Mehr kirchliche Aufmerksamkeit gebühre, so Kardinal Schönborn, aber auch jenen "Scheidungswitwen" oder "Scheidungswitwern", die alleine bleiben, weil sie verlassen wurden.
Mehr kirchliche Aufmerksamkeit gebühre, so Kardinal Schönborn, aber auch jenen "Scheidungswitwen" oder "Scheidungswitwern", die alleine bleiben, weil sie verlassen wurden.
Kardinal in "La Stampa"-Interview: Gesamte Familiensituation in den Blick nehmen, vor allem die von Scheidung betroffenen Kinder.
Zu einer differenzierten Sicht auf die Situation geschiedener Katholiken und zur Beachtung von deren Gewissen hat Kardinal Christoph Schönborn in einem ausführlichen Interview mit der italienischen Zeitung "La Stampa" aufgerufen.
Der österreichische Vertreter bei der Sondersynode plädierte darin für einen "Weg der Aufmerksamkeit", der der Entscheidung über die Zulassung Wiederverheirateter zur Kommunion vorausgehen sollte. Auch vor der Synode habe er dazu eingeladen, die Problemstellungen "in einem größeren Rahmen" zu betrachten, sagte Schönborn. Derzeit gebe es einen "Tunnelblick", der vor allem auf das Problem der wiederverheirateten Geschiedenen fokussiere. Zu beachten sei aber auch das Umfeld, vor allem die von Scheidung betroffenen Kinder.
Der vom Wiener Kardinal empfohlene "Weg der Aufmerksamkeit" solle demgemäß mit der Frage an geschiedene Eltern begannen werden, inwiefern diese ihren ehelichen Konflikt "auf die Schultern der Kinder" geladen haben. Mehr kirchliche Aufmerksamkeit gebühre aber auch jenen "Scheidungswitwen" oder "Scheidungswitwern", die alleine bleiben, weil sie verlassen wurden. Die Kirche müsse den Leidenden gegenüber aufmerksam sein, unterstrich Schönborn. Das gelte auch für viele Geschiedenen, die ihrem ehemaligen Ehegatten nach der Scheidung "die Treue halten" und sich nicht wieder binden, weil sie das für unvereinbar mit ihrem unauflöslichen Eheversprechen halten.
Abzuverlangen wäre Getrennten jedoch ehrliche Versuche der Versöhnung. Auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass Getrennte wieder zusammenfinden, so solle doch zumindest die Chance ergriffen werden, dass sie sich "ohne Hass oder Zorn" begegneten. Im persönlichen Gespräch frage er daher Betroffene stets, wie sie das Sakrament der Eucharistie empfangen wollen, "wenn noch so großer Zorn über das Erlebte in euch ist".
Zur Frage des persönlichen Gewissens erklärte Schönborn, dass jeder damit vor Gott alleine stehe. Auch wenn die Kirche Ehe-Nichtigkeitsverfahren durchführe, so kenne doch nur Gott allein die Wahrheit. Vor jeder Frage nach einem Kommunionempfang für Wiederverheiratete müsse daher die Frage nach ihrem individuellen Gewissen stehen.
Der Kardinal erzählte in dem Interview auch offen über seine eigene Betroffenheit als Scheidungskind. Seine Eltern ließen sich scheiden, als er 13 Jahre alt war. Für ihn sei dies "extrem schmerzlich" und "der schwierigste Moment in meinem Leben" gewesen, erinnerte der Kardinal. Eine wichtige Stütze in dieser Zeit seien andere Familienangehörige - Cousins, Tanten, Onkel - gewesen.
In einer Wortmeldung bei der Synode setzte sich Kardinal Schönborn, wie er berichtete, für eine analoge Sichtweise auf Ehe/Familie und Kirche ein. Das Zweite Vatikanum habe einen wichtigen Schritt in Bezug auf die anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften und auch auf die anderen Religionen getan, indem es den Blick über das dort Unzureichende hinaus auf das vorhandene Positive richtete und von "Elementen der Heiligung und der Wahrheit" in den anderen Kirchen gesprochen habe. Dieses Kirchenverständnis könne als Analogie auch für das Verständnis des Ehesakraments dienen, so Schönborn. Demnach könne es auch jenseits der katholischen Ehe Beziehungen mit "vielfältigen Elementen der Heiligung und der Wahrheit" geben.
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