Das von zwei Bischofssynoden vorbereitete Apostolische Schreiben "Amoris laetitia" war vor genau fünf Jahren, am 19. März, veröffentlicht worden.
Das von zwei Bischofssynoden vorbereitete Apostolische Schreiben "Amoris laetitia" war vor genau fünf Jahren, am 19. März, veröffentlicht worden.
Kurzübersicht über die breite Palette kirchlicher Aussagen zu Liebe, Ehe und Familie, die das vor fünf Jahren veröffentlichte Schreiben von Papst Franziskus enthält.
Das Dokument "Amoris laetitia" nochmals aufgreifen, dessen Inhalte vertiefen und dadurch Impulse für die Seelsorge entstehen lassen: Das will Papst Franziskus mit dem "Jahr der Familie", das in der Zeit bis 26. Juni 2022 den Fokus der katholischen Weltkirche vorgibt.
Das von zwei Bischofssynoden vorbereitete Apostolische Schreiben war vor genau fünf Jahren, am 19. März, veröffentlicht worden. Der weite Themenbereich, der dabei abgesteckt wurde, reicht von biblischen Aussagen zu Ehe und Familie über deren soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitliche Lebensbedingungen bis hin zu Liebe, Sexualität, Nachkommen, Erziehung, Pflege, Beruf, Glaube, Gemeindeleben - und stellt Überlegungen an, was all dies für die Seelsorge bedeutet.
In Erinnerung bleibt das 300-Seiten-Dokument besonders durch die heftige Diskussion um eine Fußnote im vorletzten Kapitel, in der Papst Franziskus die Möglichkeit andeutet, wiederverheiratete Geschiedene in Einzelfällen wieder zur Kommunion und Beichte zuzulassen. Der Fokus von "Amoris laetitia" liegt aber auf den Herausforderungen und Berufungen von Familien, Liebe und Krisen in der Ehe, Erziehung und Seelsorge sowie anthropologische und theologische Grundlagen. Vor allem ruft der Papst Bischöfe, Priester, Diakone, Ehepaare und alle Katholiken dazu auf, sich die Bedeutung der Ehe und der Familie auf neue Weise bewusst zu machen.
Das Apostolische Schreiben enthält eine Einführung und neun Kapitel, von denen jene über "die Liebe in der Ehe" sowie über pastorale Perspektiven die umfangreichsten sind. Gleich einleitend stellt der Papst fest, dass er in "Amoris laetitia" nicht alle möglichen Diskussionspunkte zu Ehe und Familie beantworten will. Vielmehr sei es ihm um eine Handreichung für die Eheleute, die Familien und alle in der Seelsorge Tätigen gegangen. Angesichts der Vielzahl von Themen möge man den Text lieber nicht "hastig ganz durchlesen", sondern ihn besser in den jeweils passenden Abschnitten vertiefen.
Im ersten inhaltlichen Kapitel des Schreibens setzt sich Papst Franziskus mit biblischen Quellen zur Ehe und Familie auseinander. Ausgehend von Psalm 128, der auch in der Trauungsliturgie vorkommt, greift der Papst die Rede Jesu über die Ehe und das Scheidungsverbot aus dem Matthäus-Evangelium (Mt 19, 3-12) auf und zeigt dessen alttestamentliche Quellen. Besonders wird dabei auf die biblischen Quellen zu Familien in der Krise verwiesen - die "bittere Wirklichkeit, welche die ganze Heilige Schrift kennzeichnet", wie Franziskus feststellt. Insgesamt sei das Wort Gottes zu verstehen als "ein Reisegefährte" für Familien in jedweder Lebenssituation, wobei der Papst die Heilige Familie mit Josef, Maria und Jesus als "Vorbild" nennt - auch an Mut und Gelassenheit.
"Bodenhaftung" will der Papst mit Kapitel zwei bewahren, wo er die aktuelle Situation der Familien analysiert. Er gibt mehrere Erfahrungen der Bischofssynode zu besorgniserregenden familiären Tendenzen in aller Welt wieder. Tendenzen wie Individualismus, Stress, die Arbeitsorganisation, die Schnelllebigkeit, die Konsum-und Wegwerfmentalität sowie eine "Kultur des Provisorischen" ließen Menschen keine Bindungen mehr eingehen. Franziskus spart jedoch auch nicht mit Selbstkritik: Die Kirche verzichte oft darauf, für die Ehe einzutreten und damit der "Mode" zu widersprechen, oder habe dies oft auf eine Weise getan, "die gerade das Gegenteil provoziert". Dazu zählte er auch ein "Beharren auf doktrinelle, bioethische und moralische Fragen", ohne zugleich den Familien ausreichend Unterstützung zukommen zu lassen.
