„Verzweifeln wir nicht an unseren Begrenztheiten, doch verzichten wir ebenso wenig darauf, nach der Fülle der Liebe und der Communio (Gemeinschaft) zu streben, die uns verheißen ist.“
„Verzweifeln wir nicht an unseren Begrenztheiten, doch verzichten wir ebenso wenig darauf, nach der Fülle der Liebe und der Communio (Gemeinschaft) zu streben, die uns verheißen ist.“
Ein Kurzüberblick über den Inhalt des Lehrschreibens „Amoris laetitia“, mit dem der Papst allen Familien Hilfe und Stärkung geben will.
Amoris Laetitia“ – die Freude der Liebe, die in den Familien gelebt wird: So beginnt das Lehrschreiben von Papst Franziskus, das am Freitag, 8. April 2016, in Rom veröffentlicht wurde.
In seinem „nachsynodalen Schreiben“ greift der Papst die Ergebnisse der Bischofssynode auf, die 2014 und 2015 zu Fragen von Ehe und Familie getagt hat, und entwickelt sie weiter. 325 Unterpunkte hat Franziskus in neun Kapitel gefasst.
Ein roter Faden, sagt er, ist die Barmherzigkeit.
Zunächst, weil sein Schreiben die christliche Familie „anregen soll, die Gaben der Ehe und der Familie zu würdigen und eine starke und uneingeschränkte Liebe zu Werten wie Großherzigkeit, Verbindlichkeit, Treue oder Geduld zu pflegen“.
Und „an zweiter Stelle, weil es alle ermutigen soll, dort selbst Zeichen der Barmherzigkeit und der Nähe zu sein, wo das Familienleben sich nicht vollkommen verwirklicht oder sich nicht in Frieden und Freude entfaltet“.
Der Papst beginnt sein Schreiben mit einer Betrachtung des 128. Psalms („Wohl dem Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt…“), um sich aus biblischer Sicht der Familie, ihrem Wert, ihren Grundlagen und ihren Herausforderungen zuzuwenden, die dann den Gegenstand des zweiten Kapitels bilden.
Dort findet sich auch Selbstkritik: „Wir verbrauchen die pastoralen Energien, indem wir den Angriff auf die verfallende Welt verdoppeln und wenig vorsorgende Fähigkeit beweisen, um Wege des Glücks aufzuzeigen.“
Das bedeute aber nicht, den Einsatz zugunsten der Ehe aufzugeben: „Wir müssen die große Vielfalt familiärer Situationen anerkennen, die einen gewissen Halt bieten können, doch die eheähnlichen Gemeinschaften oder die Partnerschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts, zum Beispiel, können nicht einfach mit der Ehe gleichgestellt werden.“
Im dritten Kapitel vertieft der Papst, was nach katholischer Lehre die Ehe ist. Darauf widmen sich das vierte und das fünfte Kapitel der „Liebe in der Ehe“ und ihrer Frucht, den Kindern. Ein Text, der sich auch als gemeinsame Lektüre für Eheleute zur Erneuerung ihrer Liebe eignet.
Das sechste Kapitel behandelt die Familienseelsorge. Es zeigt auf, wie die Kirche Menschen auf die Ehe vorbereiten und in den Anfangsjahren, in Krisen und im Todesfall, aber auch nach Trennung und Scheidung begleiten muss.
Im siebenten Kapitel nimmt sich der Papst der Kindererziehung an. Der Papst sagt hier auch ein entschiedenes „Ja zur Sexualerziehung“, aber nur „im Zusammenhang mit einer Erziehung zur Liebe“.
Das meistbeachtete Kapitel ist das achte: die Hilfe für die, deren Familienleben nicht nach den Regeln der Kirche gestaltet ist, wie etwa wiederverheiratete Geschiedene. Laut Franziskus gehe es darum, „zu verstehen, zu verzeihen, zu begleiten, zu hoffen und vor allem einzugliedern“. Auf Menschen in „irregulären“ Situationen (Franziskus stellt dieses Wort immer in Anführungszeichen) dürfe die Kirche nicht „nur moralische Gesetze anwenden, als seien es Felsblöcke, die man auf das Leben von Menschen wirft“.
Es gebe nicht nur Schwarz und Weiß: Es sei „möglich, dass man mitten in einer objektiven Situation der Sünde – die nicht subjektiv schuldhaft ist oder es zumindest nicht völlig ist – in der Gnade Gottes leben kann, dass man lieben kann und dass man auch im Leben der Gnade und der Liebe wachsen kann, wenn man dazu die Hilfe der Kirche bekommt.“ Auch – „in gewissen Fällen“ – die Hilfe der Sakramente.
Der Papst will aber die Unauflöslichkeit der Ehe nicht unter den Tisch fallen lassen: „Außergewöhnliche Situationen zu verstehen bedeutet niemals, das Licht des vollkommeneren Ideals zu verdunkeln, und auch nicht, weniger anzuempfehlen als das, was Jesus dem Menschen anbietet. Wichtiger als eine Seelsorge für die Gescheiterten ist heute das pastorale Bemühen, die Ehen zu festigen und so den Brüchen zuvorzukommen.“
Diesem Bemühen folgt dann auch das letzte Kapitel über die Spiritualität in der Familie, eine „Spiritualität der Fürsorge, des Trostes, des Ansporns“ und der Zärtlichkeit.
Es schließt mit einem Appell: „Verzweifeln wir nicht an unseren Begrenztheiten, doch verzichten wir ebenso wenig darauf, nach der Fülle der Liebe und der Communio (Gemeinschaft) zu streben, die uns verheißen ist.“
Nachsynod. Apost. Schreiben "Amoris laetitia"
Der vollständige Text zum Download:
www.dersonntag.at/amoris_laetitia
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