Das Oberhaupt der irakischen Katholiken, Patriarch Raphael Louis Sako, hat am Rande der Bischofssynode in Rom eine Bodenoffensive gegen den "Islamischen Staat" (IS) gefordert.
Das Oberhaupt der irakischen Katholiken, Patriarch Raphael Louis Sako, hat am Rande der Bischofssynode in Rom eine Bodenoffensive gegen den "Islamischen Staat" (IS) gefordert.
Sako: "Amerikaner sagen, der Kampf wird 5 Jahre, 10 Jahre, 30 Jahre in Anspruch nehmen: Diese Sprache ist ermutigend für den IS".
Das Oberhaupt der irakischen Katholiken, Patriarch Raphael Louis Sako, hat am Rande der Bischofssynode in Rom eine Bodenoffensive gegen den "Islamischen Staat" (IS) gefordert. Seiner Auffassung nach müsste eine militärische Antwort auf den IS im Irak und in Syrien entweder durch eine internationale Koalition oder durch ein koordiniertes Vorgehen unter den irakischen, kurdischen und US-Truppen erfolgen. Der Patriarch hatte zuvor der Synode über das Schicksal der zersplitterten Flüchtlingsfamilien berichtet.
"Die Vereinigten Staaten haben eine moralische Verantwortung, weil sie das Land zerstört haben", sagte Sako am Samstag gegenüber dem "Boston Globe"-Onlineportal "Crux": "Das Land in einer kritischen, chaotischen Situation zu verlassen - das ist nicht moralisch." Sakos Auffassung zufolge sind Luftangriffe gegen den IS nicht genug, um ihn zu besiegen. Die IS-Fundamentalisten seien sehr gut ausgebildet. Sie "können die Sprache, kennen das Territorium und und die Mentalität", sagte der Patriarch.
"Die Amerikaner sagen, der Kampf wird 5 Jahre, 10 Jahre, 30 Jahre in Anspruch nehmen. Diese Sprache ist ermutigend für den IS. Sie lässt die Führung denken: 'Wir können bleiben'", sagte Sako: "Gleichzeitig ist diese Sprache entmutigend für die Christen oder andere Flüchtlinge. Sie denken: Wir werden nie wieder nach Hause zurückkehren können."
Der irakischen Patriarch äußerte sich im "Crux"-Interview am Rande der Bischofssynode, an der er teilnimmt. Am Freitag predigte Sako bei der Messe für die 400 Teilnehmer. "Wir müssen die Erfahrung der irakischen Christen einbringen. Sie haben in einer Nacht alles verlassen müssen, um ihrem Glauben treu zu bleiben", sagte er in seiner Ansprache.
Im Anschluss machte Papst Franziskus einen kurzen Appell mit der Aufforderung an die Bischöfe, für die Bewohner des Nahen Ostens zu beten, und auch für die Verantwortlichen der internationalen Gemeinschaft, damit diese "ihren Horizont erweitern und jenseits der unmittelbaren Interessen blicken". Sie sollten sich bemühen, "mit den Instrumenten des Völkerrechts und der Diplomatie die Konflikte zu lösen", so der Papst.
Sako, der eine mit Rom unierte katholische Ostkirche mit 500.000 Gläubigen leitet, sagte, es seien die Unschuldigen, die den Preis für den Konflikt im Irak zahlten. Laut Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen haben in den vergangen 14 Monaten - seit der IS-Eroberung von Mossul - fast 4 Millionen Iraker ihre Häuser verlassen und sind in sichere Orte innerhalb des Landes geflohen. Tausende haben in grauenhafter Weise - wie durch Enthauptung, Kreuzigung oder indem sie in Käfigen ertränkt wurden - den Tod gefunden. Viele leben als Flüchtlinge in Nachbarländern.
"Wer steckt hinter dem IS und dem Fundamentalismus?", fragte Sako: "Diese Leute haben Geld, hoch entwickelten Waffen, und sie rekrutieren Kämpfer. Wo kommen die her?" Der Patriarch hob hervor, dass die USA mit ihren Satellitenkapazitäten wissen sollten, wo die Waffen und Kämpfer herkommen - "Warum schweigen sie?"
In Bezug auf seine amerikanischen Mitbrüder sagte Sako, die US-Bischöfe hätten seinem Land und den vertriebenen Familien in Form von Unterkunft, Verpflegung und Geld geholfen. Doch sie sollten auch den IS energischer verurteilen.
Bei der Bischofssynode über die Familie hat der irakische Kirchenführer laut "Crux" einen anderen Fokus wie viele westliche Bischöfe. Während diese Angelegenheiten wie Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene oder die richtigen Sprache in Richtung Homosexuelle und Lesben diskutieren würden, sei das Hauptanliegen Sakos die Auswirkungen des Krieges auf das Familienleben.
Er sieht demnach drei wesentliche Herausforderungen für Familien, die durch die Gewalt im Irak und in Syrien betroffen sind: Den Mangel an Stabilität durch Krieg und Verfolgung; Migration und damit verbundene Aufteilung von Tausenden Familien; Treue zur katholischen Lehre in einem Land, das zu 94 Prozent muslimisch ist und wo ein selbst ernanntes "Kalifats" mittlerweile die Polygamie propagiert.
Sako warnte die Synode vor zu großem Entgegenkommen Homosexuallen gegenüber. Er warnte, dass jedes Signal einer Aufweichung der Haltung der Kirche eine negative Reaktion im Nahen Osten auslösen könnte. Diese würde nicht nur unter den Muslimen, sondern auch in den orthodoxen Kirchen erfolgen.