Zu heutigen Herausforderungen an die Familien zählt der Papst u.a. die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Beruf wie auch in der Kindeserziehung. Hier sei trotz deutlicher Verbesserungen in einigen Ländern "noch vieles voranzubringen". Noch immer wirkten "Ausschreitungen der patriarchalen Kultur nach, in denen die Frau als zweitrangig betrachtet wurde", wobei sich Emanzipation und Feminismus verdienstvoll dagegen stark gemacht hätten. Zur "Ideologie, die gemeinhin Gender genannt wird", betont Franziskus in einem eigenen Paragraf, man dürfe trotz der "Vielschichtigkeit des Lebens" das biologische, schöpferische Geschlecht nicht von einer soziokulturellen Rolle trennen. "Verfallen wir nicht der Sünde, den Schöpfer ersetzen zu wollen! Wir sind Geschöpfe, wir sind nicht allmächtig", so der Papst.
Um biblische und lehramtliche Aussagen zur Familie sowie um die Ehe als Sakrament geht es in Kapitel drei. Letzteres sei nicht bloß Ritus, Konvention oder äußeres Zeichen einer Verpflichtung, sondern "Werkzeug des göttlichen Heils", so der Papst. Die Kirche könne beim Betonen des Handeln Gottes im Trauungsritus von der Ostkirche lernen, wo der Segen für das Brautpaar eine deutlich wichtigere Rolle einnimmt. Bei Lebensgemeinschaften außerhalb der Ehe ermahnt Franziskus Bischöfe und Pfarrer, "die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden" und verweist auf seinen Vorgänger Johannes Paul II., der das sogenannte "Prinzip der Gradualität" bereits zum wichtigen Maßstab der Pastoral erklärt hatte.
Zum Thema Empfängnisverhütung regt Franziskus an, die Enzyklika "Humanae vitae" von Paul VI. wiederzuentdecken. Bei der Bewertung deren Methoden gelte es, Rücksicht auf die "Würde der Person" zu nehmen. Weiters bestätigt der Papst die kirchliche Ablehnung der Abtreibung. Der Wert des ungeborenen Lebens, des "unschuldigen Kindes, das im Schoß seiner Mutter wächst", sei ein Wert in sich selbst und dürfe daher "niemals Gegenstand der Herrschaft eines anderen Menschen" sein. Allein die Möglichkeit, Entscheidungen über dieses ungeborene Leben zu fällen, dürfe "in keiner Weise als ein Recht über den eigenen Körper" bezeichnet werden.
Der Kern von "Amoris laetitia" sind die Ausführungen über die Liebe, die in Kapitel vier zu finden sind. Dazu legt der Papst das bekannte "Hohelied der Liebe" aus dem ersten Paulusbrief an die Korinther ausführlich aus, um dann verschiedene Merkmale ehelicher Liebe aufzuzeigen. Diese glichen alle einer guten Freundschaft, heißt es, sollten Ehepartner doch nicht bloß Verliebte, sondern lebenslange Weggefährten sein. Junge Menschen ermutigt Franziskus zu heiraten, ehe er auf den hohen Wert der Leidenschaft, der Emotionen, des Genusses und schließlich auch der Erotik in der ehelichen Liebe zu sprechen kommt. Die Sexualität sei nicht als Befriedigung oder Vergnügung zu verstehen, sondern als Geschenk und "zwischenmenschliche Sprache, bei der der andere ernst genommen wird in seinem heiligen und unantastbaren Wert", schreibt Franziskus. Bei dieser Liebe sollten die Würde des anderen, aber auch eigene Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Allerdings dürften Ehe und Ehelosigkeit nicht gegeneinander aufgewogen werden: Beide Wege, die Liebe zu leben, hätten ein je eigenes Charisma, betont der Papst. Jungfräulichkeit habe den "symbolischen Wert einer Liebe, die es nicht nötig hat, den anderen zu besitzen". Der Zölibat Eheloser solle jedoch nicht "bequeme Einsamkeit" sein, sondern sich ein Vorbild auch an der ehelichen Treue nehmen.
Um die Zeugung von Kindern und das Zusammenleben in der Familie dreht sich Kapitel fünf. Franziskus spricht dabei von einer "verantworteten Elternschaft" und warnt beim Thema Schwangerschaft vor falscher Anwendung moderner medizinischer Möglichkeiten zur pränatalen Untersuchung. Jedes Kind müsse freudig erwartet werden und sei "Mensch mit unermesslichem Wert", der nicht für den eigenen Vorteil oder als Lösung eigener "Ruhelosigkeit" gebraucht werden dürfe, so der Papst.
