Wir sollten zunächst einmal gründlich hören (das meint Ge-hor-sam), was uns die Kirche sagt – und zwar im gesamten Apostolischen Schreiben, nicht nur in den Passagen, in denen uns der Papst „aus dem Herzen spricht“.
Wir sollten zunächst einmal gründlich hören (das meint Ge-hor-sam), was uns die Kirche sagt – und zwar im gesamten Apostolischen Schreiben, nicht nur in den Passagen, in denen uns der Papst „aus dem Herzen spricht“.
Wie verbindlich ist das nachsynodale Schreiben „Amoris laetitia“ von Papst Franziskus? Darf man diskutieren, was der Papst dabei gesagt oder gemeint hat?
Nach den Bischofssynoden von 2014 und 2015 zum Thema „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ hat Papst Franziskus am 19. März 2016, dem Hochfest des hl. Joseph, die Ergebnisse der Beratungen der Bischöfe in der üblichen Weise zusammengefasst und allen Gläubigen in der Gestalt eines „Apostolischen Schreibens“ vorgelegt.
Hierbei handelt es sich um ein Lehrschreiben des Papstes, des Nachfolgers des Apostels Petrus (daher „Apostolisches“ Schreiben), an alle Gläubigen, das nicht den Anspruch erhebt, eine Diskussion für alle Zeiten zu beenden und die Lehre der Kirche in einer bestimmten Frage mit dem Anspruch auf Endgültigkeit oder gar auf Unfehlbarkeit vorzulegen.
Das apostolische Schreiben stellt somit eine Aussage des „authentischen Lehramts“ des Papstes dar, d. h.: Es will uns die Lehre Jesu Christi zum Thema „Ehe und Familie“ in der Sprache der heutigen Zeit nahebringen.
Wie es für das Lehramt von Papst und Bischöfen grundsätzlich gilt, ist auch dieses Schreiben ernsthaft in unsere Überlegungen einzubeziehen.
Das Zweite Vatikanische Konzil fordert uns zu einem „religiösen Gehorsam des Verstandes und des Willens“ auf, wenn Papst und Bischöfe – auch ohne den Anspruch auf Unfehlbarkeit – das Wort Gottes verkündigen (vgl. Lumen gentium 25), d. h.: Wir sollten zunächst einmal gründlich hören (das meint Ge-hor-sam), was uns die Kirche sagt – und zwar im gesamten Apostolischen Schreiben, nicht nur in den Passagen, in denen uns der Papst „aus dem Herzen spricht“.
zur Person
Univ.-Prof. DDr. Ludger Müller
lehrt Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
weitere Artikel zur Bischofssynode und "Amoris laetitia"
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Weitere Informationen zu "Der SONNTAG" die Zeitung der Erzdiözese Wien