.
Kardinal Schönborn an die Sonntagsleserinnen und -Leser: Ich wünsche mir von der Synode Ansätze für einen wertschätzenden Blick auf die Menschen, der nicht zuerst die Sünde sieht, sondern das Gute in ihrem Leben.
Wie viel Hoffnung verbinden die Menschen mit Ehe und Familie! Und wie viele tiefe seelische Wunden werden in Ehen und Familien geschlagen! Bei einer Schulvisitation hat mich einmal ein Kind gefragt: Was war der schlimmste Moment in ihrem Leben? Ich habe geantwortet: Als ich als Bub erfahren habe, dass meine Eltern sich scheiden lassen. Da war es im Schulsaal ganz still. Es war ganz deutlich zu spüren, dass da viele Kinder waren, die es ähnlich erlebt haben.
Ehe und Familie sind seit jeher in der Krise – in Einzelfällen, aber auch allgemein. Denken wir etwa an die 750.000 (!) unehelichen Kinder, die das Wiener Findelhaus von 1784 bis 1910 beherbergt hat. Die meisten von ihnen sind dort noch als Kinder gestorben. War das die gute alte Zeit? Wie viele Menschen haben Gottes großes Geschenk wirklich erfahren: die Einheit von Liebe und Fruchtbarkeit im schützenden und segnenden Raum der sakramentalen Ehe?
Ja, es gibt eine Schöpfungsordnung Gottes. Mann und Frau werden ein Fleisch sein, heißt es im Buch Genesis. Und Christus fügt hinzu: Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen. Diese Lehre steht nicht zur Debatte. Aber Papst Franziskus hat uns österreichischen Bischöfen bei unserem Besuch in Rom ans Herz gelegt, alle Menschen zu begleiten. Auch die, die nicht in diesem Gut der sakramentalen Ehe aufgehoben und geborgen sind: Paare ohne Trauschein, wiederverheiratete Geschiedene, Paare desselben Geschlechts…
Die kommenden Sitzungen der Bischofssynode müssen uns Seelsorgern zu einem neuen Blick auf die Menschen, auf die Familien verhelfen. Was hat Jesus getan? Er hat zuerst den Menschen gesehen und nicht den Sünder. In jeder aufrichtigen Beziehung gibt es – auch wenn der Rahmen nicht stimmt – Elemente des Wahren und Heiligen. Wir Seelsorger müssen lernen, wertschätzend mit einer nur teilweisen Verwirklichung des Gutes der Ehe umzugehen – ohne dabei das Ziel aus dem Auge zu verlieren.
Ich habe noch ein Anliegen: Christus hat uns gelehrt, auf die Kleinen zu achten, auf die Marginalisierten. Bei zerbrochenen Beziehungen sind das in erster Linie die Kinder und die alleingebliebenen Ehepartner. Auch sie müssen wir in den Blick nehmen, müssen ihnen beistehen. Es sind so viele, und ihr Leid ist eine große Herausforderung für uns. Ich bitte Sie alle um Ihr Gebet in diesen Tagen!
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