Mütter hätten eine herausragende Rolle für das Kind, in der Erziehung und ganz besonders in den ersten Lebensmonaten, was bei allen Fortschritten beruflicher Gleichstellung nicht übersehen werden dürfe. Doch auch die Bedeutung der Präsenz der Väter streicht der Papst hervor. Auch die Rolle anderer Familienmitglieder wie die Geschwister und Großeltern für die Erziehung und Bildung würdigt der Papst, der dazu aufruft, "Familie groß zu denken" und auch Nachbarn, Freunde und andere Gemeindemitglieder dazuzuzählen.
Was gute Ehevorbereitung ausmacht, führt Franziskus in Kapitel sechs aus, ohne dabei den Ortskirchen die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung vorzugeben. Wichtig sei, dass sie "möglichst umfassend" sei, schon im Kindesalter ansetze und von allen Gläubigen unterstützt werde, liest man. Jedenfalls dürfe man Ehevorbereitung nicht als "kurzen Kurs vor der Feier der Trauung" verstehen, und sie solle durch eine Begleitung des Paares in den ersten Ehejahren ergänzt werden. Zu konfessions- oder religionsverschiedenen Ehen stellt der Papst klar, dass die gemeinsame Eucharistie weiter nur im Ausnahmefall und entsprechend der kirchlichen Normen empfangen werden darf.
Wenn Franziskus auf Krisensituationen im Eheleben und die Frage des pastoralen Umgangs mit gebrochenen Beziehungen zu sprechen kommt, so betont er eingangs, dass Geschiedene in neuen Verbindungen nicht aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen werden dürfen und besonders der pastoralen Nähe und Liebe bedürfen. Auf das Wohlergehen der Kinder aus gescheiterten Ehen gelte es besonders zu achten, dürften sie doch "nie, nie, nie als Geisel" genommen werden, schärft Franziskus ein. Auch getrennt lebende Eltern sollten vor ihren Kindern immer wertschätzend übereinander sprechen.
Kurz gehalten sind in "Amoris laetitia" die Ausführungen, in denen es direkt über homosexuelle Partnerschaften geht. In Kapitel sechs verurteilt der Papst jedwede Zurückweisung oder Diskriminierung Homosexueller und ruft zu respektvoller Begleitung auf. Zugleich zitiert er das Abschlussdokument der Synode und verweist auf die Lehre der Kirche, wonach homosexuelle Partnerschaften nicht mit der Ehe in Analogie gesetzt werden dürfen.
Der Rat des Papstes zur Erziehung in den Familien: Man solle sich überlegen, "welchen Dingen man seine Kinder aussetzen will", steht in Kapitel sieben von "Amoris laetitia", in dem es u.a. um den Umgang mit Medien, um angemessene Verhaltensweisen und das Thema Strafen geht. Sexualerziehung von Kindern begrüßt der Papst grundsätzlich, sie dürfe jedoch nicht banal oder schamlos sein und solle nicht das Prinzip "safer sex" fokussieren, das den "natürlichen Zeugungszweck der Geschlechtlichkeit" negativ konnotiere. Auch das Gender-Thema spricht Franziskus nochmals an: Männlichkeit und Weiblichkeit könnten nicht von der Schöpfung getrennt werden, wenngleich beides "nicht etwas starr Umgrenztes" sei. Geschlechterstereotype gelte es jedoch zu überwinden.
Die meisten innerkirchlichen Debatten hat das achte Kapitel von "Amoris laetita" ausgelöst, in dem Franziskus erneut auf Lebensumstände zu sprechen kommt, die "nicht gänzlich dem entsprechen, was der Herr uns aufträgt". Die Ehe bleibe das Ideal der Kirche, stellt er fest, dann aber: "Andere Formen der Vereinigung widersprechen diesem Ideal von Grund auf, doch manche verwirklichen es zumindest teilweise und analog." Statt Pauschalverurteilungen seien bei "irregulären" Lebensverhältnissen Unterscheidung der Situationen und ein barmherziger Umgang nötig; allgemeine Normen könnten nicht immer jedem Einzelfall gerecht werden.
In einer Fußnote schließlich reißt Franziskus, ohne wirklich konkret zu werden, die Frage des Empfangs der Eucharistie und des Beichtsakraments für Menschen in irregulären Verhältnissen auf. Wer der Gnade bedarf, soll auch die Hilfe der Kirche bekommen, "in gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein".
Im Abschlusskapitel schreibt der Papst über Spiritualität in der Ehe und betont dabei den hohen Wert des gemeinsamen Gebets in der Familie sowie der Teilnahme an der Feier der Eucharistie. Die höchsten Punkt der Liebe erreichten die Ehepartner laut Franziskus dann, wenn sie erkennen, dass sie sich nicht gegenseitig gehören, sondern jeder Mensch nur Gott als Herrn hat.